Home>Leichtathletik>Leichtathletik-WM>

Leichathletik-WM: Niklas Kaul über Zehnkampf, Bedingungen, Konkurrenz

Leichtathletik-WM>

Leichathletik-WM: Niklas Kaul über Zehnkampf, Bedingungen, Konkurrenz

{}
{ "placement": "banner", "placementId": "banner" }
{ "placeholderType": "BANNER" }

Kaul sieht Klima-Farce als Chance

Niklas Kaul könnte eine der deutschen Überraschungen in Doha werden - trotz seiner erst 21 Jahre. Bei SPORT1 spricht der Zehnkämpfer über seine erste WM.
Die Leichtathletik-WM in Doha startet in Doha. SPORT1 stellt die Athelten vor, die besonders im Fokus stehen.
Johannes Fischer
Johannes Fischer

Niklas Kaul ist auf dem besten Weg, die Zehnkampf-Tradition in Deutschland fortzusetzen. Der erst 21 Jahre alte Mainzer geht mit der zweitbesten Vorleistung in die WM nach Doha und ist einer der Medaillenkandidaten. (Leichtathletik-WM 2019 in Doha: Liveticker, Medaillenspiegel, Zeitplan)

{ "placeholderType": "MREC" }
Deutsche Medaillenkandidaten bei der Leichtathletik-WM 2019
+9
Leichtathletik-WM: Die deutschen Medaillenkandidaten

Vor allem mit dem Speer ist Kaul unter den Mehrkämpfern eine Klasse für sich: Beim ISTAF in Berlin Anfang September warf er das Gerät auf 78,49 Meter - eine Weite, mit der er manchem Spezialisten das Wasser reichen könnte.

Im SPORT1-Interview spricht Kaul über die bevorstehende Hitzeschlacht, die magische 9000-Punkte-Schallmauer und seinen psychologischen Vorteil im Zehnkampf. (Leichtathletik-WM: Zehnkampf der Männer am Mittwoch ab 15.30 Uhr im LIVETICKER)

Kaul: "Ich bin verletzungsfrei geblieben"

SPORT1: Herr Kaul, mit der WM neigt sich eine lange Saison ihrem Höhepunkt entgegen. Sind Sie zuversichtlich, dass die Form stimmt?

{ "placeholderType": "MREC" }

Niklas Kaul: Ja ich denke schon. Wir hatten zwar noch nie eine so lange Saison, sodass es schwierig ist, dafür Pläne zu machen. Es fühlt sich aber sehr gut an, ich bin verletzungsfrei geblieben und meine Form stimmt soweit auch. Ich bin für die WM positiv gestimmt.

Lesen Sie auch

SPORT1: Nach den Leistungen in dieser Saison gehören Sie trotz Ihrer erst 21 Jahren zu den erweiterten Medaillenkandidaten. Wie gehen Sie mit dieser Rolle um?

Kaul: Es macht mir jetzt nicht großartig etwas aus. Jeder, der in Doha ist, muss dort erst einmal seine Leistung bringen. Ich verspüre keinen Druck aufgrund meiner Vorleistungen, eine Medaille zu holen. Ich will in erster Linie nahe an meine persönliche Bestleistung rankommen und dann wird man sehen, zu was es gereicht hat.

Kevin Mayer "bewegt sich in seiner eigenen Liga"

SPORT1: Wenn alles passt, könnte dann eine Medaille drin sein?

{ "placeholderType": "MREC" }

Kaul: Ja, wenn alles passt. Aber es ist eben immer noch Zehnkampf. Der kann zehn Mal dafür sorgen, dass nicht alles passt. Das ist ein ganz langer Weg. Und ich würde auch nicht sagen, dass ich nur mit einer Medaille zufrieden wäre. Das wäre die falsche Einstellung für meine erste WM. Mein Ziel ist es, den Erfahrenen gehörig auf die Nerven zu gehen.

SPORT1: Über allem thront der Franzose Kevin Mayer. Ist er überhaupt zu schlagen, wenn er nicht wieder einen "Salto Nullo" wie bei der EM in Berlin hinlegt?

Kaul: Ich würde bei Kevin schon sagen, dass er sich absolut in seiner eigenen Liga bewegt. Klar muss man erst einmal einen ordentlichen Zehnkampf abliefern, aber wenn Kevin an seine Bestleistungen rankommt, ist er einfach nicht schlagbar.

SPORT1: Wen sollte man noch auf der Rechnung haben?

Kaul: Damian Warner, den momentan Jahresbeste, weil Kevin in diesem Jahr noch keinen Zehnkampf absolviert hat. Der ist für mich der Favorit auf Silber. Für Bronze gibt es einen größeren Anwärterkreis, darunter fallen auch Kai Kazmirek, Lindon Victor aus Grenada und Maicel Uibo aus Estland. Aber auch Damian hat bei den großen Wettkämpfen gezeigt, dass er nicht immer hundert Prozent stabil war. Am Ende muss man auch gucken, wer die beste Tagesform hat, und wer seinen Zehnkampf so durchkriegt, dass er die wenigsten Ausfälle hat. Das wird spannend, ich freue mich sehr auf den Wettkampf.

Die Hitze bei der Leichtathletik-WM macht den Athleten große Probleme
Leichtathletik-WM Doha
Bei Maryan Zakalnytskyy aus der Ukraine ist der Einsatz eines Rollstuhls notwendig. Beim Finale über 50 Kilometer im Gehen bricht der Athlet zusammen
Leichtathletik-WM
+8
Die "Hitzeopfer" von Doha

SPORT1: Sie treten beim USC Mainz in große Fußstapfen. Macht Sie das stolz, die Tradition von Guido Kratschmer und Sigi Wentz fortzusetzen?

Kaul: Der Zehnkampf hat in Mainz schon ein besonderes Standing, er ist aber nicht mehr so präsent, weil der USC über eine lange Zeit keine guten Zehnkämpfer mehr hatte. Es geht eher darum, diese Tradition wieder aufleben zu lassen. Meine Trainingsgruppe und ich sind da auf einem sehr guten Weg. Das würde mich sehr stolz machen, wenn man in ein paar Jahren sagen könnte, die haben den Zehnkampf in Mainz wieder auf ein altes Niveau geführt. 

Olympia und Leichtathletik-WM im Vergleich

SPORT1: Sie stehen mit 21 Jahren noch am Anfang Ihrer Karriere. In welchen Disziplinen dürfen wir noch Leistungssprünge erwarten?

Kaul: Vor allem in den Speed-Disziplinen, 100 Meter, 110 Meter Hürden, Weitsprung und auch 400 Meter. Einfach, weil wir im Sprintbereich noch nicht so viel gemacht haben, wie wir hätten machen müssen, um gute Ergebnisse zu erzielen. Wir haben uns schon auf die Technik-Disziplinen konzentriert, weil man die viel schwerer lernt, je älter man wird.

SPORT1: Sie haben am Ende des Zehnkampfes mit dem Speerwurf und den 1500 Metern Ihre beiden stärksten Disziplinen. Ihre Gegner müssen also vorlegen, was ein schöner taktischer Vorteil für Sie sein kann.

Kaul: Ja, auf jeden Fall! Psychologisch ist das doch super, wenn man nach dem Stabhochsprung weiß: Alle, die jetzt kein gutes Polster haben, hole ich mir noch. Am Ende kann ich nochmal zulegen, während die anderen vielleicht eher Bammel haben, vor allem vor den 1500 Metern.

Niklas Kaul geht im Zehnkampf an den Start
Niklas Kaul geht im Zehnkampf an den Start

SPORT1: 2020 finden die olympischen Spiele in Tokio statt. Stehen die noch einmal ein Stück über der WM?

Kaul: Auf jeden Fall. Die Quali ist noch nicht ganz durch, dafür muss man nächstes Jahr noch einmal eine neue Norm erfüllen. Drei Zehnkämpfer dürfen für Deutschland ran. Wenn ich fit bin, sollte das gehen. Aber klar, olympische Spiele ist die größte und wichtigste Veranstaltung in der Karriere eines Sportlers.

SPORT1: Was sagen Sie zur Austragung der WM in Doha, mit klimatisiertem Stadion und einem Start des Marathons um Mitternacht?

Kaul: Es ist auf jeden Fall etwas ganz anderes im Vergleich zu den anderen Höhepunkten in der Saison. Es ist eben die Frage, ob man die WM in ein Land geben muss, von dem man man weiß, dass die klimatischen Bedingungen nicht optimal sind. Für die Zehnkämpfer und Langstreckenläufer sind Temperaturen über 40 Grad eine Katastrophe und eigentlich nicht vertretbar. Das Stadion klimatisieren sie, weil es sonst für die Athleten nicht zumutbar wäre. Ich verstehe nicht, wieso man das so macht - aber es ist jetzt so und wir müssen damit klar kommen. Es wird sicher ganz anders sein als alle Weltmeisterschaften davor. Andererseits finde ich das aber gar nicht so schlimm, weil ich glaube, dass alles, was anders ist, nicht denen hilft, die schon erfahren sind. Am Ende könnte es vor allem den jungen Zehnkämpfern zu Gute kommen, die ihre erste WM erleben. So wie ich.

Kaul hat 9000 Punkte nicht als explizites Ziel

SPORT1: Wo sehen Sie sich in fünf Jahren. Sind 9000 Punkte ein Ziel, oder ist das einfach nicht planbar?

Kaul: Das ist das Problem. Zehnkampf ist ein Sport, der nicht planbar ist. Es geht mehr darum, verletzungsfrei zu bleiben, dann wird auch eine Steigerung an Punkten kommen. Natürlich ist es nicht mein Ziel, 8600 Punkte zu holen, wenn ich mit 21 Jahren schon 8572 gemacht - sondern schon mehr. Aber mit dem Ziel 9000 Punkte beschäftige ich mich im Moment nicht, das macht einfach keinen Sinn. Ich plane immer von Jahr zu Jahr, und setze mir vor der Saison Ziele. Das ist einfach sinnvoller als jetzt eine Punktzahl zu nennen, der ich dann hinterherlaufe.

Die Leichtathletik steckt voller kurioser Momente - und diese Hochspringerin nach ihrer Landung scheinbar kopfüber in der Weichbodenmatte. Sport1.de zeigt die ungewöhnlichsten Fotos...
Ähnliches passiert auch Lisa Ryshich. Die Stabhochspringerin landet nach einem Sturz im Einstichkasten
Mit dem neuesten Brillen-Modell zeigt sich Ato Boldon aus Trinidad und Tobago bei Olympia 2000
Hochspringerin Ariane Friedrich bleibt bei den deutschen Meisterschaften 2009 ganz cool
+10
Kuriose Leichtathletik-Momente

SPORT1: Sie studieren auf Lehramt in Mainz. Können Sie sich trotzdem auf den Leistungssport konzentrieren oder wären Sie ohne das Studium noch fokussierter?

Kaul: Mir hilft das Studium neben dem Training sogar. In Mainz haben wir den Vorteil, dass der Trainingsplatz auf dem Uni-Gelände ist. Ich bin in drei Minuten vom Vorlesungssaal auf dem Platz und umgekehrt. Das ist nur an ein bis zwei anderen Standorten in Deutschland vergleichbar. Mit dem Studium muss man Zeit verbringen und drüber nachdenken. Gerade in einer schlechten Phase im Sport hilft es, dass man nicht im Kopf zu müde ist, weil man die ganze Zeit über den Sport nachdenkt.

SPORT1: Letzte Frage: Haben Sie einen festen Ernährungsplan oder gönnen Sie sich auch mal eine Süßigkeit?

Kaul: Ich habe keinen festen Ernährungsplan, passe aber auf, dass ich mich halbwegs gut ernähre. Gerade auch im Winter, wenn man in der Vorbereitung ist, hat man auch mal Lust auf etwas Ungesundes, wenn auch eher selten. Ein ganz strikter Ernährungsplan ist meiner Meinung nach auch gar nicht leistungsfördernd. Anders ist das natürlich bei den Gewichtsklassen-Sportarten, wo es eben auf dieses eine Kilo ankommt. Klar dürfen wir Zehnkämpfer nicht zu schwer sein, darunter leiden dann Sprung- und Sprintzeiten, aber ich gönne mir schon mal etwas.