Von Dean Walle
Zipser exklusiv: Jordan ist eine Riesen-Motivation
© SPORT1-Grafik: Paul Hänel / Getty Images und Imago
Außer Gefecht auf großer Reise: Paul Zipser, vom FC Bayern in die NBA gewechselt, muss seinen Chicago Bulls seit dem zweiten von sechs Auswärtspielen in Folge zuschauen.
26 Minuten, verteilt auf fünf Partien, stand der deutsche Nationalspieler bislang für das Überteam der 90er-Jahre auf dem Parkett, auf seine ersten NBA-Punkte wartet er noch.
Im SPORT1-Interview erklärt der 22-Jährige seine Rückenbeschwerden, seine Entscheidung für Chicago und den Geist von Michael Jordan.
Zudem spricht Zipser über Kontakte zu seinen Landsleuten Dirk Nowitzki, Dennis Schröder und Bundestrainer Chris Fleming.
SPORT1: Herr Zipser, müssen wir uns Sorgen um Ihren Rücken machen? (Die Highlights auf der NBA, NFL und NHL im Video auf SPORT1.de)
Zipser: Überhaupt nicht. Es war eine schlechte Bewegung im Training - und dann ist es reingefahren. Der Rücken ist einfach fest gewesen, sodass ich mich schlecht bewegen kann. Vielleicht hat auch das ganze Fliegen und Rumsitzen meinem Rücken ein wenig geschadet. Aber es wird schon besser, wir haben viel daran gearbeitet.
SPORT1: Auch vorher haben Sie wenig gespielt - ganz anders als bei Bayern und im Nationalteam. Wie gehen Sie damit um?
Zipser: Ich wusste genau, was auf mich zukommt. Deswegen bin ich überhaupt nicht überrascht oder traurig. Ich nehme das als Chance, an meinen Schwächen zu arbeiten - mit all den Trainern hier, die alle verschiedene Philosophien haben. Von jedem kann ich etwas lernen.
SPORT1: Warum haben Sie sich für die Bulls entschieden?
Zipser: Während der Draft-Nacht ging alles ganz schnell. Ich war zu Hause bei meiner Familie in Heidelberg. Meine Agenten haben mich angerufen und gesagt: Diejenigen wollen dich unter diesen Bedingungen haben, andere unter jenen. Chicago würde dich sofort nehmen. Dann habe ich gesagt: Okay, direkt nach Chicago. (DATENCENTER: Ergebnisse und Spielplan der NBA)
SPORT1: Inzwischen haben Sie da aber jede Menge Konkurrenz auf Ihrer Position.
Zipser: Als ich gedraftet worden bin, hatten die Bulls Derrick Rose bereits weggetauscht. In der Nacht habe ich dann kurz mit Fred [Head Coach Hoiberg] geredet. Er hat gesagt: "Wir werden in den nächsten Wochen einige Spieler an Land ziehen. Du wirst schon sehen." Als ich dann die ganzen News gehört habe, dass [Rajon] Rondo und [Dwyane] Wade kommen - das war schon krass.
SPORT1: Wie hoffen Sie, mehr Spielanteile zu erkämpfen?
Zipser: Um in die Rotation rein zu kommen, ist es ganz wichtig, defensiv kein Schwachpunkt zu sein, sondern dem Team Stabilität zu geben. Und offensiv will ich keine wilden Sachen machen, sondern einfach das, was ich kann: Gute Würfe, gute Entscheidungen, den Ball laufen lassen. Wenn es mal Chancen gibt, muss ich bereit sein. Die wären vielleicht in den vergangenen Spielen da gewesen, umso schlimmer, dass ich jetzt gerade ausfalle.
SPORT1: Gab es einen Moment, als Sie gedacht haben: Oh Gott, ich bin jetzt in der NBA angekommen?
Zipser: Ja, da gab es schon viele. Zum Beispiel im Locker Room, beim Nachdenken über das Spiel. Dann guckst du so rum und denkst dir: Wo bin ich hier eigentlich? Aber wir haben super coole Typen, das ist alles sehr locker. Das habe ich so nicht erwartet, als ich von Deutschland herkam und die ganzen Namen gelesen habe.
SPORT1: Bei den Bulls denkt jeder vor allem an Michael Jordan. Spüren Sie seinen Spirit?
Zipser: Den spürst du in der ganzen Stadt, ob du jetzt am Jordan-Steakhouse vorbeiläufst oder an seinen Trikots. Überall ist die 23 zu sehen. Auch im Trainingskomplex und in der Arena sind überall Bilder und Errungenschaften. Das ist schon eine Riesen-Motivation.
SPORT1: Wie ist der Kontakt zu den anderen Deutschen in der NBA und zu Bundestrainer Chris Fleming, der ja zugleich Assistant-Coach der Brooklyn Nets ist?
Zipser: Als wir in Brooklyn gespielt haben, habe ich kurz mit Chris reden können. In Atlanta [bei Dennis Schröders Hawks] waren wir auch schon. Da hat mir Dennis ein paar Sachen von seiner Lounge zugeschickt. Mit Dirk [Nowitzki] hatte ich vor der Saison Kontakt, aber jetzt auch nicht mehr. Alle sind fokussiert auf ihr eigenes Team und ihre eigenen Spiele alle zwei, drei Tage.
SPORT1: Können Sie sich von Nowitzki etwas abschauen?
Zipser: Klar. Seine Einstellung. Seine Arbeitsauffassung, da kann man auf jeden Fall einiges lernen.
SPORT1: Und von Schröder?
Zipser: Ich glaube, die geben sich nicht viel. Dennis ist auch ein sehr harter Arbeiter, und deswegen sind die beiden genau da, wo sie sind. Und ich will genau das gleiche machen, genauso arbeiten, damit ich mich in den nächsten Jahren hier etablieren kann.