Die sechs Etappensiege aus dem Vorjahr und die mit großen Ambitionen gestarteten Deutschen schürten Hoffnungen auf mehr, doch aus der ersehnten "Tour d'Allemagne" wurde nichts.
Magere Ausbeute trotz Happy End
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Immerhin bescherte Andre Greipel den erfolgsverwöhnten deutschen Radprofis bei der 103. Tour de France ein Happy End in Paris. "Es wäre eine Illusion, zu erwarten, dass die Deutschen jedes Jahr vier oder fünf Etappen gewinnen. Jetzt ist es ein Jahr, in dem es mal nicht ganz so prall lief. Das ist aber kein Grund zu verzweifeln, die Qualität ist immer noch da. Das ist das Wichtigste", sagte Marcel Kittel.
Den Top-Sprintern Kittel und Greipel standen eigene Fehlentscheidungen, Pech und der überragende Mark Cavendish im Weg, Martin blieb im Zeitfahren hinter den Erwartungen, Überraschungs-Erfolge durch Ausreißer gab es ebensowenig.
Etappenerfolge für Greipel und Kittel
Greipel entschädigte sich jedoch mit dem Sieg im wichtigsten Sprint der Saison. "Ich hatte Höhen und Tiefen bei dieser Tour, aber heute hatten wir einen super Plan. Ich bin stolz, dass ich diesen Willen hatte", sagte Greipel überglücklich in der ARD.
An positiven Momenten mangelte es auch sonst nicht, doch nach 24 Tour-Etappensiegen in den vergangenen fünf Jahren war das Abschneiden der Tour 2016 aus deutscher Sicht dennoch nicht erwartungsgemäß.
Kittel hatte mit dem Foto-Finish-Sieg in Limoges den einzigen deutschen Tageserfolg bis zum Schlusstag geholt, mehr aber wollte dem neunmaligen Tour-Etappensieger nicht gelingen. "Ein paar Mal war jemand anderes besser, das ist eben so", sagte Kittel lapidar.
Cavendish als deutsches Schreckgespenst
Vor allem Cavendish entwickelte sich im Verlauf der Frankreich-Rundfahrt zu einem regelrechten Albtraum für Kittel und Greipel. Der Brite schnappte dem deutschen Duo zum Auftakt in der Normandie erst das Gelbe Trikot vor der Nase weg und hatte auch in der Folge zumeist das bessere Ende für sich. Enttäuscht war bis zur Erlösung auf den Champs-Elysees vor allem Greipel.
Vor der Tour hatte der "Gorilla" durch den Gewinn der deutschen Meisterschaft nochmals Selbstvertrauen getankt, die ausbleibenden Erfolge schienen ihn im Rennverlauf aber zunehmend zu beschäftigen.
"Man muss mit sich selbst hart ins Gericht gehen, um einfach die nötige Lockerheit wieder zu bekommen", sagte er - und fand sie im richtigen Moment wieder.
Martin schwach - Degenkolb zufrieden
Für Martin, der kurz vor Ende noch mit Knieschmerzen aufgab, kam das Ergebnis durchaus überraschend. "Wir sind wahrscheinlich mit der stärksten Besetzung der letzten Jahre angetreten, trotzdem sind die Erfolge im Vergleich mager ausgefallen", sagte er.
Der dreimalige Weltmeister im Kampf gegen die Uhr hatte sein Ziel ebenfalls verfehlt. Mit Siegambitionen war der gebürtige Cottbuser in das einzige klassische Zeitfahren gestartet, am Ende landete er nur auf dem neunten Rang.
Zu den Gewinnern zählte zweifellos John Degenkolb - auch wenn der Klassiker-Spezialist weiter auf seinen ersten Tour-Etappensieg warten muss. "Ich bin mega zufrieden. Das Ziel war, wieder vorne mit reinzufahren und in den Sprints was zu zeigen. Das habe ich zweimal geschafft", sagte Degenkolb, dessen Start bereits ein kleines Wunder war.
Der furchtbare Unfall im Trainingslager im Januar hatte ihn massiv zurückgeworfen, in den vergangenen drei Wochen steigerte sich der Wahl-Frankfurter mit jedem Tag.
Buchmann und Voss lassen aufhorchen
Einen Etappenerfolg verpasste auch Emanuel Buchmann. Der 23-jährige Ravensburger bewies jedoch durchaus sein Rundfahrtalent und war auf den Bergetappen meist der letzte deutsche Fahrer in der Spitzengruppe.
Zu dem angestrebten Platz in den Top 20 der Gesamtwertung reichte es jedoch ebenso nicht ganz. Immerhin wurde Buchmann Dritter der Nachwuchswertung - ein Achtungserfolg.
Für einen weiteren Lichtblick sorgte Paul Voss. Der 30-Jährige erklomm die ersten beiden Anstiege der Tour als Erster und durfte zwischenzeitlich ins gepunktete Trikot schlüpfen. Das gelang in der Geschichte der Frankreich-Rundfahrt zuvor nur sechs anderen deutschen Profis.