Aus dem Stadio Olimpico berichten Mathias Frohnapfel, Christian Ortlepp und Stefan Kumberger
Guardiola-Fußball in Perfektion
Die müden Helden registrierten die Huldigung, den tosenden Beifall, mit zufriedenen Blicken.
Das Mitternachtsbankett im Luxushotel "Parco dei Prinicipi" war der Abschluss einer spektakulären Nacht, der 7:1-Triumph beim AS Rom in der Champions League (Bericht) wird den Bayern-Profis lange in Erinnerung bleiben.
Der FC Bayern zauberte nicht nur wie von der Muse geküsst, sondern er zeigte eine spielerische Reife, die ohne Trainer Pep Guardiola unvorstellbar wäre.
"Ich denke, dass das die beste erste Halbzeit unter Guardiola war", sagte dazu Jerome Boateng auf SPORT1-Nachfrage.
Bayerns Halbzeit-Wahnsinn bei SPORT1.fm
Seit 2013 hat Guardiola in München das Sagen, seitdem impft der Spanier seinen Mannen Positionsspiel und hohes Verteidigen ein. Das Ergebnis dieser hartnäckigen Arbeit war in Roms Olympiastadion zu bestaunen.
"Wir haben unsere Chancen genutzt, das hat schon gut ausgesehen", kommentierte Boateng.
Lahm preist Variabilität
Und Philipp Lahm, der sich wie sechs weitere Spieler SPORT1-Note 1 verdiente, würdigte ausdrücklich Guardiola als Architekten dieses neuen Kunstwerks von Rom.
"Er hat uns super eingestellt, wir wussten, was auf uns zukommt, wo wir Räume haben würden", sagte Lahm. Und der Kapitän analysierte auch, was Bayerns neue Stärke noch ausmacht.
"Wir sind variabler geworden in unserer Spielweise, wir haben mit einer Dreierkette begonnen, dann umgestellt in der Halbzeit, weil der Gegner umgestellt hat."
Die Münchner taktisch überlisten zu wollen, scheint derzeit ein Ding der Unmöglichkeit.
Rom fehlen die Mittel
Fußball unter Anleitung von Baumeister Pep wirkt im Moment so leicht wie den Inhalt eines Überraschungseis nach Bauplan zusammenzufügen. Tack, tack, tack.
"Der AS Rom hat genau das gemacht, was wir vorher besprochen haben", stellte Torschütze Thomas Müller mit spürbarer Bewunderung für Guardiola und seine Taktikspäher Carles Planchart und Co. fest.
Mit einem dicken Verband ums Knie plauderte Müller mit den Reportern. Ein Schlag mit einem Stollen, mehr nicht, wiegelte er ab, ehe er weiter über die Römer (Un-)tugenden sprach.
"Sie haben sich nicht umgestellt für uns, sondern versucht flach hinten rauszuspielen." Rudi Garcia, vor der Partie noch selbstsicherer Roma-Trainer, war überlistet worden.
"Die Plünderung Roms"
Die "Gazzetta dello Sport" schrieb daher auch erbarmungslos vom "Sacco di Roma" und erinnerte so an die historische Plünderung Roms im 16. Jahrhundert. In der ewigen Stadt müssen es eben ganz große Vergleiche sein.
Der Chefplünderer genoss den Abend beim Bankett mit seinem Team, ordnete ihn trotz der Champagnerlaune aber wesentlich nüchterner ein.
"Es gibt keine gute Taktik ohne gute Spieler", sagte der Katalane bei "Sky": "Wir haben sehr aggressiv gespielt, gute Entscheidungen getroffen und die richtigen Räume gefunden."
Bayern soll hoch verteidigen, so wünscht es sich Senor Guardiola. In Rom taten die Profis es, mit Überzeugung. Trotz der Angst vor Ballverlusten und Kontern rückte das Team komplett auf, erdrückte so den italienischen Vizemeister.
Und noch ein weiterer Grund führte zu Roms höchster Heimniederlage in der Champions League: Ohne Länderspielreisen funktionieren Bayerns Routiniers Philipp Lahm und Xabi Alonso in der Mittelfeldzentrale bestens, Gegenmittel sind rar.
Die prominent besetzte Gruppe E mit der Roma, Manchester City und ZSKA Moskau, der FCB nimmt sie mit Leichtigkeit. Neun Punkte nach drei Spielen. Jetzt noch ein Sieg im nächsten Heimspiel gegen Rom und das Achtelfinale wäre vorzeitig gesichert (DATENCENTER: Ergebnisse und Tabelle).
Ersatztorhüter als einzige Sorge
Überheblichkeit musste man bei den Bayern-Profis trotzdem mit der Lupe suchen.
"Lasst uns mit den Füßen am Boden bleiben", warb nicht nur der glänzend aufgelegte Doppeltorschütze Arjen Robben.
In der Bundesliga wartet schließlich jetzt das Gipfeltreffen in Gladbach (So., ab 17.15 Uhr im LIVE-TICKER). Die Torwartsituation ist außerdem angespannt, nachdem sowohl Pepe Reina als auch Tom Starke längere Zeit ausfallen. Im Stadio Olimpico war daher Greenhorn Leopold Zingerle als möglicher Ersatz für Manuel Neuer dabei.
Doch Neuer ist pumperlgesund, wie sie in Bayern sagen, überragte zudem mit einigen Weltklasseparaden.
Stippvisite beim Papst
Gemeinsam mit seinen Teamkollegen macht sich Neuer am Mittwoch auf zur Audienz bei Papst Franziskus.
Für Neuer ein außergewöhnlicher Termin.
"Als Kind war ich mal bei einem Papstbesuch im Parkstadion", erzählte er mit einem Schmunzeln, "jetzt komme ich ihm ein bisschen näher."