Es gab Zeiten, da machte es den Anschein, dass der FC Bayern seine Spieler danach auswählte, wie oft sie ihren Gegner zu Boden grätschten. 

Jens Jeremies war unangefochtener Anführer dieser Spezies, kurze Zeit später kam ihm ein gewisser Mark van Bommel ziemlich nahe. Und an guten Tagen hatte auch Michael Tarnat in dieser Hinsicht einiges zu bieten. 

Die Reihe der Aggressive Leader an der Säbener Straße wäre um ein Haar durch ein weiteres hochqualifiziertes Mitglied erweitert worden: 2008 stand der europaweit gefürchtete Gennaro Gattuso kurz vor einem Wechsel zum deutschen Rekordmeister. 

"Zu 95 Prozent einig mit Bayern"

"Bayern und ich waren uns zu 95 Prozent einig. Ich habe alles versucht, zu den Bayern zu kommen. Wenn ich nach zehn Jahren Milan verlassen hätte, dann nur zu Bayern", sagte er später einmal in einem Interview.

Uli Honeß höchstpersönlich hatte die Verhandlungen seinerzeit vorangetrieben. Allerdings kam ihm damals jemand in die Quere, mit dem er heute vertrauensvoll zusammenarbeitet: Carlo Ancelotti, inzwischen Trainer bei den Münchnern. 

Der Italiener coachte damals noch den AC Milan, bei dem Gattuso seit einer Dekade unter Vertrag stand. Seinen damaligen Spieler bezeichnete Ancelotti in einem Interview mal als "Bruder, obwohl ich Trainer war. Ich habe ihm Dinge erzählt, die habe ich sonst niemandem anvertraut."

Als Trainer Ancelotti also Wind davon bekam, dass es seinen Spieler Gattuso nach München zieht, dachte er sich mit Milan-Boss Adriano Galliani einen besonderen Plan aus, um den wechselwilligen Profi von einem Transfer abzubringen.

Gattuso im Vereinsmuseum eingesperrt

Die tz erinnert an diese kuriose Anekdote: "Gemeinsam mit Galliani sperrte er (Ancelotti, Anm. d. Red.) seinen Kicker fünf Stunden im Vereinsmuseum ein und überzeugte ihn von einem Verbleib."

Freiheitsentzug für die Liebe zu Milan. Die unorthodoxe Maßnahme zeigte Wirkung. Kurz darauf verkündete Gattuso seinen Verbleib in Mailand und sagte den Wechsel nach München ab.

Gegenüber dem Rekordmeister gab er sich seinerzeit kleinlaut. "Ich habe in München bestimmt keine 'bella figura' abgegeben. Das sah alles doof aus. Dafür schäme ich mich auch", sagte er in der Sport Bild. "Der Eindruck muss entstanden sein, dass ich das Bayern-Angebot nur benutzt habe, um bei Milan mehr Geld rauszuholen. Ich schwöre: Das war nicht der Fall!"

Es folgte eine Entschuldigung an Uli Hoeneß. Wenn der damals schon geahnt hätte, wer wirklich hinter dem geplatzten Deal steckte.