Aus in Runde eins für Angelique Kerber, Andrea Petkovic und Sabine Lisicki: Schlechter hätte das deutsche Tennis-Jahr 2015 gar nicht anfangen können.
Doch während die arrivierten Spitzenspielerinnen scheitern, gibt es bei den Australian Open auch einen ersten Blick in die Zukunft. Die erst 19-Jährige Carina Witthöft spielt sich damals mit spektakulärem Power-Tennis erstmals in das Rampenlicht.
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Selbst Carla Suarez-Navarro, die mittlerweile auf Rang acht in der Weltrangliste steht, ist Witthöfts starken Aufschlägen und knallharten Grundlinienschlägen in Melbourne nicht gewachsen.
Ein Tennis-Talent genießt die Beinfreiheit
Witthöft auf Scharapowas Spuren
Nicht wenige, die Witthöfts Spiel seinerzeit sehen, fühlen sich an Maria Scharapowa erinnert, die einen ähnlich aggressiven Spielstil pflegt.
Witthöfts Tennis soll in Zukunft sogar noch offensiver werden. "An meinem aggressiven Spiel arbeite ich tagtäglich, aber auch am Aufschlag und dem ersten Ball", sagte Witthöft im Gespräch mit SPORT1. Alles um ihre Gegnerinnen noch früher unter Druck zu setzen. Daran ändert auch das Viertelfinal-Aus bei der Generalprobe für Roland Garros in Nürnberg nichts.
Großen Namen, die bei den French Open ab Sonntag wieder auf sie warten, begegnet die Hamburgerin inzwischen genauso furchtlos wie Scharapowa in jungen Jahren.
Lediglich gegen den russischen Superstar selbst anzutreten, wäre für Witthöft noch einmal eine spezielle Situation: "Scharapowa ist mein Vorbild. Das wäre schon noch einmal etwas anderes. Aber man muss versuchen, das auszublenden und professionell rangehen."
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Durchbruch lässt auf sich warten
Professionalität war bei ihr nicht immer gegeben, behaupten einige Kritiker. Denn Witthöft hat einen steinigen Weg hinter sich. Mit 14 Jahren wurde sie 2009 jüngste Hamburger Damen-Meisterin aller Zeiten.
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Auch in den nächsten Jahren arbeitete sich Witthöft in der Weltrangliste kontinuierlich nach vorne. Doch 2012 geriet ihre Karriere plötzlich ins Stocken. Das für viele größte deutsche Talent drohte, den Durchbruch nicht zu schaffen.
Von Fed-Cup-Teamchefin Barbara Rittner gab es daraufhin eine klare Ansage: "Sie muss auch bereit sein, ihre Komfortzone zu verlassen. Und vielleicht mal früher ins Bett gehen und weniger feiern."
Raus aus der Komfortzone
Die Botschaft kam an. Auch wenn ihr das Weggehen nach wie vor "echt Spaß" macht, erkannte Witthöft, dass sie Opfer bringen muss, wenn sie es an die Spitze schaffen will.
Die 1,76m große Blondine arbeitet professioneller, ernährt sich leistungssportgerecht und achtet auf ausreichend Schlaf. 2013 trainierte sie sogar an der berühmten Nick Bollettieri Academy in Florida, die für ihr knallhartes Training bekannt ist.
Dass sie erwachsener gewordener ist, spiegelt sich auch in ihren Antworten wieder. Während das Mitglied im Porsche Talentteam früher noch keck die Top Ten als Ziel ausgab, redet sie heute ungern über Weltrangpositionen, da dies nur "unnötig Druck mitbringt".
Sechs Turniersiege in neun Monaten
Witthöft lässt nun lieber Taten als Worte sprechen. Allein in den vergangenen neun Monaten gewann die 20-Jährige sechs ITF-Turniere und verbesserte sich in der WTA-Weltrangliste von Platz 170 auf 56.
Auch wenn sie zwischendurch weiterhin bei ITF-Turnieren aufschlägt, um sich Praxis und Selbstbewusstsein zu holen, gilt ihr Hauptaugenmerk nun der WTA-Tour, die einige Umstellungen mitbringt.
"Es ist alles größer, die Anlagen sind riesig und es gibt viel mehr Zuschauer. Bei WTA-Turnieren muss man zudem noch präsenter sein, weil die Spielstärke dichter ist. Bei ITF-Turnieren wird dir eher einmal verziehen, wenn du nicht 100 Prozent abrufen kannst", sagte Witthöft.
Players Party Roland Garros 2015
Freund ist gleichzeitig Fitnesstrainer
Dafür, dass sie immer alles abrufen kann, ist auch ihr Freund Philipp Lang verantwortlich, der sie als Fitnesstrainer herumkommandieren darf.
"Ich sehe das ganz entspannt und wir können das auch gut trennen. Auf dem Platz ist er mein Fitnesstrainer. Da akzeptier ich es auch, wenn er mich zehn Mal in die Ecke scheucht, abseits des Platzes ist das Thema dann durch."
Die Quälerei zahlt sich aus. Von acht gestarteten deutschen Teilnehmerinnen schaffen es beim WTA-Turnier in Nürnburg nur Kerber und Witthöft bis ins Viertelfinale.
Für Rittner sind diese Achtungserfolge nur Zwischenstationen auf Witthöfts Weg nach oben: "Carina ist die nächste. Für sie gibt es nach oben kein Limit." Vielleicht schon beim zweiten Grand Slam des Jahres.