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Bundesliga: Diesen Anteil hat Alonso am Höhenflug von Bayer Leverkusen

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Bundesliga: Diesen Anteil hat Alonso am Höhenflug von Bayer Leverkusen

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Alonsos schlauer Schachzug

Xabi Alonso verkörpert den Aufschwung von Bayer Leverkusen. Die taktischen Finessen des Spaniers sind ein Grund für den Erfolg - und lassen die Werkself auf einen Titel hoffen.
Bayer Leverkusen gehört zu den Teams der Stunde in der Bundesliga. Hauptverantwortlich dafür ist Trainer Xabi Alonso, der die Werkself zurück zu alter Stärke geführt hat. Das weckt unter anderem Begehrlichkeiten bei seinem Ex-Klub.
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Was Xabi Alonso während seiner aktiven Spielerkarriere par excellence auszeichnete, wird auch in seinem Trainerleben zum Trumpf: das strategische Gespür.

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Unter der Regie des Spaniers hat sich Bayer Leverkusen vom Krisenklub zum Titelanwärter gemausert. Obwohl die Werkself bei der Entlassung von Gerardo Seoane noch auf Rang 17 taumelte, sind die Champions-League-Plätze inzwischen wieder in Reichweite. Der Einzug ins Europa-League-Finale könnte eine verloren geglaubte Saison endgültig retten.

Dabei war Alonsos Verpflichtung anfangs von vielen Zweifeln begleitet. Schließlich trainierte er vorher nur die zweite Mannschaft von Real Sociedad. Doch Bayers Risiko hat sich ausgezahlt.

Auffällig: Der Ex-Profi punktet als echter Taktikfuchs. Sowohl beim Coaching im Spiel als auch bei der Gegnervorbereitung gibt er eine gute Figur ab. Das ist bei seiner ersten Trainer-Station auf Top-Niveau nicht selbstverständlich. Zunächst baute er auf Grundtugenden und verlieh seiner Truppe die dringend benötigte Sicherheit. Jetzt verfeinert Alonso die Spielanlage.

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Situationsabhängig ändert er die Anordnung seiner Akteure - und greift mitunter zu ungewöhnlichen Methoden.

Besonderer Andrich-Kniff von Alonso

Sein Meisterstück packte der 41-Jährige beim 2:1-Sieg gegen den FC Bayern München aus.

Die extrem dominante Vorstellung der Rheinländer überraschte. Die Art und Weise wie Leverkusen zum Erfolg kam aber noch mehr. Robert Andrich, der eigentlich im defensiven Mittelfeld für Ordnung sorgt, erhielt im Vorfeld eine Sonderaufgabe.

„Nach meinem Mittagsschlaf hatte ich eine Nachricht vom Trainer auf meinem Handy: ‚Rob, Du spielst heute wieder Libero‘“, sagte Andrich nach der Partie und erklärte seine Rolle, die zum Türöffner wurde: „Die Idee dahinter war, dass wir dadurch ein Stück weit variabler mit dem Ball sind. Weil ein Sechser vielleicht ein anderes Gefühl für den Raum hat.“

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Alonsos raffinierter Plan ging komplett auf. Andrich agierte defensiv fehlerfrei und steckte oftmals Pässe in die Tiefe durch. Dass mit dem 28-Jährigen und Edmond Tapsoba zwei spielstarke Akteure in der Dreierkette positioniert waren, war ausschlaggebend dafür, dass sich Leverkusen wiederholt spielerisch dem Münchner Pressing entzog.

Den Libero hat der Bayer-Coach sozusagen neu erfunden und nebenbei das taktische Repertoire seines Teams erweitert. Zuvor stand Andrich notgedrungen schon beim 1:1 in Freiburg als letzter Mann auf dem Feld. Auch beim 0:0-Remis gegen Wolfsburg bekleidete er diese für ausgestorben gehaltene Position.

Alonso: „Unser Spiel war sehr chaotisch und hektisch“

Die Wiedergeburt des Libero kam nicht von ungefähr. Seit Alonsos Amtsantritt hatte die Stärkung und Flexibilität der Defensive höchste Priorität.

Speziell die bittere 1:5-Klatsche in Frankfurt, die Bayer im Oktober kassierte, regte ihn zum Nachdenken an. „Was ich in unserem Spiel gesehen habe, mochte ich nicht. Unser Spiel war sehr chaotisch und hektisch. Das war nicht gut“, betonte er anschließend.

Mittlerweile gehören Chaos und Hektik der Vergangenheit an. Alonso impfte seiner Mannschaft zahlreiche Systeme ein - von Dreier-, Vierer- bis zur Fünferkette oder der Libero-Version mit Andrich. Die lange WM-Pause im Dezember wurde genutzt, um wichtige Mechanismen einzustudieren.

Unter Alonso steigt auch die individuelle Formkurve der Spieler deutlich nach oben. Seine Abwehrspieler wissen nun selbst in brenzligen Lagen, was zu tun ist. Das spiegelt sich positiv im Selbstvertrauen wider. Jonathan Tah, Piero Hincapié, Edmond Tapsoba, Odilon Kossounou oder eben Andrich - sie alle sind in starker Form und wichtige Bausteine des Aufschwungs.

Und erst als die Fehleranfälligkeit in der Verteidigung sank, fügte der Spanier spielerische Elemente hinzu. Vorher setzte Bayer auf einen simplen Plan. Die Rheinländer verbarrikadierten sich oftmals in der eigenen Hälfte, bis nach Ballgewinnen über die pfeilschnellen Jeremie Frimpong, Moussa Diaby oder Amine Adli umgeschaltet werden sollte.

Wirtz fungiert als Schaltzentrale unter Alonso

Jetzt stellt Alonso die gegnerischen Trainer auch in der Offensive regelmäßig vor Denkaufgaben. Kreative Noten rücken zunehmend in den Vordergrund.

Im Mittelpunkt jeder Formation steht Florian Wirtz. „Man muss solchen besonderen Spielern die Chance geben, besondere Dinge auf dem Platz zu tun“, erzählte Alonso über den 19-Jährigen.

Je nach Gegner wird Wirtz von einem oder zwei Sechsern abgesichert. In der der vordersten Reihe besteht neben dem Bayer-Juwel die Wahl zwischen den flinken Angreifern Diaby und Adli oder wuchtigen Stürmern wie Adam Hlozek und Sardar Azmoun. Geht die Taktik trotzdem nicht auf, reagiert der Ex-Profi schnell.

So wie im Europa-League-Viertelfinale gegen Saint-Gilloise. Im Hinspiel geriet die Werkself (1:1) in Rückstand, die klein gewachsenen Diaby und Adli konnten sich gegen robuste Belgier kaum behaupten. Prompt beorderte Alonso mit Azmoun einen echten Stürmer auf den Rasen, der das Duell kippen ließ und den wichtigen Ausgleich von Wirtz vorbereitete.

Beim entscheidenden Rückspiel-Sieg (4:1) erhielt Hlozek das Vertrauen. Der kräftige Tscheche kam deutlich besser zur Geltung, verbuchte ebenfalls einen Assist und schoss einen Treffer selbst. Die Bestätigung: Alonso greift nicht nur auf Plan A zurück, sondern auch auf Plan B, C oder D.

Alonso trifft auf seinen Lehrmeister

Im Europa-League-Halbfinale steht nicht nur der nächste Stresstest, sondern auch das Wiedersehen mit José Mourinho bevor. Der Portugiese war von 2010 bis 2013 der Boss bei Real Madrid und Alonso als Mittelfeldstratege für die Balance der Königlichen verantwortlich. Beiderseitig ist der Respekt groß.

So ließ sich Alonso in seinem heutigen Denken von Mourinho inspirieren. „Ich wurde von allen Trainern, die ich hatte, beeinflusst. Und ich hatte das Glück, bei sehr guten Trainern gewesen zu sein. Sie alle haben ihre Spuren bei mir hinterlassen“, verriet er. Die Balance, die Alonso einst als Spieler in Madrid unter Mourinho repräsentierte, gibt er inzwischen an Leverkusen weiter.

Ob der Bayer-Coach im Kampf ums Finale nun auch seinen Lehrmeister aus dem Rennen kegelt? Zuzutrauen ist es Alonso.

Sportchef Simon Rolfes gab sich ehrgeizig. „Das Ziel ist das Finale. Wir haben es in den letzten Wochen als Mannschaft geschafft und gelebt, uns auf den nächsten Schritt zu konzentrieren“, sagte der 41-Jährige. Seit der Saison 2001/02 hat es Leverkusen international nicht mehr so weit gebracht. Damals verlor die Werkself im Champions-League-Endspiel gegen Real Madrid.

Dank den taktischen Tricks von Alonso lebt die Hoffnung, dass Bayer am 31. Mai in Budapest wieder nach einer europäischen Trophäe greift - nach langen 21 Jahren Wartezeit.