Am Horizont erspäht Jonas Deichmann so langsam das Ende seiner ersten Monstertortur. "Ich freue mich schon riesig, wenn ich aus dem Wasser komme und endlich aufs Fahrrad steigen kann", sagte der Extremtriathlet dem SID, schwer gezeichnet von ersten Verschleißerscheinungen.
In 120 Ironmen um die Welt
© instagram.com/jonas_deichmann
Schnittverletzungen, offene Wunden am ganzen Körper, dazu plagt ihn eine geschwollene Zunge auf der historisch längsten unbegleiteten Schwimmstrecke - doch von seiner großen Mission kann ihn all das nicht abhalten.
Dabei sind die 456 Kilometer Schwimmen bloß der erste kleine Mosaikstein seines noch nie dagewesenen Projekts. Es folgen 21.600 Kilometer Radfahren und 5040 Kilometer Laufen - eine Weltreise in 120 Ironmen.
Deichmann hat alle Rekorde auf dem Fahrrad schon geknackt
Die Bestmarke für den längsten absolvierten Triathlon pulverisiert er dabei nach allen Regeln der Kunst. "Der längste Triathlon war einmal rund um Großbritannien. Ich werde den Rekord um das Fünf- bis Sechsfache schlagen", erklärt der Münchner.
Dabei hatte er bis vor einem Jahr mit Triathlon nichts am Hut. Fahrradfahren war seine große Leidenschaft, doch dort gingen ihm die zu brechenden Rekorde aus. Die Bestzeiten der drei großen Kontinentaldurchquerungen tragen alle seinen Namen. Etwas "Schwereres kann man auf dem Fahrrad nicht machen", betont Deichmann. Deshalb habe er eine neue Herausforderung gesucht.
Und geht nun dem ureigensten Trieb eines Abenteurers nach: "Einmal ohne Flugzeug um die ganze Welt reisen." Start war am 26. September in München, dann ging es mit dem Fahrrad bis nach Kroatien. Dort schwimmt Deichmann entlang der Adria-Küste, gut 100 Kilometer fehlen in seiner "ungeliebtesten" Disziplin noch bis zum Ziel in Dubrovnik.
Das Gepäck zieht der 33-Jährige auf einem speziell gefertigten Floß hinter sich her, zur Ruhe kommt er meist unter freiem Himmel in einem warmen Schlafsack am Strand.
Deichmann erlebt riesige Temperaturunterschiede
Zwischen dem 20. und 25. November folgt der Wechsel zu seiner Schokoladendisziplin, doch auch auf dem Rad warten unbekannte Herausforderungen. Wegen Corona-Einschränkungen bleibt Deichmann nur die Route über Sibirien - und das im Winter bei Durchschnittstemperaturen von minus 40 Grad.
Angst habe er aber nur vor Verkehr, erklärt der Extremsportler lachend. Tests in der Kältekammer der Deutschen Bahn bei minus 25 Grad seien gut verlaufen. "Ich darf einfach keine Dummheiten anstellen", so Deichmann: "Clever vorausplanen" und "niemals schwitzen" lautet das Motto.
Schließlich soll es im Februar dann per Segelboot nach San Francisco gehen. 120 Marathons von der West- zur Ostküste der USA stehen auf dem Plan - einschließlich Temperaturschock. In den Südstaaten wird es wohl über 80 Grad wärmer sein als in Sibirien, doch alles für einen Traum.
"In der Jugend war Forrest Gump mein Lieblingsfilm, wie er da durch das Monument Valley und die Prärie läuft. Seitdem möchte ich das auch machen", erklärt der Abenteurer.
Trotz stets lauernder Corona-Einschränkungen will der "Geschäftsreisende" in zwölf bis 14 Monaten zurück in München sein. "Ein Jahr Erholung" soll es anschließend schon geben, so Deichmann lachend: "Aber ich bin sicher, dass mir, bevor ich zurückkomme, eine verrückte Idee für ein neues Projekt einfällt."