Wenn der ehemalige deutsche Karatemeister und Boxtrainer Jürgen Lutz am Dienstag auf einem Karlsruher Friedhof beigesetzt wird, steht Regina Halmich ihr "schwerster Gang" bevor.
Halmich vor ihrem schwersten Gang
Er entdeckte die spätere Boxweltmeisterin einst in Karlsruhe, war Inhaber des legendären Bulldog Gym und kämpfte sich mit ihr gemeinsam an die Weltspitze des Frauenboxens.
Angefangen hatte alles Ende der 80er Jahre, als die damals 12-jährige Halmich nach dem Karatetraining regelmäßig bei den Kickboxern zuschaute.
"Jürgen erkannte mein boxerisches Talent und ermutigte mich, dort einfach mal mitzumachen. Mich zu trauen", erinnert sie sich an ihre Teenager-Zeit zurück, in der sie ohnehin einem Vollkontakt-Sport nachgehen und mit "Boxhandschuhen richtig zuschlagen" wollte.
Halmich gegen alle Widerstände
Beide wurden schnell zu einem "lustigen Dreamteam", das Visionen sowie Ziele entwickelte und vor allem gegen eines zu kämpfen hatte: Massive Widerstände. "Keiner kann sich vorstellen, wie viele Steine uns in den Weg gelegt wurden", so Halmich, die sich gemeinsam mit ihrem Boxtrainer permanenten Anfeindungen ausgesetzt sah.
"Er stand immer hundertprozentig hinter mir und der Sache, während in meinem Umfeld viele Menschen skeptisch darüber waren, dass eine Frau dem Boxsport nachgeht."
Bereits in der Anfangsphase ihrer über 25 Jahre langen Zusammenarbeit lernte Halmich, neben ihrem boxtechnischen Handwerk, eine Menge für ihr weiteres Leben. "Am meisten habe ich seine bedingungslose Loyalität bewundert. Er hat mir vorgelebt, wie wichtig es ist, ohne wenn und aber hinter einer Sache im Leben zu stehen."
Beeindruckende Selbstlosigkeit
Zudem sei Jürgen Lutz ein sehr selbstloser Mensch gewesen, hebt die 42-Jährige eine zweite Eigenschaft ihres Entdeckers hervor. Nachdem sie am 10. Juni 1995 durch einen Punktsieg gegen Yvonne Trevino erstmals Weltmeisterin geworden war, folgte Halmich seiner Empfehlung, sich einem anderen Boxstall anzuschließen.
"Wir hatten gerade einen unserer größten Momente erlebt und den gemeinsamen Durchbruch geschafft, da stellte Jürgen den Kontakt zu Universum Box-Promotion her. Es sei besser für mich, wenn ich fortan bei einem richtig Profi-Trainer arbeite, gab er mir mit auf den Weg", erinnert sich Halmich an die "wahnsinnige Selbstlosigkeit" ihres Mentors zurück.
"Er hätte auch sagen können, ich solle bei ihm bleiben. Dass er mich da abgegeben hat, hat seine unglaubliche Größe gezeigt."
Tragischer Tod
Dass Jürgen Lutz am 13. Juni dieses Jahres mit 66 Jahren auf tragische Weise an den Folgen einer Herzerkrankung verstorben ist, hat Regina Halmich und die Boxwelt in große Trauer versetzt.
Anfang Juni war ihm in einem Karlsruher Krankenhaus eine Pumpe in die linke Herzkammer eingesetzt worden.
Nachdem alles nach Plan verlaufen war, riss er sich bei einem Toilettengang versehentlich die Pumpe, die durch ein Kabel mit einem Kontrollgerät an seinem Bauch verbunden war, aus dem Herzen. In der Folge schlug es nicht mehr von allein, zwei Wochen später stellten die Ärzte schließlich die lebenserhaltenden Maschinen ab.
"Die Beerdigung wird nochmal ein ganz schwerer Tag für mich", nahm Halmich in einem emotionalen Facebook-Post bereits Abschied von ihrem Entdecker. Von dem Menschen, dem sie ihre großartige Karriere als Profiboxerin zu verdanken hat.