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Vorschau 24h Le Mans 2017: LMP2-Höllentempo als Gefahr

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Vorschau 24h Le Mans 2017: LMP2-Höllentempo als Gefahr

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Vorschau 24h Le Mans 2017: LMP2-Höllentempo als Gefahr

Gefahr für die LMP1-Klasse, Erleichterung für die GTE-Starter: Wie die extrem schnellen LMP2-Prototypen den gesamten Wettbewerb in Le Mans prägen können
Mit über 340 km/h über die Landstraße: Der Dallara-Gibson in Le Mans
Mit über 340 km/h über die Landstraße: Der Dallara-Gibson in Le Mans
© xpbimages.com

Vor dem Start der 24 Stunden von Le Mans 2017 stellt sich die Frage: Welche Kategorie bringt die beste Show? Selbstverständlich werden das Duell um den Gesamtsieg zwischen Porsche und Toyota und der Kampf der fünf Werksteams in der GTE-Pro-Klasse im Fokus stehen. Der Vortest am vergangenen Sonntag an der Sarthe hat allerdings verdeutlicht, wie stark der Einfluss der neuen LMP2-Autos auf den gesamten Wettbewerb sein kann.

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Die "kleinen Prototypen" bringen 2017 große Leistungen. Das Tempo wurde dank neuer Chassis und dem 650 PS starken Einheitsmotor von Gibson im Vergleich zum Vorjahr um satte acht Sekunden pro Runde schneller. Die Toppiloten in der LMP2-Klasse haben ihre helle Freude, jene in der LMP1-Kategorie aber auch gewisse Sorgen. Und die Fahrer in der GTE-Szene haben endlich mehr Ruhe. Vorbei sind die beinharten Duelle gegen LMP2-Fahrzeuge in den Bremszonen. Die Klassen sind deutlicher abgesteckt.

"Für die Amateure ist das eine große Herausforderung", mutmaßt Toyota-Technikchef Pascal Vasselon. Die neuen LMP2-Autos ermöglichen Rundenzeiten unterhalb der Marke von 3:30 Minuten. Diese Grenze sollte laut ACO ursprünglich nicht einmal von den LMP1-Fahrzeugen unterboten werden. Die Zeiten haben sich geändert. In den Topspeedmessungen liegen die LMP2-Autos teils deutlich vor den Hybridmaschinen von Toyota und Porsche. Die Dallaras wurden vor der ersten Schikane mit Tempo 340 km/h geblitzt.

Risikofaktor Amateurfahrer: Wissen alle, was sie tun?

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"Ich hatte es in meiner Kolumne schon mal thematisiert. Beim Vortest wurde es richtig deutlich", sagt Porsche-Werkspilot Neel Jani. "Auf den langen Geraden können wir die LMP2-Autos nicht einfach so ausbeschleunigen, nicht einmal mit viel Boost. In den Kurven sind sie dann langsam und wir kommen nicht vorbei. Wir müssen uns diesbezüglich komplett umstellen. Ich sehe das wirklich kritisch. Schnelle Autos sind schön und gut. Aber wenn man sieht, wer da manchmal drinsitzt, dann bekommt man Sorgen."

Der amtierende Le-Mans-Champion und Langstrecken-Weltmeister ist nur einer von vielen LMP1-Piloten, die sich um einige Fahrer in der LMP2-Klasse einige Gedanken machen. "Bei einigen Rookies und Amateuren kann es schon mal haarig werden", sagt Timo Bernhard. "Ich hatte selbst meine Erlebnisse. Zum Beispiel hat einer dieser Fahrer in den Porsche-Kurven beim Umsetzen in die Linkskurve plötzlich einfach gebremst, weil er wohl nicht wusste, was er machen soll. Da habe ich gerade so den Schlenker nach innen geschafft. Das war knapp. Wenn so etwas passiert, ist es wirklich ein Risiko."

"Meine ganz persönliche Meinung: Es ist alles andere als der Hammer. Es kann doch nicht sein, dass ein LMP2 einen viel höheren Topspeed hat als ein LMP1-Auto", bringt Andre Lotterer seine Ansicht auf den Punkt. Der Porsche-Neuzugang ergänzt: "Man weiß ja selten, wer da gerade in den Autos hockt. Einmal hatte ich solch einen Spezialisten in der Nummer 33. Der war eine echte Katastrophe. Hoffentlich wissen alle wenigstens ungefähr, was sie tun."

Segeln der LMP1: Auffahr-Unfälle vorprogrammiert

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"Wenn man sieht, dass die LMP2-Autos auf den Geraden viel schneller sind als die LMP1, dann macht man sich schon ein paar Gedanken. Ich weiß nicht, ob das wirklich so gewünscht war. Amateure bei 340 km/h - hoffentlich geht das gut. Eigentlich ist es ein Wahnsninn", stimmt Stefan Mücke zu. "Beim Test hatte ich ein Erlebnis. Da kam so ein gelb-oranger LMP2, zog an mir auf der Geraden vorbei, scherte ein und warf voll den Anker. Ich dachte nur: 'Weißt du überhaupt, was du da tust?'. Das war wirklich wild. Aber in Arnage stand er dann in der Mauer. War klar."

"Ich sehe ein Kernproblem: Der Unterschied im Tempo der LMP2-Autos ist zwischen den Profis und den Amateuren viel größer geworden. Die Gentlemanfahrer sind an solche Geschwindigkeiten nicht gewöhnt. Sie haben wirklich Mühe, und nicht jeder weiß so wirklich, was er da tut", hat auch Kazuki Nakajima zu berichten. "Müdigkeit, Nacht, Überforderung, Verkehr, hohes Tempo - ich schätze, für einige Amateure wird es im Rennen regelrecht beängstigend sein."

"Es ist gefährlich, ganz klar. Da haben einige Fahrer am Testtag einiges erlebt - nicht nur schöne Dinge. Wir müssen nun irgendwie damit zurecht kommen und hoffen, dass nichts Schlimmes passiert", schildert TMG-Chef Rob Leupen. Das Problem ist nicht nur die mögliche Überforderung oder Fehleinschätzungen seitens der Amateure in den pfeilschnellen LMP2-Autos. Auch der Tempoüberschuss am Ende der Geraden kann zu kniffligen Situationen führen, die es bislang in dieser Form nicht gab.

"Wir haben unseren Fahrern ganz klar gesagt, dass sie vor dem Segeln immer sicherstellen müssen, dass ihnen kein LMP2-Auto direkt im Nacken sitzt. Denn die Gefahr, dass ein solches Auto, das keinen Sprit sparen muss, dann hinten auffährt, ist sehr groß. Unsere Fahrer sollen in diesen Fällen lieber von der Linie gehen", erklärt Pascal Vasselon. Die LMP1-Hybridautos aktivieren Blicklichter am Heck in den Phasen des Segelns und der Rekuperation. "So manch ein Amateur wird die blinkenden Lichter bestimmt übersehen", meint Vasselon.

Vorteil der schnellen LMP2: Verkehr wird entzerrt

Es sei "wie ein Rennen mit ganz vielen LMP1-Autos", berichtet Ford-Pilot Ryan Briscoe von seinen Eindrücken. "Manche lassen einen echt nicht vorbei. Die glauben wirklich, sie wären in der gleichen Kategorie", lacht Andre Lotterer. "Es sind 25 LMP2-Autos im Wettbewerb, aber beim Test hatte man das Gefühl, es wären viel weniger. Man trifft sie seltener auf der Strecke, weil sie jetzt so schnell sind. Das bringt weniger Verkehr", stellt Sebastien Buemi die Vorteile des LMP2-Tempos dar.

Nicht nur die LMP1-Klasse profitiert von dieser Tatsache, sondern vor allem auch die GTE-Szene. In den vergangenen Jahren waren sich die Fahrzeuge der Klassen LMP2 und GTE in Beschleunigungsphasen und beim Topspeed sehr ähnlich. Den Piloten in den Prototypen blieb oft keine andere Wahl, als sich mit beherzten Manövern in den Bremszonen an den GTs vorbei zu schieben. Dies war oftmals mit hohem Risiko verbunden, es gab immer wieder Kollisionen.

"Der große Vorteil ist, dass sie dich jetzt nicht mehr auf der allerletzten Rille ausbremsen müssen, weil sie wissen, dass sie auf der Geraden ganz schnell vorbeiziehen können", sagt Ford-Werkspilot Stefan Mücke. "Für uns ist das gut, denn in den Vorjahren standen uns manchmal die LMP2-Autos sogar im Weg, wenn dort einer der langsameren Fahrer drin saß", so Porsche-GT-Rennleiter Frank Steffen Walliser. "Das GTE-Rennen wird etwas freier sein und weniger vom Verkehr beeinflusst. Es wird dadurch noch enger und härter - und vielleicht schöner!"

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