Das Feuer brennt einfach nicht mehr.
Das unwürdige Ende eines Besessenen
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Kobe Bryant hat die Sportwelt mit seiner Rücktrittsankündigung überrascht. Die Lobeshymnen von NBA-Kollegen bis hin zu David Beckham waren vielfältig, nur die sportliche Entscheidung zweifelte niemand an.
Allein dieser Fakt sagt alles über die bisherige Saison des 37-Jährigen. Die "Black Mamba" hat nach zahllosen Verletzungen und im Trümmerteam der L.A. Lakers ihren Biss verloren. (Diskutieren Sie mit: Wo steht Bryant auf Ihrer All-Time-Liste)
"Ich musste einfach akzeptieren, dass ich das nicht mehr machen will. Das ist okay und zeigt mir, dass es die richtige Entscheidung ist. Mir wurde eine Last von den Schultern genommen", sagte Bryant.
Bryant verliert Gier nach Basketball
Der einstmals fast schon krankhaft besessene Wettkämpfer, der nicht einmal während der von Zen-Meister Phil Jackson erlernten Meditation Basketball vergessen konnte, will nicht mehr.
"Rückblickend war es das erste Zeichen für mich", erklärte Bryant. Konsequent ist die Entscheidung allemal, allein der Zeitpunkt der Verkündung überrascht, passt doch eine fröhliche Abschiedstour durch die NBA-Arenen eigentlich nicht zu dem äußerst ehrgeizigen Superstar.
Eine mögliche Erklärung ist seine schwindende Leistungsfähigkeit. Bryant spielt die schwächste Saison seit seinem Rookie-Jahr 1996/97 als er nur rund 15 Minuten Einsatzzeit bekam.
Wurfquoten desaströs
Vor allem die Wurfquoten sind erschreckend. Er nimmt sich zwar nach wie vor seine Würfe (knapp 17 pro Spiel), trifft aber aktuell nur 30 Prozent. Von der Dreierlinie ist gar nur jeder fünfte Versuch drin (Die NBA auf LIVE im TV auf SPORT1 US ).
MVP Steph Curry könnte seine nächsten 200 Versuche daneben setzen und hätte immer noch eine bessere Quote als der fünfmalige Champion. Zudem zieht Bryant auch kaum noch zum Korb. Nur noch 19 Prozent seiner Versuche gibt er in der Zone ab, dafür fehlt nach den vielen Verletzungen und 20 Jahren Knochenarbeit einfach die Fitness und Dynamik.
General Manager Mitch Kupchak attestierte ihm neben "dem fehlenden Tempo in der heutigen NBA" zudem eine gewisse Frustration, bevor er sich sofort korrigierte.
Nach der Abfuhr bei den Golden State Warriors raunzte Bryant die Journalisten an: "Ich hätte auch 80 Punkte machen können, es hätte keinen Unterschied gemacht."
Misere der Lakers gibt den Rest
Dass Bryant nicht glücklich ist, die letzten Momente seiner Karriere in den Niederungen der Liga zu verbringen, ist klar. Er nimmt auch kaum noch am Angriffsspiel teil, ganze 3,4 Assists im Schnitt belegen dies.
Zu Saisonbeginn hatte Bryant sogar zwischenzeitlich mehr Würfe als gespielte Pässe auf dem Konto. Der Neuaufbau der Lakers kommt für ihn zu spät - auch weil er im Gegensatz zu Dirk oder Tim Duncan nicht auf Geld verzichten wollte und einen Zweijahresvertrag über 48,5 Millionen Dollar aushandelte.
Damit band er seinem Team die Hände, weiter Verstärkungen zu holen. Von seinem mangelnden Einsatz, Pau Gasol oder Dwight Howard an seiner Seite zu halten, ganz zu schweigen.
Jordan wusste Bescheid
All das deutet auf ein unwürdiges Ende eines der größten Stars der NBA-Historie hin, der in der Tradition eines Michael Jordan ebenfalls seine Sportart überstrahlte.
Sein Idol verdrängte Bryant bereits in der vergangenen Saison von Rang drei der ewigen Scorerliste. Zu Jordan hatte er schon immer eine besondere Beziehung, entsprechend war die Legende einer der ersten Menschen, die von Bryants Rückzug erfuhren.
Die ständigen Vergleiche mit "His Airness" verfolgten Bryant. "Ich wollte nie der nächste Jordan sein, sondern immer der Bryant", sagte er einmal. Das ist ihm gelungen.
Seinen Platz im Basketball-Olymp hat er sicher. Aus dem lodernden Feuer ist aber ein kleines Flämmchen geworden, das im grauen Keller der Western Conference langsam ausbrennt.