Als es vollbracht war, brach es aus Stan Wawrinka heraus.
Die Auferstehung des Stan Wawrinka
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Der Schweizer Tennis-Star hatte soeben in einem epischen Achtelfinal-Match über fünf Stunden und neun Minuten den griechischen Shootingstar Stefanos Tsitsipas niedergerungen. "Unglaublich", sagte Wawrinka mit brüchiger Stimme über seinen emotionalen Sieg, der für ihn wie eine Wiederauferstehung war.
Mit dem Sieg im viertlängsten Match in der Geschichte von Roland Garros zog der 34-Jährige ins Viertelfinale der French Open ein, wo es zum Duell mit Landsmann Roger Federer kommt. Der vorläufige Höhepunkt seines Comebacks nach langer Leidenszeit.
Wawrinka plagen Selbstzweifel
2017 musste sich Wawrinka wegen eines Knorpelschadens zwei Eingriffen im Knie unterziehen. Es folgte eine lange Durststrecke, die ihn zwischenzeitlich auf Rang 263 der Weltrangliste zurückwarf. Zwischendurch gab es viele Tage, an denen Wawrinka zweifelte, ob er je wieder sein altes Niveau erreichen werde. Regelmäßig scheiterte der French-Open-Sieger von 2015 bei den Grand Slams in den ersten Runden.
Im Mai 2018 verlor er in fünf Sätzen in der ersten Runde der French Open gegen den Spanier Guillermo Garcia-Lopez und rutschte, weil er 1200 Punkte auf einen Schlag verlor, von Rang 30 auf Rang 263 in der Weltrangliste ab. Auch in Wimbledon und bei den US Open konnte er sich nicht über die erste Woche hinaus kämpfen. Auch die zwischenzeitliche Trennung von Coach Magnus Norman, der ihm inzwischen wieder zur Seite steht, brachte nicht die erhoffte Wende für Wawrinka.
Der Start ins Jahr 2019 sollte dann zum Befreiungsschlag werden. Doch bei den Australian Open musste der Routinier erneut in der zweiten Runde die Segel streichen.
Vorzeichen vor French Open nicht gut
Auch die Vorbereitung auf die French Open verlief noch nicht nach Wunsch. Während er in Madrid im Viertelfinale an Rafael Nadal scheiterte, ereilte ihn bei den Turnieren in Rom oder Genf in der unmittelbaren Vorbereitung jeweils das Erstrunden-Aus. Gegner waren David Goffin und Damir Dzumhur. Für einen Wawrinka in Normalform ein mehr als machbares Los.
Die Vorzeichen vor den French Open standen also alles andere als gut. Doch mit Siegen über Josef Kovalik, Christian Garin und Grigor Dimitrov tankte der Eidgenosse reichlich Selbstvertrauen. Spätestens mit dem emotionalen Sieg gegen Tsitsipas ist Wawrinka wieder zurück auf der großen Tennis-Bühne.
"Für solche Momente in solcher Atmosphäre bin ich zurückgekommen", sagte Wawrinka nach der Tennis-Schlacht, die "tiefe Spuren" bei ihm hinterlassen hat. Das französische Publikum feierte ihn auf eine Art und Weise, die sonst nur den einheimischen Spielern und Topstars wie Roger Federer und Rafael Nadal zuteil wird.
Federer zollt Wawrinka Respekt
Gegen Federer, den er vor vier Jahren auf dem Weg zum Titel im Viertelfinale schlug, möchte er sein persönliches Märchen nun fortsetzen. Federer erinnerte sich am Sonntag zurück an "Stan, der super spielte in seinen schrecklichen Shorts." Jene karierte Shorts, die Wawrinka später den Titel brachten und inzwischen sogar Teil eines Museums sind.
Auf dem Platz sei er "vernichtet" worden, erinnerte sich Federer an das Duell zurück. "Ich hoffe, er ist nicht auf dem Level von 2015", ergänzte er schmunzelnd.
Federer sagt aber auch, dass Wawrinka eine Art zweites Leben auf der Tour bekommen habe. Der 34-Jährige sieht dies anders: "Ich bin 34 Jahre alt. Es ist immer noch mein erstes Leben. Und mit diesem bin ich glücklich."
Momentan wohl so glücklich wie schon lange nicht mehr.