Familiäre Atmosphäre, Nähe zur Konkurrenz, kurze Wege: All das lässt aktuell Österreichs Speed-Fahrer erschauern. Das gediegene "House of Swiss" und das rustikale "Österreich-Haus" liegen bei der Ski-WM in Vail keine fünf Minuten Fußweg auseinander.
Ein Schweizer King in Österreichs Domäne
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Am Samstagabend ging im einen die Nacht noch lang, im anderen dafür das Licht umso früher aus. Die Schweizer feierten das Gold von Patrick "King" Küng, dem neuen Weltmeister in der Abfahrt, dazu Bronze von Beat Feuz.
Mayer bester Österreicher als Zwölfter
Die Österreicher beklagten das fürchterlichste Debakel ihrer WM-Geschichte in der alpinen Königsdisziplin. Ihr Bester war erst auf Rang 12 zu finden - und Matthias Mayer ist immerhin Olympiasieger.
"Unglaublich, aber wahr", stellte die Kronenzeitung nach der Serie aus "Pleiten, Pech und Pannen" völlig fassungslos fest. Der bisherige "Schandfleck" war die WM 1987 in Crans-Montana, Schweiz, damals belegte Leonhard Stock Platz acht.
Feuz freuen Prügel für Austria
Und jetzt das, eine Demütigung, nach diesem furiosen Start in die WM mit Gold und Silber für Anna Fenninger in Abfahrt und Super-G und Gold für Hannes Reichelt ebenfalls im Super-G. Reichelt kam in der Abfahrt auf Rang 13. Weshalb der vergnügte Feuz genüsslich anmerkte: "Die Schweizer verprügeln die Österreicher."
Tatsächlich schauten nicht nur die Österreicher fassungslos die äußerst herausfordernde Piste "Birds of Prey" hinauf. Der Norweger Kjetil Jansrud, Super-G-Olympiasieger, Saisonbester in Abfahrt und Super-G, belegte Rang 15, war 0,14 Sekunden schneller und zwei Plätze besser als der beste Deutsche Andreas Sander.
"Ich kann mir nicht erklären, warum ich so langsam war", sagte Jansrud. Selbst Landsmann Aksel Lund Svindal, der nach dem Super-G (6.) gerade sein zweites Rennen nach einem Achillessehnenriss bestritt, war erneut als Sechster besser.
"Ein bisserl überraschend"
DSV-Alpindirektor Wolfgang Maier bezeichnete die Ränge 17, 22 und 27 für die WM-Debütanten Sander, Josef Ferstl und Klaus Brandner als "nicht schlecht", das Ergebnis ansonsten als "ein bisserl überraschend".
Zumal sich zwischen die zwei Schweizer noch der Amerikaner Travis Ganong quetschte: Keiner der drei Erstplatzierten hatte bislang eine Medaille gewonnen. "Es hat viele Verlierer gegeben", erklärte Maier: "Die Österreicher haben eine brutale Schlappe bekommen, die Italiener haben brutal abgekackt."
Die Schweizer dagegen wirkten ein wenig so, als könnten sie ihr Glück kaum fassen. "Schweizer Abfahrts-Wahnsinn", titelte etwa das Boulevardblatt Blick.
Zuletzt 1997 Gold für die Schweiz
In der alpinen Königsdisziplin hatten die Eidgenossen zuletzt 1997 bei der WM in Sestriere den Besten gestellt, Bruno Kernen. Und nun gewann einer, der sich in den Trainingsläufen erst hatte qualifizieren müssen für das Schweizer Team.
Verständlich, dass Küng gleich nach einem Rennen "wie im Traum" überraschend übermütig im Zielraum eine riesige Flasche Schampus verspritzte.
Küng hat zwei Weltcupsiege, einen davon am Lauberhorn, und weitere drei Podestplätze, aber bei den Rennen um Medaillen wollte es nie klappen. Der Erwartungsdruck in der skibegeisterten Schweiz machte ihm einigermaßen zu schaffen, oft auch gesundheitliche Probleme.
Pech für Küng bei Großereignissen
Zuletzt bei Olympia 2014, als er eigentlich "so gut drauf war wie nie", bis dann vor Ort wieder mal das Pech zuschlug. "Bei Großanlässen", sagte er, "ist es bisher immer nach hinten losgegangen - wortwörtlich." In der Tat: In Sotschi hatte er eine Magen-Darm-Grippe.
Küng ist bereits 31 Jahre alt, die Deutschen Sander (25), Ferstl (26) und Brandner (25) sind im Vergleich dazu beinahe noch zu grün für Abfahrer. Bei der gnadenlosen Art und Weise, wie international gefahren werde, "müssen wir schon noch ein bisschen zulegen, bis wir da wirklich ganz vorne dabei sind", sagte Maier nach der WM-Premiere des Trios.
Wie man einen Weltmeister feiert, hätten die Deutschen ohne Probleme schon mal herausfinden können. Das "House of Swiss" ist Teil des Hotelkomplexes, in dem auch der DSV Quartier bezogen hat.