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Fußball-WM der Frauen: Wie Mitfavorit Frankreich sich selbst zerlegt

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Fußball-WM der Frauen: Wie Mitfavorit Frankreich sich selbst zerlegt

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Ein WM-Favorit zerlegt sich selbst

Der Rücktritt eines Trios um Kapitänin Wendie Renard fünf Monate vor der WM legt tiefe Risse bei Mitfavorit Frankreich offen. Trainerin Corinne Diacre steht nicht zum ersten Mal im Mittelpunkt.
Die US-amerikanische Stürmerin Alex Morgan hat das mögliche Sponsoring der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2023 durch Saudi-Arabien als "bizarr" bezeichnet.
mhoffmann
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Es ist ein Knall, der weit über das eigene Land hinaus hörbar war. Und genauso war es auch gedacht.

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Fünf Monate vor der Fußball-WM der Frauen in Neuseeland hat der Rücktritt von Superstar Wendie Renard und mehrerer anderer Topspielerinnen tiefe Risse bei Mitfavorit Frankreich offengelegt. Und der Trubel um die Teamkapitänin zieht seitdem immer weitere Kreise.

Hinter dem spektakulären Abgang steckt eine größere Geschichte: Es geht um den nicht nur in Frankreich ausgetragenen Kampf um bessere Bedingungen für den Fußball der Frauen, es geht um innere Skandale im Verband, dessen Präsident soeben über Vorwürfe sexueller Belästigung um Mobbings gestolpert ist.

Aber es geht auch um persönliche Angelegenheiten zwischen der Mannschaft und der umstrittenen Trainerin Corinne Diacre - die in Teilen der Mannschaft den Spitznamen „Der Drache“ haben soll.

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Wendie Renard: „Es geht ums große Ganze“

„Es war keine leichte Entscheidung, die wichtigste und schwerste meiner Karriere“, erklärte die 32 Jahre alte Abwehrspielerin von Olympique Lyon zuletzt bei TF1 - und betonte, dass das Thema „rein sportlich“ sei. Zuvor hatte Renards Hinweis, dass es auch um ihre „mentale Gesundheit“ gehe, teils zu anderen Schlüssen geführt.

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Nun erklärte Renard, dass sie den Finger in die Wunde lege, weil sie in professionelleren Strukturen arbeiten wolle, dass „man andere Länder an sich vorbeiziehen sieht“ und dass wir „etwas verpasst haben oder dass wir schlafen“.

Renard mied konkrete Vorwürfe, es sei „kompliziert, Dinge wirklich auszusprechen, es geht um Kabinen-Dinge“. Es gehe generell darum, „die Ansprüche zu erhöhen, einen anderen Maßstab anzulegen“. Es gehe natürlich auch um die Trainerin und deren Stab, „aber es geht ums große Ganze“.

Auffällig: Zu keinem Zeitpunkt nannte Renard Trainerin Diacre beim Namen.

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Weitere Spielerinnen Frankreichs äußern Kritik

Nach Renard hatten auch die Stürmerinnen Kadidiatou Diani und Marie-Antoinette Katoto ihren Rücktritt aus dem Nationalteam erklärt, inzwischen hat sich auch Abwehrkollegin Perle Morroni angeschlossen. Kollegin Griedge Mbock - aktuell verletzt - äußerte sich ebenfalls unterstützend: Es gebe „bei der aktuellen Organisation eine Kluft zwischen den Ansprüchen, die wir haben und den Mitteln, die uns gegeben werden, um auf höchstem Niveau zu spielen“.

Solidarisch zu Renard erklärten sich auch die Verantwortlichen ihres Klubs Olympique Lyon - und erhöhten damit den Druck auf den Verband FFF: Lyon ist Frankeichs Rekordmeister und Abonnementsieger der Champions League, also ein gewaltiges Machtzentrum der Branche.

Zusätzliche Unterstützung kam von internationalen Stars und Gleichberechtigungs-Wortführerinnen wie Megan Rapinoe und Ada Hegerberg. Die Meuterei in Frankreich ähnelt Konflikten, die sie selbst führen oder geführt haben: Hegerberg bestreikte in Norwegen die Nationalmannschaft aus Protest gegen die geringeren Prämien des Verbands für weibliche im Vergleich zu männlichen Spielern. Auch Rapinoe und ihre Kolleginnen fochten in den USA einen langen, letztlich erfolgreichen Streit um „Equal Pay“ aus.

Ähnlich wie in Frankreich ist anderswo nicht nur Geld das Thema: In Kanada lehnten sich Spielerinnen wie Jordyn Huitema zuletzt gegen untragbare Trainingsbedingungen bei den Frauen auf, in Spanien verweigert seit einigen Monaten eine Reihe von Nationalspielerinnen die Zusammenarbeit mit Trainer Jorge Vilda, der als nicht ausreichend qualifiziert kritisiert wird.

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Trainerin Corinne Diacre seit langem Reizfigur

Auch in Frankreich hat der Ärger eine persönliche Komponente: Trainerin Diacre - die von Teilen der Mannschaft als „Der Drache“ geschmäht werden soll - gilt seit langem als Reizfigur.

Die ehemalige Rekordnationalspielerin - nach ihrer Karriere Frankreichs erste weibliche Trainerin in der 2. Liga der Männer - stand seit ihrer Berufung 2017 mehrfach wegen umstrittener Personalentscheidungen in der Kritik: 2017 setzte sie Renard zwischenzeitlich als Kapitänin ab, nach der WM 2019 ging ihr Torhüterin Sarah Bouhaddi wegen „sehr, sehr negativer Stimmung“ im Team von der Fahne. Bouhaddi watsche Diacre schließlich auch persönlich ab: Sie würde „ihre Hände darauf verwetten“, dass unter ihrer Führung kein Turnier zu gewinnen sei. Sie unterstützt Renard auch jetzt.

Corinne Diacre war früher Frankreichs Rekordnationalspielerin
Corinne Diacre war früher Frankreichs Rekordnationalspielerin

Wie einst bei Ballack und Frings

Vor der EM 2022 wiederum bootete Diacre Rekordtorschützin Eugénie Le Sommer und Amandine Henry aus - Renards Nachfolgerin und Vorgängerin als Kapitänin. Es folgte ein großes, an den Fall Ballack/Frings gegen Löw erinnerndes öffentliches Drama, in dem vor allem Henry Diacre schlechten Stil vorwarf.

Die EM selbst lief vor diesem Hintergrund erfolgreicher als erwartet - Frankreich scheiterte erst im Halbfinale an Deutschland, das im Endspiel dann England unterlag. Diacre soll Berichten zufolge stärker bemüht gewesen sein, kommunikativer und weniger autoritär aufzutreten, auch Renard spielte als integrativ wirkende Führungsspielerin eine zentrale Rolle.

Verbandspräsident Noel Le Graet verlängerte danach Diacres auslaufenden Vertrag bis zu Olympia 2024 in Paris, die Angelegenheit schien sich in Wohlgefallen aufgelöst zu haben.

Nun ist das Chaos auf allen Ebenen größer denn je: Der 81 Jahre alte Le Graet ist am Dienstag über seit längerem gegen ihn erhobene Vorwürfe sexueller Belästigung gegen eine Sportagentin gestolpert. Auch um einen nahenden Rücktritt Diacres gibt es Gerüchte - nach dem dann in Bezug auf Renard und Co. alles wieder offen wäre.