Der Fußball steckt mitten drin in der Corona-Krise!
Corona beeinflusst Berater-Arbeit
© SPORT1-Grafik: Marc Tirl/Getty Images/iStock
Die Deutsche Fußball Liga (DFL) setzte am Montag zunächst auch den 27. Spieltag aus. Der Krisengipfel in Frankfurt legte offen, woran viele vor einigen Wochen nicht geglaubt haben: Es geht für viele Klubs um existenzielle Sorgen.
Die Corona-Krise trifft aber nicht nur die Spieler, Funktionäre und Fans, sondern auch die Berater. "Bei uns steht vorerst alles still", sagt etwa Max Haygmar zu SPORT1.
Der 63-jährige Ex-Profi (Karlsruher SC und Rapid Wien) ist international aktiv und betreut unter anderem Ex-Hertha-Star Valentino Lazaro (zurzeit Newcastle) sowie Leverkusens Aleksandar Dragovic. "Es macht in der aktuellen Lage keinen Sinn, Spieler irgendwo anzubieten oder Gespräche mit den Vereinen zu führen. Die Gedanken der Klubs sind gerade ganz woanders. Für viele geht es jetzt ums Überleben."
Ungewissheit auch beim Berater
Prof. Dr. Markus Buchberger, der unter anderem die Zweitliga-Trainer Uwe Neuhaus (Bielefeld), Jos Luhukay (St. Pauli) und Uwe Koschinat (Sandhausen) sowie 20 Profifußball-Manager berät, ergänzt: "Die Corona-Krise wird irgendwann vorbei sein, aber wir wissen nicht wann. Die Frage ist: Schaffen wir es, dass dann alle Klubs weiter dabei sind."
Im Zuge der Corona-Krise werden Rufe und Forderungen nach einem Gehaltsverzicht der hochbezahlten Fußball-Millionäre laut. In anderen Ligen - wie zum Beispiel in der NBA - spenden Spieler und Trainer Teile ihres Gehalts, um finanziell gebeutelte Angestellte der Klubs oder Arenen zu unterstützen. Am Mittwoch verkündeten auch die Stars des DFB-Teams, dass sie 2,5 Millionen spenden.
Gehaltsverzicht? "Freiwilligkeit geht vor Zwang"
Die Forderung, dass gerade Fußballer jetzt ihren Beitrag leisten sollten, hatte nicht nur Bayerns Ministerpräsident Markus Söder geäußert.
Buchberger, der auch Fachanwalt für Sportrecht ist, erklärt im Bezug auf Spenden und Gehaltsverzicht: "Freiwilligkeit geht für mich vor Zwang, auch vor moralischem Zwang." Im April werde man beurteilen können, wie groß die Lücken durch fehlenden Spielbetrieb bis dahin tatsächlich sind.
"Dann kann es sein, dass Symbolik nicht mehr reicht, und es wäre gut, dass sich alle darauf vorbereiten, freiwillig einen nennenswerten Beitrag zu leisten, damit es weitergehen kann", erklärt der 51-Jährige. Damit seien alle angesprochen. "Große Vereine, Klubs mit Investoren im Rücken, gut verdienende Spieler, Manager, Trainer, aber auch Berater." In der Krise zeige sich auch für Buchberger der Charakter. "Ich bin sicher, dass das auch im Fußball gilt."
Gehaltsverzicht trifft Berater
Das sieht auch Hagmayr so. "Es wird kaum einen Spieler geben, der nicht dazu bereit ist, seine Hilfe anzubieten, wenn er gefragt wird."
Dr. Gregor Reiter, Rechtsanwalt und Geschäftsführer der Deutschen Spielervermittler-Vereinigung (DFVV), findet: "Ein Gehaltsverzicht wäre nach außen ein Zeichen ein starkes Zeichen der Solidarität, an dem sich die Bevölkerung orientieren würde. Aber man muss das differenzierter sehen. Ein Gehaltsverzicht der Spieler wirkt sich auch unmittelbar auf die Berater aus, deren Vergütung sich am Jahresbruttogehalt eines Spielers orientiert. Nicht alle Berater haben in den letzten Jahren Millionen verdient. Es gibt viele kleine und mittelständige Berater, die durch diese Reduzierung selbst in Schwierigkeiten geraten könnten und auch an diesen Beratern hängen Arbeitsplätze und Familien."
Reiters Vorschlag: "Die betroffenen Parteien sollten jetzt miteinander sprechen – und zwar mit offenem Visier! Es gibt ein gemeinsames Interesse: Wir wollen a) wieder Fußball vor Publikum spielen und b), dass der Wirtschaftszweig Fußball mit all seinen Mitarbeitern weitermachen kann. Es sitzen alle im gleichen Boot."
Zurückhaltung bei Transfers?
Aktuell kann niemand sagen, wann es wieder Fußballspiele mit Zuschauern geben wird. Dies dürfte auch extreme Folgen für das Transfergeschäft im Sommer für die Vereine haben. Den Vereinen fehlen Einnahmen in Millionenhöhe.
"Wahrscheinlich wird es erst einmal eine große Zurückhaltung geben, neue Spieler zu verpflichten und Ablösesummen zu zahlen", glaubt Buchberger. "Vorstände und Geschäftsführungen werden nicht gleichzeitig Etatlücken schließen und teure Spielerverpflichtungen vornehmen können."
Hagmayr glaubt indes, dass es "diese wahnsinnigen Transfersummen, die zuletzt bezahlt wurden" nicht mehr geben wird. "Die Vereine werden sicher mehrmals darüber nachdenken, ob sie 100 Millionen Euro für einen Spieler ausgeben", erklärt er: "Jeder Klub muss auf seine Einnahmen und Ausgaben schauen – auch in England. Dort gibt es zwar Investoren, aber die haben ja zum Teil auch wirtschaftliche Probleme. Die Umsätze gehen größtenteils auch bei ihnen zurück. Die werden demnächst auch weniger Geld in Vereine und Transfers pumpen können."
Die Coronakrise kann in Hagmayrs Augen aber auch eine Chance sein. Sie gebe der Branche Zeit zum Nachdenken. "Muss ich wirklich für jedes Meeting durch die Welt fliegen? Muss es eine EM in zwölf Ländern, die ich für eine Schnapsidee finde, geben? Wir müssen die Entwicklung der letzten Jahre im Fußball reflektieren und uns alle hinterfragen, ob man künftig nicht vielleicht manche Dinge anders regelt."
Reiter macht abschließend allen Fußball-Fans Hoffnung: "Wir werden Lösungen finden, die Krise gemeinsam meistern und auch wieder Fußball spielen. Die Bundesliga wird weiter existieren!"