Bastian Schweinsteiger ist aus der Nationalmannschaft zurückgetreten und das ist gut so.
Ein Großer geht durch die Vordertür
© SPORT1-Grafik: Eugen Zimmermann/Getty Images
Schweinsteiger wird am kommenden Montag 32 Jahre alt. Das allein ist wahrlich kein Grund, eine Länderspielkarriere zu beenden. Doch die von Schweinsteiger begann schon vor zwölf Jahren, mit einem 0:2 gegen die von Lothar Matthäus trainierten Ungarn unter Teamchef Rudi Völler.
Das klingt nicht nur nach einer vergangenen Fußballgeneration, es ist in der Tat lange her. 120 Mal hat Schweinsteiger seither das DFB-Trikot übergestreift, 24 Tore bejubelt.
Aus dem Teenie-Schwarm aus dem Komiker-Duo "Poldi und Schweini" ist ein Weltstar geworden, der den deutschen Fußball aus den Folgejahren der Rumpelfüßlerzeit an die Weltspitze zurückgeführt hat.
Bei der WM in Südafrika 2010 blieb den internationalen Kollegen vor Ort der Mund offen stehen, als eine junge deutsche Auswahl ohne den verletzten Kapitän Michael Ballack unvermutet die Fußballwelt mit erfrischendem und technisch filigranen Offensivfußball eroberte.
Thomas Müller war ihr Senkrechtstarter, Philipp Lahm ihr Kapitän. Doch Bastian Schweinsteiger war ihr Kopf, ihr Souverän, ihr Rhythmusgeber. Auf der zentralen Mittelfeldposition, die zunächst sein damaliger Münchner Klubtrainer Louis van Gaal für ihn auserkoren hatte, gab es in den folgenden vier Jahren weltweit kaum einen Besseren.
Beim Champions-League-Triumph der Bayern 2013 (nach seinem fatalen Elfer-Fehlschuss im "Finale dahoam" 2012) und vor allem bei der WM 2014, als er sich nach einer Patellasehnenverletzung erst während des Turniers in Bestform brachte, zeigte er Kämpferqualitäten. Beim Triumph im Finale gegen Argentinien war er überragend und trotz unzählbarer Attacken der Argentinier unaufhaltsam.
Schweinsteiger hätte wie Lahm auf diesem Höhepunkt aus der DFB-Elf zurückgetreten können. Doch das Ziel, diese Mannschaft nun als Kapitän zum in seiner Vita noch fehlenden EM-Titel zu führen, hat ihn bewogen weiterzumachen und für seinen Platz in der Auswahl sogar den FC Bayern zu verlassen.
Sein Körper hat Schweinsteiger nun in den letzten Jahren immer öfter die Gefolgschaft verweigert. Dass er es dennoch erneut in letzter Minute schaffte, in Frankreich turnierfit zu werden, verdient höchsten Respekt.
Dem Märchen des Jokertores gegen die Ukraine folgte am Ende leider das folgenreiche Handspiel im Halbfinale gegen Frankreich. Die beste erste Halbzeit des DFB-Teams und ihres Kapitäns 2016 blieb unbelohnt, Schweinsteigers großer Traum vom Abtritt als Welt- und Europameister unerfüllt.
Durch seine Hochzeit mit Tennisstar Ana Ivanovic hat er nun privat bereits ein neues Kapitel aufgeschlagen, womöglich folgt auch beruflich ein weiteres abseits von Manchester.
In der Nationalmannschaft ist Schweinsteigers Erbe längst an Sami Khedira und Toni Kroos verteilt, Nachrücker wie Julian Weigl oder Emre Can drängen ins Team.
Bundestrainer Joachim Löw, dessen Loyalität zu Schweinsteiger seiner Karriere sehr gut getan hat, braucht den langjährigen Münchner nicht mehr.
Anders als Michael Ballack oder Torsten Frings hat er ihm aber die Gelegenheit gegeben, den Rücktritt als seine eigene Entscheidung zu verkaufen, sein Gesicht zu wahren und durch den Vorderausgang abzutreten. Auch das ist gut so.