Profisportler haben es in Zeiten der sozialen Netzwerke bisweilen nicht leicht. Beschimpfungen oder gar Stalking gehören da fast schon zum Alltag, die andere Seite des Spektrums liefert Spitzenreiter Chris Froome bei der 102. Tour de France.
Froome dünnhäutig wie einst Armstrong
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Weil er jenseits des Sattels viel mehr Attacken abwehren muss als im Rennen, reagieren der Brite und sein Umfeld zunehmend dünnhäutig und erinnern damit an die von Doping-Betrüger Lance Armstrong bekannten an Paranoia grenzenden Reaktionen.
Nachdem zuletzt bereits der belgische Journalist Karl Vannieuwkerke wegen eines Tweets - ein Vergleich mit Armstrong - von Froomes offiziellem Twitter-Account geblockt wurde, erging es dem Verfasser nun genauso.
Der Tweet des Anstoßes
Dabei standen in dem Tweet des Anstoßes nicht einmal im Ansatz Doping-Anschuldigungen, obwohl sie Froome ob seiner Dominanz bei einem eigenwilligen und wenig ökonomischen Fahrstil verfolgen.
Vielmehr war es lediglich eine Kritik an der Missachtung eines ungeschriebenen Tour-Gesetzes. Dies reichte aber bereits für die bizarre Reaktion.
Ein Sprint für Platz 20
Was war passiert? Am Ende der 14. Etappe attackierte Froomes schärfster Widersacher Nairo Quintana das Gelbe Trikot, kam aber nicht weg.
Der Brite blieb Kilometer um Kilometer am Hinterrad des neuen Zweitplatzierten im Gesamtklassement. Am Ende überspurtete Froome dann den entkräfteten Kolumbianer für Etappenrang 20.
Bei früheren Toursiegern wie Miguel Indurain oder Bernard Hinault war so etwas verpönt. Ein großer Champion bleibt gemeinhin in einer solchen Situation hinter dem Kontrahenten - Bonussekunden gab es ohnehin nicht mehr.
Kritische Nachfragen abgebügelt
Viel aufschlussreicher ist jedoch die völlig überzogene Reaktion Froomes - oder seines Social-Media-Teams. Schon am Ruhetag wirkte er von den Medien genervt und dünnhäutig.
Kritische Nachfragen zum Geheimnis des Teams Sky um seine Leistungsdaten bügelte er ebenso harsch ab wie den Argwohn von Doping-belasteten Ex-Fahren wie Laurent Jalabert oder Armstrong.
Überhaupt erinnert Froome dieser Tage nicht nur auf dem Rad an den Texaner. Immer wieder geriet auch jener tief gefallene Dominator einst mit Journalisten aneinander, drohte sogar oft mit Klagen.
Vom Verdacht verfolgt
Froome und Sky tun sich und dem nach wie vor um Glaubwürdigkeit ringenden Radsport so auf dem Weg in die letzte Tour-Woche keinen Gefallen.
Die ekelhafte Urin-Attacke ist natürlich unentschuldbar. Trotzdem lauern nicht hinter jeder Ecke Feinde.
Der Verdacht wird Froome so oder so nach Paris zu seinem möglichen zweiten Triumph verfolgen.