Nach einer wieder mal magischen Nacht in London lüftete Roger Federer schmunzelnd das Geheimnis seiner scheinbar ewigen Jugend.
Federer und die ewige Jugend
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"Ich fühle mich gut. Ich fühle mich jung. Aber ich glaube, das ist der Haarschnitt", scherzte der 38-Jährige, nachdem er soeben Novak Djokovic zum ersten Mal seit vier Jahren besiegt und damit einmal mehr das Halbfinale der ATP Finals erreicht hatte. Das 6:4, 6:3 war nicht nur ein einfacher Zweisatzsieg, es war eine Machtdemonstration des Maestros. (ATP Finals ab 10. November im SPORT1-LIVETICKER)
Und es war mal wieder einer dieser Abende, an denen Federer absolut nicht aussieht wie ein Tennisspieler auf der Zielgeraden seiner Laufbahn. Der Schweizer schwebte leichtfüßig über den Platz, servierte krachend und präzise, spielte variantenreich und beinahe ohne leichte Fehler, dominierte die Partie vom ersten bis zum letzten Ballwechsel.
Federer: "Es war magisch"
"Das war definitiv gut heute", bilanzierte er nüchtern. "Er war in allen Belangen der bessere Spieler", stellte Djokovic fest.
Federers Coup im 49. Duell mit seinem Dauerrivalen war exakt geplant. Eineinhalb Stunden habe er mit seinem Team zusammen gesessen und alle möglichen Szenarien für das Match durchgespielt, erzählte der Rekord-Grand-Slam-Sieger. Die elektrisierende Atmosphäre in der imposanten O2-Arena, mit einem Publikum, das sich wie immer klar auf die Seite seines Lieblings Federer schlug, tat ihr Übriges. "Es war magisch", schwärmte Federer.
Revanche für Niederlage im Wimbledon-Finale
Durch seinen eindrucksvollen Erfolg buchte er zum 16. Mal im 17. Anlauf einen Platz in der K.o.-Runde des Turniers der acht Saisonbesten. Außerdem glückte ihm auch die Revanche für die so schmerzhafte Pleite im diesjährigen Wimbledon-Finale gegen Djokovic. Was denn der Unterschied zu dem Auftritt im Juli, keine 20 Kilometer weiter westlich innerhalb der Stadt gewesen sei, wurde Federer gefragt: "Dass ich diesmal den Matchball verwandelt habe." So einfach kann Tennis sein.
Federer erhält nun ab Samstag die Chance, sein gutes, aber nicht überragendes Jahr doch noch mit einem großen Titel zu beenden. Mit sechs Triumphen ist er Rekordsieger des traditionellen Jahresabschluss-Events, sein letzter liegt aber bereits acht Jahre zurück. Im Vorjahr unterlag Federer im Halbfinale dem späteren Champion Alexander Zverev, diesmal bekommt er es mit dem satte 17 Jahre jüngeren Griechen Stefanos Tsitsipas oder seinem anderen Dauerrivalen Rafael Nadal zu tun.
Djokovic voller Bewunderung
Ein Statement, dass er noch immer Großes zu leisten imstande ist, hat Federer allerdings schon unabhängig vom Ausgang des Turniers gesetzt und damit nicht nur sein Gegenüber Djokovic nachhaltig beeindruckt.
"Ich empfinde die größtmögliche Bewunderung für ihn und für alles, was er auf dem Platz anstellt", sagte der Serbe voller aufrichtiger Anerkennung: "Was er erreicht hat und immer noch erreicht, ist phänomenal. Er ist eine Inspiration." Und das liegt definitiv nicht allein am Haarschnitt.