Es wirkte wie ein Pakt des Bösen.
"Es gab viele Ungereimtheiten"
Ein einzelner Handschlag. Zwischen Formel-1-Chefpromoter Bernie Ecclestone - und Russlands Präsident Wladimir Putin.
Er besiegelte einen Grand Prix auf russischem Boden. Zum ersten Mal in der Geschichte der Formel 1. Die Einigung liegt vier Jahre zurück.
Jetzt ist es also soweit. Und das ausgerechnet in Sotschi (Qualifying, Sa. ab 13 Uhr im LIVE-TICKER, Highlights um 18 Uhr im TV auf SPORT1), jener Stadt zwischen Kaukasusgebirge und Schwarzem Meer, wo im Februar die Olympischen Winterspiele stattfanden.
Große Bedenken im Vorfeld
Und das, obwohl selbst Teile des Automobil-Weltverbands FIA eine Absage gefordert hatten (News). Grund war der schwelende Konflikt in der Ostukraine und der Konfrontationskurs der Regierung mit dem Westen.
Schon damals vor Olympia gab es reichlich kritische Stimmen. Es soll zu zahlreichen Menschenrechtsverletzungen kaukasischer Arbeiter gekommen sein. Schwere Vergehen die Semjon Simonow immer wieder anprangerte - und die nun auch die Formel 1 betreffen.
Simonow gehört der Menschenrechtsorganisation MEMORIAL an und ist in Sotschi vor Ort. Vor dem Grand Prix spricht der russische Aktivist mit SPORT1 über Ungereimtheiten beim Bau der Strecke, Putins Imagepflege und fordert von den Fahrern, sich klar zu positionieren.
SPORT1: Herr Simonow, wie steht's um die Motorsportbegeisterung in Russland?
Simonow: Es fällt mir schwer, das Interesse an der Formel 1 einzuschätzen.
SPORT1: Vor den Olympischen Spielen gab es angeblich zahlreiche Menschenrechtsverletzungen in Sotschi. Hat sich etwas geändert?
Simonow: Mir scheint, dass es solche hauptsächlich in der Zeit der Vorbereitung auf die Spiele gab. Aber auch jetzt, wie bereits unmittelbar vor und während Olympia, werden Menschenrechtler und deren Unterstützer unter Druck gesetzt.
SPORT1: Laut Memorial wurden noch während Olympia Hunderte Arbeiter nicht bezahlt, obwohl die Spiele bereits liefen. Wurden die Arbeiter beim Bau der Formel-1-Strecke ähnlich schlecht behandelt?
Simonow: Die meisten Formel-1-Bauten entstanden vor Olympia. Wie bei den Olympiabaustellen gab es viele Ungereimtheiten bei der Registrierung von Arbeitern, den Bedingungen ihrer Unterbringung und der Begleichung ihrer Löhne. Besonders beklagten sich die Arbeiter über eine Firma "Park". Sie sagten, dass die Firma sie für bestimmte Bauarbeiten einstellte und dann zu anderen brachte, unter anderem von Tribünen und anderer Bauten der Formel-1-Strecke.
SPORT1: Kam es beim Bau der Strecke zu Zwischen- oder gar Unfällen?
Simonow: Das weiß ich nicht, über Unfälle ist mir nichts bekannt.
SPORT1: Präsident Putin und die Regierung stehen nicht zuletzt wegen der Ukrainekrise in der Kritik. Erwarten Sie, dass der Grand Prix politisiert wird?
Simonow: Meiner Meinung nach könnten sich die Beteiligten des Grand Prix für Probleme interessieren, die auf die Verletzung von Menschenrechten zurückzuführen sind. Ich habe keine Angst vor einer Politisierung, sondern hoffe sogar auf die Entschlossenheit und Bereitschaft nicht nur den Sieg auf der Strecke zu erringen, sondern Aussagen über die Menschenrechtslage in Russland zu treffen.
SPORT1: Putin und Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone besiegelten den Deal über den Russland-GP per Handschlag. Was, glauben Sie, erhofft sich Putin von diesem Event?
Simonow: Es kann sein, dass er sich eine Verbesserung des Images Russlands und russischer Politiker erhofft, allerdings ist das schwer zu sagen.
SPORT1: In Deutschland haben sich in einer Umfrage 71 Prozent der Befragten wegen des Ukrainekonflikts für eine Absage des Rennens ausgesprochen. Was sagen Sie dazu?
Simonow: Ich kann das absolut verstehen...