Die gute Nachricht vorab. Marko Marin kann es noch schaffen. Er kann im dritten Jahr in Folge die Europa League gewinnen.
Der unwirkliche Sieger
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Das beste dabei: Dabei muss er noch nicht mal spielen. Sondern nur hoffen. Wenn der AC Florenz im Juli in Warschau den Titel holt, ist Marins Titelsammlung erneut um eine Medaille größer. Marin kam für die Fiorentina viermal in der Europa League zum Einsatz und wäre damit ganz offiziell erneut Europa-League-Sieger. Der erste, der dies dreimal in Folge schaffen würde, und das mit drei verschiedenen Clubs. Bei seinem neuesten Verein, dem RSC Anderlecht aus Belgien, ist er international nicht spielberechtigt.
Gespielt hat Marko Marin in letzter Zeit sowieso selten. Seit er zum FC Chelsea wechselte und seine Entwicklung eine so unvorhersehbare Wendung nahm, bestritt er 24 Ligaspiele. Genauer gesagt 1094 Liga-Minuten. In zweieinhalb Jahren. Das macht pro Monat etwa 36 Minuten Spielzeit.
Biogaphie eines Gewinners
"Anderlecht ist ein großer Traditionsverein mit Titelambitionen", sagte Marin bei seiner Vorstellung in Anderlecht. "Am wichtigsten für mich ist im Moment, dass ich spiele." Und er schob noch hinterher: "Und die Chance habe, etwas zu gewinnen." Und gewonnen hat er so einiges in den vergangenen Jahren.
Marins Briefkopf liest sich schlichtweg beeindruckend. Sie liest sich, das kann man nicht anders sagen, wie die eines Siegertypen. 2008 wird er als 19-jähriger Zweitligaspieler (!) in den vorläufigen DFB-Kader für die EM eingeladen. 2009 triumphiert er neben Mats Hummels und Jerome Boateng als U21-Europameister. 2010 folgt der der WM in Südafrika der dritte Platz mit Deutschland. 2012 wechselt er für acht Millionen Euro von Werder Bremen zum FC Chelsea. Zum Champions-League-Sieger.
Und es geht noch weiter: Marin sammelte Erfahrungen in allen vier Top-Ligen Europas. Deutschland, England, Spanien und Italien. Und, natürlich, zweimal gewinnt er die Europa League. 2013 mit Chelsea, 2014 mit Sevilla. Der Mann ist erst 25. Liest man nur diese Biographie, müsste man sagen: Der Junge kann noch viele Titel gewinnen.
"German Messi"
Sein Image in Deutschland ist ein anderes. Schon zu Gladbacher und Bremer Zeiten von einigen als Schwalbenkönig verrufen, trauten dem filigranen Dribbler die wenigsten die raue Premier League zu. Sein Wechsel zu Chelsea löste deshalb damals auch Spott aus.
Die Kritiker behielten Recht. In England kam er nicht zum Zug. Heute hat er den Ruf des Ungewollten, des internationalen Bankdrückers. Des Dauerverletzten. Des Hin- und Hergeschobenen. Florenz, Sevilla, nun Anderlecht. Dabei gehört er immer noch Chelsea. Noch lange. Bei den Blues hat der "German Messi", wie in The Independent damals taufte, noch einen Vertrag bis zum Jahr 2017.
So unwirklich sein Karriereweg scheint, genauso unwirklich geht es auf Marins Homepage zu. Ein cooler Marin trickst im Schlabberlook vor schummrigen Mauern. Der Ball wirkt wie eine Computeranimation. Marin trägt kein Trikot, nirgendwo sind Vereinsfarben zu sehen. In seiner selbst verfassten Biographie spielt er noch in Sevilla.
Marin wie Anelka?
"In der jüngsten Vergangenheit konnte ich mich nicht konstant beweisen. Nun will ich trotzdem versuchen, zu alter Stärke zu finden, um mich für die Nationalelf zu empfehlen." Dieser Satz stammt aus Marins Anfangszeit in Florenz, aber er könnte ebenso aus Sevilla oder Anderlecht sein. Ein Marko Marin in der weltmeisterlichen DFB-Elf scheint derzeit ebenso illusorisch wie ein Marko Marin mit der Champions-League-Trophäe.
Aber wer weiß. Marin ist nun mal ein titelhamsternder Wandervogel. Und bei dieser Kombination taucht noch ein anderer Name im Gedächtnis auf: Nicolas Anelka. Der Franzose war bei insgesamt zwölf Vereinen aktiv. Mit seinen Klubs und der französischen Nationalelf holte er ganze zwölf Titel. Anelka spielt mittlerweile in Indien.