Beflügelt durch den neuen König der Athleten Niklas Kaul, der am Donnerstagabend sensationell Zehnkampf-Gold für Deutschland holte, könnte die Weltmeisterschaft in Doha doch noch ein positives Ende für den DLV finden. (Leichtathletik-WM ab 15.30 Uhr im LIVETICKER)
Drechsler schwärmt von Mihambo
Abseits der Diskussionen um Hitzeopfer, halbleere Ränge und miese Stimmung könnte sich Kauls Gold-Triumph als Initialzündung für die restlichen Tage der Titelkämpfe erweisen. Denn: Am Wochenende sind zahlreiche deutsche Athleten am Start, die mindestens zu den Medaillenkandidaten zählen - oder sogar nach dem WM-Titel greifen.
Konstanze Klosterhalfen über die 5000 Meter, die Speerwerfer mit Titelverteidiger Johannes Vetter an der Spitze und die 4x100-Staffel der Frauen sollte man jedenfalls auf der Rechnung haben. Und mit Malaika Mihambo geht am Sonntag die größte deutsche Favoritin der Doha-WM im Weitsprung an den Start.
Drechsler: Traue Mihambo "Großes zu"
Die Heidelbergerin, die im vergangenen Jahr bereits Europameisterin wurde, hat sich in dieser Saison noch einmal gewaltig verbessert und lieferte den Sommer über konstant Weiten über sieben Meter ab.
"International ist sie im Weitsprung ganz weit vorne. Ich traue ihr Großes zu", sagt Heike Drechsler bei SPORT1: "Es ist schön zu sehen, wie stabil sie ihre Wettkämpfe macht und unter welchen unterschiedlichen Bedingungen sie gute Weiten erzielt hat."
Die frühere Weltklasse-Sprinterin und Weitspringerin hält große Stücke auf ihre potenzielle Nachfolgerin. Drechsler, selbst zwei Mal Weltmeisterin im Weitsprung, hat die Entwicklung Mihambos genau verfolgt.
"Was mir besonders gefällt, ist ihre Verbesserung in der Schnelligkeit", erklärt die 55-Jährige: "Das ist ja die Voraussetzung für weite Sprünge. Und sie hat eine saubere Technik, das sieht sehr stabil aus."
Mihambos Leistungssprung in dieser Saison hat indes viel mit ihrer Gesundheit zu tun. Wegen einer Verletzung vor zwei Jahren im linken Sprungfuß hatte sie ihre Technik umstellen müssen. Der Absprung fiel danach erst einmal deutlich flacher und damit kraftschonender aus, was sie mit einer deutlich höheren Anlaufgeschwindikeit kompensierte.
Staffel-Start bei Olympia in Tokio?
Die verbesserte Sprintfähigkeit wurde auch bei einigen Starts über die 100 Meter deutlich, wo sie den deutschen Spitzenläuferinnen Gina Lückenkemper und Tatjana Pinto mächtig einheizte. Bei den nationalen Titelkämpfen in Berlin landete die Weitsprung-Spezialistin nur einen Hauch hinter den beiden Sprinterinnen.
Für Drechsler, die zu ihrer aktiven Zeit neben dem Weitsprung vor allem über die 200 Meter glänzte, sollte Mihambo ihren Fokus allerdings auf ihre Paradedisziplin legen. "Wenn sie klug ist, sollte sie die 100 Meter nutzen, um ihre Anlaufgeschwindigkeit für den Weitsprung zu verbessern - aber sie sollte beim Weitsprung bleiben."
Dass der Weitsprung in Doha ihr einziger Wettkampf bleibt, hat Mihambo selbst so entschieden. Dank ihres neuen Sprint-Potenzials wäre sie auch in der 4x100-Meter-Staffel eine Alternative gewesen. "Staffeln fordern auch zusätzliche Arbeit, machen aber sehr viel Spaß, wenn man ein gutes Team hat", sagt Drechsler. Gut möglich, dass Mihambo bei den Spielen in Tokio einen Doppelstart plant.
Zunächst will sie sich aber beim Versuch, ihren ersten WM-Titel zu holen, voll auf den Weitsprung konzentrieren, was ihr nicht schwer fallen dürfte.
"Sie hat keine Angst vor großen Namen"
Denn neben ihren körperlichen und technischen Vorzügen hat Mihambo im Vergleich zu vielen Konkurrentinnen ein weiteres großes Plus: ihre mentale Stärke. Die 25-Jährige hat gelernt, sich von äußeren Einflüssen nicht beeinflussen zu lassen und den Fokus stets auf den Wettkampf zu halten.
"Sie ist stark in Form und selbstbewusst in den Wettkämpfen. Sie hat keine Angst vor großen Namen", sagt Drechsler: "Sie hat schon bewiesen, dass sie jetzt die Nummer Eins ist. Das strahlt sie auch aus."
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Und so wird Malaika Mihambo am Sonntag in Doha versuchen, das Erbe von Heike Drechsler anzutreten. Käme sie mit einer Goldmedaille nach Hause, wäre sie die erste deutsche Weltmeisterin seit Drechslers WM-Sieg in Stuttgart vor 26 Jahren.