Es war eine außergewöhnliche Niederlage, einerseits.
Favres Krise weckt böse Erinnerungen
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Nicht weniger als drei Elfmeter handelte sich Borussia Mönchengladbach bei der 0:3-Niederlage beim FC Sevilla ein. Und groß war hinterher der Zorn der Gladbacher über die Art und Weise, wie ihr Champions-League-Auftaktgegner das bewerkstelligte.
Als "besten Schauspieler der Welt" schmähte Trainer Lucien Favre Sevillas Vitolo, der zwei der Strafstöße herausholte. Während Andre Hahn zürnte, die Gastgeber wären "bei jeder Aktion gefallen, haben protestiert und geschrien".
Es ist trotzdem nicht so, dass die Borussia sich an diesem Abend als Opfer besonderer Umstände fühlen konnte. Zu deutlich setzten sich in Sevilla all die Dinge fort, wegen derer sich der Tabellenletzte der Bundesliga immer tiefer in der Krise verheddert.
"Sevilla vernichtet ein kraftloses Gladbach, das niemals ein Rivale war", schrieb die Sportzeitung Estadio Deportivo aus Sevilla. Und hatte recht.
Schonungslose Selbstanalyse
"Jeder hat mit sich selbst zu tun, jeder macht einfachste Fehler", stellte Ersatzkapitän Tony Jantschke fest: "Jeder muss zusehen, dass er diese Fehler wieder minimiert - aber das ist natürlich nicht einfach ohne Selbstbewusstsein."
Kein Außenstehender könnte schonungsloser beschreiben, wie sich der Gladbacher Anti-Lauf gerade selbst in Gang hält. Er ist so längst über seinen Ursprung hinausgewachsen.
Der Ursprung ist bekannt: Favre hat mehrere Schlüsselspieler verloren - Christoph Kramer und Max Kruse haben den Klub verlassen, weitere Stützen wie Alvaro Dominguez und Martin Stranzl sind (wieder) verletzt. Und es ist Favre noch nicht gelungen, die Mannschaft neu zu verdrahten. Trotz oder wegen zahlreicher Rotationen, mit denen er es versucht.
Die Neuen als Sorgenkinder
Zumal genau die Spieler, die die Abgänge ersetzen sollten, mit die größten Sorgen machen: Josip Drmic war gegen Sevilla zum vierten Mal in Folge nur Joker und steht mehr und mehr unter Luuk-de-Jong-Verdacht - dem Verdacht, dass er sich als Missverständnis entpuppt.
Und Lars Stindl, der als Kramer-Erbe auch noch nicht gezündet ist, erlebte in Sevilla seinen Tiefpunkt: Er leitete durch einen Ballverlust die Situation ein, die zum ersten Elfmeter führte. Danach gelang ihm nichts mehr.
Favre sollte bekannt vorkommen, was seine Mannschaft gerade durchmacht. Schon mehrmals hatte er seine Mühe damit, ein Team nach dem Abgang mehrerer Leistungsträger neu zu ordnen.
Neuordnung - bei Favre generell ein Problem
2012 gingen Marco Reus, Dante und Roman Neustädter, Neuzugänge wie Dominguez und Granit Xhaka brauchten lange, um im System Favre anzukommen oder schafften es - Luuk de Jong - gar nicht. Gladbach rutschte von den Champions-League-Rängen ins Mittelfeld ab.
Diesmal läuft alles noch eine Nummer härter ab, die Ergebnisse erinnern an Favres Endzeit bei Hertha BSC. Da kassierte er 2009 wenige Wochen nach einer starken Vorsaison und Abgängen mehrerer Leistungsträger sieben Niederlagen in den ersten sieben Saisonspielen und musste gehen.
Der Kopfmensch Favre hinterließ seinerzeit einen recht hilflosen Eindruck, wirkte in der sich selbst nährenden Krise nicht mehr unbedingt wie der richtige Trainer am richtigen Ort.
In Gladbach ist die Lage anders, Favres Position ist trotz fünf Pflichtspielpleiten in Folge weit gefestigter, "unrauswerfbar" nannte ihn eben erst Manager Max Eberl.
Langsam ist der Schweizer nun trotzdem gefordert, den Krisentrainer in sich zu entdecken. Am besten rechtzeitig vor dem kommenden Spiel: dem Derby in Köln.