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Olympia in Rio: Fabian Hambüchen bei SPORT1 über seine Ziele und den schweren Weg zurück

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Olympia in Rio: Fabian Hambüchen bei SPORT1 über seine Ziele und den schweren Weg zurück

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"Das Turnen ist brutaler geworden"

Im SPORT1-Interview vor den Spielen in Rio spricht Fabian Hambüchen über den schweren Weg zurück nach seiner Schulterverletzung, seine Ziele und das nahe Karriere-Ende.
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© Getty Images
Nele Schenker
Nele Schenker
von Nele Schenker

Den 16. August haben sich viele Sportfans bereits dick angestrichen. An diesem Dienstag findet in Rio das Olympia-Finale am Reck statt - hoffentlich mit Fabian Hambüchen. 

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Zum Abschluss der Olympischen Kunstturn-Wettbewerbe will der deutsche Ausnahmeturner noch einmal hoch über sein Spezialgerät fliegen und auf Medaillenjagd gehen. Es wird seine letzte Chance bei einem internationalen Großevent sein.

Nach einer schweren Schulterverletzung ist der 28-Jährige guten Mutes, in Rio noch einmal angreifen zu können. Im SPORT1-Interview spricht Hambüchen über den harten Kampf zurück an die Geräte, seine persönlichen Ziele für Rio, die Veränderungen im Kunstturnen und das nahe Karriere-Ende.

(Der Zeitplan der Olympischen Spiele 2016 zum Ausdrucken)

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SPORT1: Die Olympischen Spiele in Rio stehen kurz bevor. Wie ist der Stand der Vorbereitung? Und die wichtigste Frage: Wie geht es Ihrer Schulter?

Fabian Hambüchen: So weit ist alles gut. Die Vorfreude ist da, auch dass es endlich losgeht und einen Tapetenwechsel gibt.  Die Schulter ist O.k. Ich kann trainieren und bin in Form.

SPORT1: Sie haben in einem Interview gesagt, dass Sie nach der Verletzung an der Schulter jetzt wieder Ihr altes Leben zurück haben. Was hat Sie auf diesem Weg zurück motiviert?

Hambüchen: Ich konnte in dieser Zeit wenig machen und musste abwarten. Den größten Rückhalt hat mir meine Freundin gegeben. Sie hat mich in dem unterstützt, was ich mache.  Sie war an meiner Seite und hat mir den Rücken gestärkt, genauso wie mein Vater und Trainer. Es hat niemand gedacht, dass es mit der Schulter nochmal was wird. Jetzt ist es umso schöner, dass es doch so kurzfristig noch geklappt hat und ich in Rio starten kann.

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SPORT1:  Wie oft waren Sie an dem Punkt, alles hinzuschmeißen?

Hambüchen: Das kam schon häufiger vor. Ich war in München bei Dr. Müller-Wohlfahrt in Behandlung. Er hat mir immer Hoffnungen gemacht und war überzeugt, dass wir alles wieder hinbekommen. Es  war ein Hin und Her und es gab viel Kopfkino, aber ich war körperlich out of order. Fast täglich gingen die Gedanken in eine andere Richtung.

SPORT1: Wie viel Spaß macht es Ihnen, wieder turnen zu können?

Hambüchen: Sehr viel  Spaß. Die letzten Wochen waren schon krass. Allein die Fortschritte, die ich da gemacht habe, waren schön. Wir haben viel trainiert und die Übungen perfektioniert. Wir sind bereit.

SPORT1: Sie hätten bei der Eröffnung gern die deutsche Fahne getragen. Sind Sie enttäuscht, dass Sie nicht als potenzieller Fahnenträger nominiert wurden?

Hambüchen: Nein. Ich wusste, dass es schwierig wird. Der DOSB hat fünf Sportler nominiert. Ein Ausschlusskriterium war ein Wettkampf am folgenden Tag.  Das ist bei uns der Fall. Ich wollte so organisieren, dass es trotzdem klappt. Ich stand in direktem Kontakt mit DOSB-Generalsekretär Vesper. Er hat mich angerufen und mir die Entscheidung  mitgeteilt. Das war fair.

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SPORT1: Im Vorfeld der Spiele wurde viel über die Unzulänglichkeiten im Olympischen Dorf, die Unruhen in Brasilien und das Zika-Virus diskutiert. Mit welchen Erwartungen treten Sie in Rio an?

Hambüchen: Mit dem  Zika-Virus habe ich mich beschäftigt. Das muss man abklären. Ich habe mit einem Arzt, der auch in Rio dabei ist, gesprochen.  Aus dessen Sicht ist für es für mich in Ordnung.  Ob es Spätfolgen geben wird, kann dir niemand sagen. Aber ich habe auch noch nie erlebt, dass es vor Olympischen Spielen ruhig war. Die Stimmung trübt das bei mir jetzt nicht.

SPORT1: Sie haben bereits 40 nationale und 25 internationale Medaillen geholt, Olympia-Gold fehlt allerdings noch. Wäre das nach der langen Verletzungspause nun ein zu hoch gegriffenes Ziel?

Hambüchen: Wenn man im Finale steht, ist alles drin. Ins Finale zu kommen ist aber schwerer denn je. In Peking 2008 hatte ich die größten Chancen. Da habe ich es aber mental nicht auf die Reihe bekommen. 2012 war ich mit Silber sehr zufrieden. Aber wir haben in Rio mehrere Chancen.

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SPORT1: Heißt: Mit der Mannschaft ins Finale und am Reck Gold?

Hambüchen: Das wäre zu hoch gegriffen. Mit der Mannschaft wollen wir auf jeden Fall ins Finale. Natürlich würde ich auch gerne das Reckfinale erreichen. Da gilt es aber, die perfekte Übung abzuliefern.

SPORT1: Sie haben im Interview gesagt: "Bei Olympia versagt, danach verzweifelt aufgehört: so soll es nicht für mich enden." Wie hoch sind der eigene Druck und der Druck von außen?

Hambüchen: Das habe ich in einem anderen Zusammenhang gesagt. Das war die Phase, wo ich mit meiner Schulter Probleme hatte. Ich habe mir gedacht: Wenn ich nicht zu 100 Prozent fit bin, dann werde ich nicht hinfahren. Ich habe gesagt, dass ich nicht hingehe, um danach von der Presse geschlachtet zu werden. Jetzt bin ich bei 100 Prozent und weiß, dass ich hier und da eine Chance habe. Ich mache mir da keinen Kopf, auch wenn es nachher nicht mit den Finals klappt. Ich habe alles gegeben, allein der Weg dahin war Wahnsinn.

SPORT1: Wenn Sie die Herangehensweise mit Ihren bisherigen Spielen vergleichen: würden Sie sagen, dass sie sich geändert hat und wenn ja, inwieweit?

Hambüchen: Die Wertungsvorschriften haben sich seit 2004 verändert. Das Turnen ist brutaler geworden. Man muss ganz anders trainieren, und man wird nicht jünger. Das haben wir von Jahr zu Jahr anpassen müssen. Von der Mentalität ist es dasselbe: Wille, Ehrgeiz und Motivation sind da. Aber auch Anspannung. Man könnte ja meinen, dass das bei den vierten Spielen langsam zur Routine werden muss. Das ist jedes Mal Nervenkitzel pur, da geht einem der Arsch auf Grundeis.

SPORT1: Von außen betrachtet wirken Sie viel cooler als noch vor ein paar Jahren. Sie sind mittlerweile der Leader im Team geworden. Wie nehmen Sie diese Rolle an? Sehen Sie sich überhaupt darin?

Hambüchen: Es gab ein paar Jahre, in denen es nach außen so aussah, als wäre ich der Leader. Aber es ist nicht mal so, als wäre ich der Älteste im Team. Marcel ist sogar einen Monat älter als ich. (lacht) Hier ist eine Truppe, in der alle den Mund aufmachen. Ich bin zwar am ehesten der, der die Abläufe kennt oder dem Bundestrainer die Meinung der Mannschaft überbringt. Aber ich sehe mich nicht als großen Leader.

SPORT1: War der Zusammenhalt jemals so groß wie jetzt?

Hambüchen: Der war auch bei meinen ersten Olympischen Spielen da.  Sicherlich auch dadurch bedingt, dass Ronny Ziesmer in der Vorbereitung verunglückt ist (landete nach einem Doppelsalto rückwarts auf dem Kopf, seitdem querschnittsgelähmt; d. Red.). 2008 und 2009 gab es Grüppchenbildung im Team, das war nicht so einfach. Mit der Stimmung und Einstellung, die wir jetzt im Team haben, wird es in Rio cool werden.

SPORT1: Nach Rio soll Ihre Karriere zu Ende sein. Ist das definitiv fix oder lassen Sie sich ein Hintertürchen offen?

Hambüchen: Nein, das ist definitiv so. Ich möchte noch ein wenig in der Bundesliga turnen, aber nicht mehr international. Die Schulterverletzung war ein deutliches Zeichen. Ich will nach der Karriere noch in der Lage sein, Sport zu treiben.

SPORT1: Was macht Fabian Hambüchen nach der Sportler-Karriere?

Hambüchen: Erst einmal werde ich mein Studium beenden. Eine Funktionärsrolle einzunehmen, sehe ich als sehr realistisch an. Im Deutschen Turnerbund, beim IOC oder beim DOSB. Ich werde probieren, immer mit dem Turnen in Verbindung zu bleiben.