Markus Gisdol wirkte ganz ruhig, als er während der Pressekonferenz auf dem Podium saß. Doch seine Worte waren deutlich.
Gisdols überlegter Rundumschlag
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"Ich glaube, dass es für die Mannschaft und den Verein aktuell eine sehr, sehr schwierige Situation ist", sagte der Trainer des Hamburger SV nach der 2:5-Niederlage gegen Borussia Dortmund. "Ich sage auch, warum sie besonders schwer ist: Weil die Erwartungshaltung vor der Saison für unsere Mannschaft in einem nicht angemessenen Maß aufgestellt wurde."
Angriff auf die HSV-Führung
Gisdols Aussagen waren wohlüberlegt. Sie waren auch in Richtung der HSV-Oberen gerichtet. Der umstrittene Geldgeber Klaus-Michael Kühne hatte vor der Saison Platz sechs bis acht als Ziel ausgegeben.
"Das ist das größte Problem für unser Team aktuell. Von der Erwartungshaltung, die da oben ist, auf die Realität zu schauen", sagte Gisdol, der seit Ende September auf der HSV-Bank sitzt und seitdem nur einen Punkt aus fünf Spielen geholt hat.
Die Realität für seine Mannschaft, das sei "nichts anderes als reiner Existenzkampf in dieser Saison. Das muss jedem spätestens heute 100 Prozent klar geworden sein und die Träumereien aufhören", appellierte der 47-Jährige für mehr Realtitätsnähe.
Wegen der überzogenen Erwartungen habe der HSV "ein Stück weit einen Nachteil gegenüber den Mannschaften, die ebenfalls um die Existenz kämpfen, wie Darmstadt, Ingolstadt oder wer auch immer. Die haben vor der Saison nichts anderes gehabt als dieses Ziel zu erreichen. Hier war die Erwartungshaltung eine andere."
Appell an die Fans
Damit sprach Gisdol auch den Hamburger Anhang an. Er habe zwar "auch Verständnis für die Pfiffe und wenn die Mannschaft dann ausgebuht wird, aber diese Sachen helfen uns überhaupt nicht."
Alle müssten sich "bewusst werden, dass wir es nur schaffen, wenn wir die Situation zu 100 Prozent annehmen. Das geht nur, wenn wir es gemeinsam anpacken und der Situation so in die Augen schauen, wie sie tatsächlich ist."
Kritik an den Spielern
Auch die Spieler bekamen ihr Fett weg - wenn auch nicht auf der Pressekonferenz. Als Gisdol auf die Kritik von Kapitän Johan Djourou angesprochen wurde, der Probleme wegen der Systemumstellung in der Abwehr beklagt hatte, antwortete der Chefcoach der Hamburger Morgenpost:
"Jeder Profi sollte in der Lage sein, eine Dreierkette zu spielen. Das gehört zur Grundordnung des Fußballs. Jeder Nachwuchsspieler lernt das. Bei diesen Fehlern hätten wir auch mit einer Viererkette Probleme gehabt."