Von Thorsten Langenbahn
Einheizer Reus genießt still
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Dieser Pass. Per Außenrist, aus dem Fußgelenk, mit viel Gefühl, großartiger Übersicht, perfektem Timing.
Allein dieser Assist zum 3:2 war für die 80.200 Zuschauer das Eintrittsgeld beim 4:2-Erfolg von Borussia Dortmunds gegen Mainz 05 wert.
"Unglaublich. Aber das ist Marco Reus", sagte der Traumpass-Empfänger Pierre-Emerick Aubameyang, der ebenfalls perfekt gelaufen war. "Einfach weltklasse, was er spielt", lobte Nuri Sahin den Passgeber.
"Man muss sich nur seine Statistik angucken, die ist frech", meinte Sahin anerkennend. "Ich bin froh, dass er sich für uns entschieden hat", so der Mittelfeldspieler.
50. Pflichtspieltor für den BVB
Reus war drei Tage nach seiner aufsehenerregenden Vertragsverlängerung am Freitagabend der umjubelte Star - vor, im und nach dem Spiel.
Er war sozusagen der Einheizer für eine Dortmunder Freudenwoche.
Mit seinem Treffer zum 2:1 hatte er den BVB zurück auf die Siegerstraße gebracht, mit seinem Traumpass in der 71. Minute die erneute Wende eingeleitet.
Und dabei seine eigene Statistik weiter aufgemotzt: Sein Treffer in der 55. Minute war sein 50. Pflichtspieltor für Dortmund seit seinem Wechsel von Mönchengladbach im Sommer 2012. Gegen Mainz absolvierte er wieder einmal die meisten Sprints (35) aller Akteure, gab zusammen mit Aubameyang die meisten Torschüsse (5) ab.
Doch nach dem Spiel kommentierte der Nationalspieler seine Leistung und die der Mannschaft nicht. "Nee, tut mir leid", sagte der 25-Jährige nur zu den wartenden Journalisten und steuerte mit tief ins Gesicht gezogener Kapuze direkt auf den Ausgang des Kabinentrakts zu.
Beide Fäuste Richtung Südtribüne
Auf dem Platz hatte Reus zuvor Taten sprechen lassen. Nach seinem Treffer ballte er kraftvoll beide Fäuste in Richtung Südtribüne - die Vertragsverlängerung bedeutete für den gebürtigen Dortmunder ebenfalls eine Erlösung.
Das Ende der Spekulationen um seine Zukunft und sein Bekenntnis zum Verein, sie brachten auch die erhoffte Signalwirkung im Abstiegskampf.
Der zweite BVB-Sieg in Folge glich dennoch wieder einer Achterbahnfahrt – so wie schon die gesamte Hinrunde und der Auftakt ins neue Jahr. "Ich bin fix und fertig und total erleichert. In der ersten Halbzeit wirst du ja bescheuert. Mainz hat eine Chance und macht direkt das 1:0, dann vergeben Marco Reus und Shinji Kagawa im direkten Gegenzug knapp den Ausgleich - mein lieber Mann", sagte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke.
Gündogan: "Die Nerven behalten und ruhig bleiben"
Die Spieler gaben sich gelassener. "Wir gehen damit nüchtern um", sagte Nuri Sahin zu SPORT1 über das Auf und Ab in der jünsten Zeit. "Auch gegen Augsburg war nicht alles katastrophal, aber da waren wir ratlos", so der 26-Jährige. "Heute stehe ich hier und bin nicht ratlos. Das ist cool", sagte er mit einem Grinsen.
Gegen Mainz war die Borussen-Elf trotz des frühen Rückstandes und altbekannter Unsicherheiten in der Folge nicht eingebrochen. "Wir haben uns in der Halbzeit alle gegenseitig gesagt, dass wir die Nerven behalten und ruhig bleiben müssen", berichtete Ilkay Gündogan.
Auch vom 2:2-Ausgleich ließen sich die Schützlinge von Trainer Jürgen Klopp nicht schocken. "Das hat uns in den letzten Wochen gefehlt, mit Rückschlägen innerhalb des Spiels umzugehen und zurückzukommen", so Gündogan.
Klopp spricht von Sechs-Punkte-Spiel
Trotz des vorübergehenden Sprungs auf Rang 14 war bei den BVB-Spielern keine Euphorie zu spüren. "Wir müssen auf dem Boden der Tatsachen bleiben", sagte Aubameyang, der nach seinem achten Saisontor diesmal nicht zum Salto abhob.
"Jetzt ist es wichtig, dass wir so weitermachen", meinte auch Shinji Kagawa. "Wir müssen als Mannschaft dran bleiben und weitere Siege einfahren", forderte der Japaner.
"Es war ein Sechs-Punkte-Spiel, das wir gewonnen haben. Durch den Sieg konnten wir zu Mainz aufschließen", sagte Jürgen Klopp. "Jetzt müssen wir weiter Konstanz in unsere Leistung bringen. Die nächsten Spiele werden nicht einfacher."
Schon am Freitag geht es für Klopps Spieler zum Kellerduell beim abstiegsbedrohten VfB Stuttgart. (Spielplan)
Hofmann zwischen Ärger und Freude
Klopps positivste Erkenntnis wird sein, dass sich sein Team in der zweiten Halbzeit endlich wieder auf das konzentriert hat, was es ja eigentlich ganz gut kann: Fußball spielen. Nicht zuletzt dank eines überragenden Spielers mit der Nummer 11.
Das musste auch der Gegner anerkennen. "Sie haben es am Ende gut gespielt", sagte Jonas Hofmann, für ein Jahr vom BVB an die Nullfünfer ausgeliehen.
"Klar freue ich mich auch für Dortmund, aber es überwiegt der Ärger über die Niederlage", stellte Hofmann fest. Er wird froh sein, in der nächsten Saison wieder mit - und nicht gegen - Marco Reus anzutreten.