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Wie falscher Stolz in einer Tragödie endete: "Es gab nie einen größeren Racer"

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Wie falscher Stolz in einer Tragödie endete: "Es gab nie einen größeren Racer"

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“Gab nie einen größeren Racer“

Am 8. Mai jährt sich zum 42. Mal der Todestag von Gilles Villeneuve. Der Kanadier verunglückte beim Qualifying zum Großen Preis von Zolder tödlich. Zum Verhängnis wurde ihm falscher Stolz.
Nach dem Unfall war Villeneuves Ferrari ein einziges Wrack
Nach dem Unfall war Villeneuves Ferrari ein einziges Wrack
© Imago
Manuel Habermeier
Manuel Habermeier
von Manuel Habermeier

„Gewiss gibt es erfolgreichere Rennfahrer, aber es hat bestimmt nie einen größeren Racer gegeben als Gilles Villeneuve.“

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Mit diesen Worten adelte der ehemalige Formel-1-Pilot Johnny Herbert den Kanadier, der am 8. Mai 1982 im Qualifying zum Großen Preis von Belgien in Zolder tödlich verunglückte.

Doch der Satz ist nicht nur eine Charakterisierung Villeneuves, sondern erklärt gleichzeitig auch, warum es zu dem Unglück kam. Villeneuve, der Vater des späteren Weltmeisters Jacques Villeneuve, konnte es nicht akzeptieren, dass ein anderer Fahrer schneller war als er - vor allem nicht, wenn dieser Fahrer sein Teamkollege Didier Pironi war.

Seit dem Rennen in San Marino zwei Wochen zuvor herrschte zwischen den beiden Ferrari-Piloten Funkstille. Dort war Villeneuve als Führender auf dem Weg zum Sieg, als von der Box das Kommando ‘Slow‘ kam. Die Ferraris sollten Sprit sparen.

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Gleichzeitig ging Villeneuve davon aus, dass dies auch ein Überholverbot bedeutete. Pironi hingegen zog in der letzten Runde an seinem Teamkollegen vorbei und schnappte ihm so den sicher geglaubten Sieg vor der Nase weg.

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Diskussion selbst innerhalb der Scuderia

Selbst innerhalb der Scuderia wurde kontrovers über diese Aktion diskutiert. Der damalige Ferrari-Rennleiter Marco Piccinini erklärte klipp und klar: „Ferrari hat nie Stallorder! Erst wenn es direkt um den WM-Titel geht, geben wir unseren Fahrern Empfehlungen - vorher nur Vorschläge.“

Der legendäre Ferrari-Gründer Enzo Ferrari hingegen stand auf Villeneuves Seite. „Pironi hat den Boxenbefehl nicht befolgt, Villeneuve hatte also Grund zur Beschwerde.“

Gilles Villeneuve  (l.) spricht mit Jackie Stewart (r.) in Imola nach dem Skandal mit Didier Pironi
Gilles Villeneuve (l.) spricht mit Jackie Stewart (r.) in Imola nach dem Skandal mit Didier Pironi

Das Opfer selbst verzichtete sogar auf seine Ehrenrunde und verließ direkt nach der Siegerehrung die Rennstrecke. Der 32-Jährige schwor sich, nie wieder ein Wort mit Pironi zu wechseln.

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Ein Versprechen, welches sich auf tragische Weise erfüllen sollte.

Villeneuves Stolz führt zur Tragödie

Im Qualifying in Zolder hatte der Franzose rund 15 Minuten vor dem Ende eine neue Bestzeit aufgestellt. In 1:16,501 Minuten hatte er den 4,011 km langen Circuit Zolder umrundet. Damit war er 0,115 Sekunden schneller als der bis zu diesem Zeitpunkt führende Villeneuve.

Rang zwei hinter seinem Teamkollegen ließ Villeneuves Stolz nach den Vorkommnissen in San Marino jedoch nicht zu. Er ignorierte die Aufforderung seiner Crew, nach der Outlap in die Box zu kommen und setzte mit abgefahrenen Quali-Reifen zu einer erneuten schnellen Runde an.

„Ich glaube, er stand in Zolder unter massivem Druck, Pironi zu schlagen, der in der Qualifikation schneller war als er“, versuchte sich Jody Scheckter in einer Erklärung für Villeneuves Verhalten. Der Südafrikaner war 1979 und 1980 Teamkollege des Kanadiers.

Kurve sechs wird Villeneuve zum Verhängnis

In der Hochgeschwindigkeitskurve Butte, Kurve sechs, fuhr er auf Jochen Mass auf. Der Deutsche in Diensten des britischen Rennstalls RAM befand sich auf seiner Auslaufrunde.

„Nachdem ich meine Quali-Runde gefahren hatte, rollte ich daher recht langsam Richtung Boxengasse. Direkt auf der Kuppe kurz hinter einer Brücke sah ich im Rückspiegel einen Ferrari heranbrausen“, beschrieb er später im Buch Rennfahrertod: 50 tragische Helden im Porträt diesen Moment.

Um dem schnelleren Villeneuve Platz zu machen, wich er nach rechts aus um die linke Spur, die schnellere, frei zu machen. Villeneuve entschied sich jedoch ebenfalls für die rechte Seite und das Unglück nahm um 13.52 Uhr seinen Lauf.

Der Ferrari berührte mit dem linken Vorderreifen das Heck des RAM-Boliden und hob direkt ab. Danach knallte der Rennwagen hart auf den Asphalt und überschlug sich mehrfach. Villeneuve wurde aus dem Cockpit katapultiert und landete ohne Helm im Fangzaun.

Mass und andere Fahrer hielten, um zu helfen. Nur wenig später war ein Arzt vor Ort und versorgte den bewusstlosen Villeneuve, elf Minuten später war dieser bereits auf dem Weg ins Universitätsklinikum in Löwen. Dort wurde eine Fraktur des zweiten und dritten Halswirbels sowie die Durchtrennung des Rückenmarks festgestellt.

Um 21.12 Uhr wurde Villeneuve offiziell für tot erklärt.

Jacques Villeneuve und das Gedenken an seinen Vater

Dessen Sohn Jacques erinnert sich noch gut an diesen Tag. Seine Mutter hatte ihm ein Videospiel gekauft. Als sie zuhause ankamen, klingelte das Telefon.

„Ich wusste sofort, dass etwas nicht stimmte“, erzählte der Weltmeister von 1997 bei CNN und fügte hinzu: „Als er starb, übernahm ich die Rolle des Mannes im Haus. Das gab mir die Kraft und Stärke, die mich später zu jenem Rennfahrer gemacht hat, der ich geworden bin. Auf traurige Art und Weise war es also förderlich für mich, dass mein Vater gestorben ist.“

Bis zu seinem Unfall absolvierte Gilles Villeneuve 67 Formel-1-Rennen, von denen er sechs gewann. Der WM-Titel blieb dem Mann aus Saint-Jean-sur-Richelieu verwehrt. „Gilles hätte 1982 die Meisterschaft gewinnen können und Ferrari war durchaus fähig“, sagte Scheckter über die Unglückssaison.

Aber das Schicksal hatte andere Pläne.