Diese Frau hat einen klaren Plan! Sophia Flörsch ist seit Mittwoch die erste feste Starterin in der Formel 3 - doch da soll noch lange nicht Schluss sein.
So will Flörsch in die Formel 1
© SPORT1-Grafik: Getty Images/Campos Racing
In fünf Jahren will die heute 19 Jahre alte Münchnerin in der Formel 1 fahren, erklärt sie im SPORT1-Interview: "Ja, das ist das Ziel. Ich will dort als ausgebildete Rennfahrerin einsteigen."
Auf dem Weg nach Bahrain, wo ab 1. März die ersten Testfahrten in ihrem neuen Formel-3-Boliden des Campos-Teams anstehen, sprach Flörsch mit SPORT1über ihren Karriere-Plan, die Herausforderungen in gleich zwei Motorsport-Serien und ihre Verbindung zu Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton.
SPORT1: Frau Flörsch, erst haben Sie den Laureus-Award gewonnen, jetzt fahren Sie in der Formel 3, wo ab 1. März schon die ersten offiziellen Testfahren anstehen. Wie haben Sie diese wilden Wochen erlebt?
Sophia Flörsch: Es war sehr viel Trubel. Die Nominierung für den Laureus hat mir sehr viel bedeutet und dann auch die Trophäe zu gewinnen, war sehr schön. Am Mittwoch wurde es offiziell, dass ich mit Campos in der Formel 3 fahren werde. Das war mein Ziel für dieses Jahr! Die Serie fährt im Rahmenprogramm der Formel 1 und dort sind die besten Nachwuchstalente des Formelsports.
SPORT1: Geht mit der Formel 3 ein Traum für Sie in Erfüllung?
Flörsch: Das war der Plan. Ich habe von Anfang an gesagt, dass ich 2020 Formel 3 fahren will. Dass es geklappt hat, ist super. Ich werde dort auf jeden Fall zwei Jahre fahren. Anschließend stehen dann zwei Jahre Formel 2 auf der Agenda. Es ist gut, dass alles schon so klappt, wie ich es mir erhofft habe.
SPORT1: Vollendet man Ihren Plan, stünde in fünf Jahren die Formel 1 auf dem Programm. Ist das Ihr Ziel?
Flörsch: Ja, das ist das Ziel. Ich will dort als ausgebildete Rennfahrerin einsteigen. Daher freue ich mich auf die kommenden vier Jahre im Nachwuchsrennsport.
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SPORT1: Wie realistisch sehen Sie die Chancen, dass Ihr Plan aufgeht?
Flörsch: Wenn alles passt, also der Erfolg und die Sponsoren – die in diesem Sport sehr wichtig sind - dann sehe ich die Chancen als sehr groß. Es ist auch nicht klar, ob in fünf Jahren die Formel 1 immer noch die Königsklasse ist, es könnte auch die Formel E sein.
SPORT1: Wie groß wird die Umstellung auf die Formel 3 in dieser Saison?
Flörsch: Ich bin das Auto einmal im vergangenen Jahr in Macau gefahren und es ist schnell. Aber ich weiß noch nicht, wo genau ich stehe. Das wird sich in den nächsten Tagen herausstellen. Es wird auf jeden Fall interessant in Bahrain.
SPORT1: Wo sehen Sie die größten Schwierigkeiten in der neuen Serie?
Flörsch: Das Starterfeld ist mit 30 Fahren relativ groß. Das Team ist neu für mich. Ich muss erstmal alles kennenlernen. Es steht viel Arbeit mit dem Ingenieur an, die Teamkollegen zu beobachten. Die Reifen sind sehr speziell am Auto, um sie zu verstehen, braucht es Erfahrung und Kilometer. Zudem haben andere getestet und ich nicht. In den kommenden Tagen und nach den ersten Rennen zeigt sich, wo das Team und ich stehen.
SPORT1: Wie sieht ihre Planung bis zum ersten Rennen aus?
Flörsch: Jetzt sind erst einmal die Testfahrten in Bahrain, danach werde ich wieder körperlich trainieren, bevor dann zwei Wochen später das erste Rennen ansteht - ebenfalls in Bahrain.
SPORT1: Welche Ziele stecken Sie sich für das erste Jahr in der Formel 3?
Flörsch: Dieses Jahr ist ein Lernjahr für mich. Ich versuche mich von Rennen zu Rennen zu verbessern. Ich möchte viel lernen, Spaß zu haben und auf Angriff zu fahren. Ab dem dritten oder vierten Rennen möchte ich dann aber auch meine Teamkollegen schlagen und den Abstand zur Spitze ständig verringern.
SPORT1: Parallel zur Formel 3 fahren Sie auch bei der Langstrecken-Meisterschaft. Wie funktioniert das?
Flörsch: Ich werde in diesem Jahr sehr viele Flugmeilen sammeln. Es wird ein sehr volles Jahr, es sind auch ein paar Überschneidungen dabei, dort hat dann die Formel 3 Vorrang. Auf die ELMS und die 24 Stunden von Le Mans freue ich mich wahnsinnig. Le Mans ist der Hammer. Der LMP2-Wagen ist gigantisch schnell, die Rundenzeit in Bahrain waren bei den Tests im Dezember identisch mit denen der Formel 2. Aerodynamisch ist der LMP2 ein sehr anspruchsvolles Auto. Die beiden Autos sind zwar komplett unterschiedlich, aber ich freue mich einfach drauf. Es ist genial, von Richard Mille und der FIA Women in Motorsport diese Chance zu bekommen.
SPORT1: Was reizt Sie an Langstrecken-Rennen?
Flörsch: Ich habe mich über das Angebot von Signature sehr gefreut, dort zu fahren. Das ist eine Mega-Rennserie, die Autos sind superschnell. Es ist einfach etwas ganz anderes als der Formelsport. Ich komme an einem Rennwochenende viel zum Fahren. Unter dem Strich will ich einfach in einem schnellen Rennauto in einer anspruchsvollen Rennserie sitzen, da ist es mir egal, welches Auto es ist. Das Starterfeld in der LMP1 und LMP2 ist stark besetzt mit vielen 100-Prozent schnellen Profis und früheren Formel-1- und Formel-2-Fahrern. Es ist toller Motorsport.
SPORT1: Sie sind die erste Frau mit einem festen Startplatz in der Formel 3. Ist das ein Meilenstein für Sie?
Flörsch: Ehrlich gesagt: nein. Es ist schön, dass es so ist, aber ich will gegen die Jungs fahren, sie schlagen und dort die Rekorde brechen und nicht irgendwelche Frauenrekorde. Es war nie meine Absicht sagen zu können, ich war die erste Frau in der Formel 3. Die wahre Challenge ist der Kampf mit den besten Piloten.
SPORT1: Vor dem Laureus Award haben Sie erzählt, dass Sie sich auf ein Treffen mit Lewis Hamilton freuen. Hat das geklappt?
Flörsch: Jein. Ich habe ihn gesehen und habe ihn in meiner Rede erwähnt. Dabei haben wir uns angegrinst und zugenickt. Er hat auch eine rührselige Rede gehalten. Aber ich musste danach zu den Pressekonferenzen und anschließend war er schon weg. Er hat mir aber auf Instagram geschrieben, daher ist alles gut. Er ist eine coole Socke.
SPORT1: Was hat er Ihnen geschrieben und was bedeutet Ihnen das?
Flörsch: Er schrieb, dass er die Rede sehr gut fand und ich an mich glauben soll und alles seinen Weg finden wird. Er müsste das ja nicht machen, von daher finde ich es sehr sympathisch. Es war einfach ein netter Zug von ihm. Vielleicht sehe ich ihn ja demnächst.
SPORT1: Ist er Ihr Vorbild in der Formel 1?
Flörsch: Ja, das kann man so sagen. Seit drei, vier Jahren ist das so. Er ist derjenige, bei dem ich versuche, mir am meisten abzuschauen. Davor war es Sebastian Vettel, als er seine erfolgreiche Zeit mit Red Bull hatte. Ansonsten natürlich auch Michael Schumacher und Niki Lauda. Alles Ausnahmerennfahrer, zu denen ich aufschaue.