Es ist der 1. November 1996, als Allen Ezail Iverson erstmals das NBA-Parkett betritt.
Als Iversons Stern aufging
© dpa Picture Alliance
Es ist der Tag, an dem der Stern eines der imponierendsten Basketballers der letzten Jahrzehnte aufgeht. Denn der erste Pick des NBA-Drafts 1996 gibt für die Philadelphia 76ers an diesem Freitag gegen die Milwaukee Bucks mit 30 Punkten und sechs Assists ein beeindruckendes Debüt.
Der pfeilschnelle Guard schafft es in seiner Debüt-Saison als einziger Rookie der Liga-Geschichte, in fünf Spielen hintereinander 40 oder mehr Punkte zu erzielen, und wird folgerichtig zum besten Neuling der Saison gewählt. Es ist der Beginn einer bemerkenswerten Karriere des kleinen Mannes mit großem Herz, dessen Einfluss über die Seitenlinie des Feldes hinausgeht.
Mutter Ann als entscheidende Figur
Eine Person hat bereits frühzeitig die Vision, dass es Iverson in die NBA schaffen wird: Ann Iverson. "Ich wusste, dass er ein Basketball-Spieler sein wird, als ich ihn getragen habe", sagt Iversons Mutter, die ihm zumindest die Lust am Basketball in die Wiege legte, bei The Undefeated.
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Denn sie ist ein begeisterter Basketball-Fan und spielt selbst in der High School – bis ihr Coach herausfindet, dass sie schwanger ist. Mit gerade 15 Jahren bringt Ann den kleinen Allen am 7. Juni 1975 zur Welt – und wird sofort in ihrer Vorahnung bestätigt.
"Seine Arme gingen über die Kniescheibe. Ich dachte, etwas wäre falsch mit ihm. Aber der Arzt meinte: 'Nein, er hat nur lange Arme.' Ich war glücklich und dachte mir: 'Nun, damit kann er gut Basketball spielen.' Es kam ihm gelegen", so Ann Iverson.
Doch auf dem Weg zum Basketball-Star stehen einige Hindernisse im Weg.
Football statt Basketball
Denn Iversons erste große Liebe heißt Football – zum Leidwesen der besorgten Mutter: "Ich konnte nicht zu den Football-Spielen gehen, bei denen sie mein Baby tackleten."
Eines Tages erklärt Mutter Iverson dem kleinen Allen, dass sie ihn ins Basketball-Training schicken will. Das missfällt dem kleinen Mann: "Basketball? Ich gehe nicht ins Basketball-Training. Basketball ist soft. Ich bin ein Footballer."
Doch Ann, die große Kraft aus ihrem Glauben zieht, kann ihn überzeugen – und Iverson merkt schnell, dass Basketball alles andere als soft ist. "Basketball war meine Liebe und ich bin einfach froh, dass er sich dazu entschieden hat", erzählt die Mutter.
Auf der Bethel High School in Hampton, Virginia, auf der auch seine Erzeugerin war, stellt Iverson Rekorde im Football und Basketball auf. Immer unterstützend an seiner Seite: Ann. "Ich habe Allen immer gesagt, dass ich seine Mutter bin, aber auch sein größter Fan", berichtet sie.
So steht die Familie eines Tages im Dunkeln da, weil Ann sich für ein neues Paar Basketball-Schuhe für ihren Sohn entscheidet – und gegen das Bezahlen der Strom-Rechnung.
Iverson im Gefängnis
Mit 17 Jahren muss Iverson ins Gefängnis, da er nach einem rassistischen Vorfall an einer Schlägerei beteiligt ist.
Nicht nur für die Mutter ein schwerer Schlag, sondern auch für Iversons (sportliche) Pläne. "Ich wurde von jeder Schule rekrutiert. Und mit einem Vorfall wurde mir alles weggenommen. Keine andere Schule, kein anderes Team hat mehr nach mir gefragt", erinnert sich Iverson.
Doch "The Answer" und seine Mutter haben immer eine Antwort auf die Widrigkeiten. Das zeigt auch die Mutter, die sich 2003 nicht vom Tod eines ihrer neugeborenen Zwillingskinder unterkriegen lässt.
An der Georgetown University bekommt er schließlich doch eine Chance – und bedankt sich erneut mit Schulrekorden. Der endgültige Startschuss für seine Basketball-Karriere.
Legendäre Pressekonferenz
Zwei Jahre nach seiner famosen Rookie-Spielzeit erhält Iverson die MVP-Trophäe und erreicht mit Philly das NBA-Finale, das gegen die Lakers verloren geht. 2002 gibt er nach dem Playoff-Aus eine bis heute legendäre Pressekonferenz, bei der er die Kritiker an seiner Trainingseinstellung immer wieder mit den Worten "talking 'bout practice" kontert.
Über Jahre macht sich Iverson als Scoring-Maschine einen Namen, auch wenn seine Wurfauswahl bisweilen fragwürdig ist. Vier Mal führt er die NBA nach Punkten an - als 1,83-Meter-Mann in einer Liga mit vielen Giganten. Auch als Stil-Ikone, als Symbol der Hip-Hop-Kultur, hinterlässt er mit seinen Baggy-Klamotten, Rap-Songs, Tattoos und Cornrows nachhaltig Eindruck - und sorgt sogar dafür, dass die NBA einen Dress-Code einführt. Auch seine Spielweise und sein Herz sind für einige Guards inspirierend.
Seine Zeit bei den Sixers endet 2006 nach zehn Saisons frustrierend. Iverson wird per Trade zu den Denver Nuggets geschickt. Doch weder dort noch bei den Detroit Pistons und den Memphis Grizzlies, wo er 2008 und 2009 sein Glück versucht, wird A.I. wirklich glücklich. Zur Saison 09/10 kehrt Iverson nach Philadelphia zurück - es soll seine letzte Station in der NBA sein. Ende 2010 folgt ein kurzer Abstecher nach Istanbul, ehe er im Oktober 2013 endgültig sein Karriereende verkündet.
2016 folgt dann das bisher letzte Highlight. Iverson wird als eines von zehn neuen Mitgliedern in die Hall of Fame aufgenommen - sehr zur Rührung seiner Mutter: "Allen hat dem Basketball sein Herz gegeben. Er hat gezeigt, dass ein kleiner Mann ein großer Mann sein kann."
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