Manuel Neuer blieb auch in der Stunde des Misserfolgs so, wie man ihn kennt: Cool, gelassen und zurückhaltend.
"Ein gewonnener Tag für mich"
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"Ich verlasse dieses Haus mit einem Grinsen. Es ist ein gewonnener Tag für mich. Ich war ganz entspannt und hatte auch keine Rede vorbereitet. Von daher hätte ich gar nicht gewusst, was ich sagen soll, wenn ich da oben gestanden hätte."
Und niemand würde Manuel Neuer diese Worte nicht glauben.
"Bin nicht enttäuscht"
"Ich bin nicht enttäuscht. Die Wähler können sie abstimmen, wie sie möchten. Sie wollten Cristiano als Sieger haben, das ist ihr gutes Recht, und er hat es auch verdient", meinte Neuer, der sogleich auch erkannte, was sein vermeintlicher Nachteil ist: "Beide Spieler sind Weltmarken, so dass es mir klar war, dass es für mich als Torhüter schwer wird. Beim Fußball fragt man als erstes: wer hat die Tore gemacht? Und nicht: Wie hat der Torwart gehalten? Und das wird auch immer so bleiben."
Auch die meisten anderen Unterstützer des deutschen Nationaltorwarts sahen dessen Position als entscheidenden Nachteil.
"Es war fast zu erwarten", meinte Franz Beckenbauer. "Die Leute sehen lieber das Toreschießen als das Torverhindern. Natürlich ist das ungerecht. Aber scheinbar wird das Spektakuläre mehr anerkannt als das Sachliche."
Hitzfeld setzt auf die Zukunft
So sah es auch Ottmar Hitzfeld. "Manuel Neuer muss man ein Riesenkompliment machen, weil er Weltmeister geworden und der beste Torhüter der Welt ist. Aber ein Feldspieler, der viele Tore macht, ist halt doch immer noch ein bisschen spektakulärer", sagte der ehemalige Bayern-Trainer im Gespräch mit SPORT1 und blickte schon nach vorne:
"Neuer hat jetzt den ersten Angriff gestartet und ich bin überzeugt, wenn er weiter solche Topleistungen bringt, wird er nächstes Jahr wieder dabei sein und irgendwann wird er dann auch zum Weltfußballer gewählt werden."
Triumph des Kollektivs als Nachteil für Neuer
Andererseits wurde dem Keeper gerade der Triumph des Kollektivs in Brasilien beim Goldenen Ball zum entscheidenden Nachteil.
"Ein wesentlicher Grund für unseren Erfolg war, dass wir bei der WM als echte Mannschaft aufgetreten sind", erklärte der zum weltbesten Coach gekürte Joachim Löw.
"Bei uns gab es nicht diesen einzigen Superstar, der herausgeragt hat wie vielleicht bei Portugal, Brasilien oder Argentinien. Bei uns war es schon eine überragende Mannschaftsleistung mit vielen überragenden Spielern."
Fünf Bayern in der Top 10
Das gilt auch für den FC Bayern: Neben Neuer landeten auch seine letztjährigen Teamkollegen Arjen Robben (4.), Thomas Müller (5.), Philipp Lahm (6.) und Toni Kroos (9.) in den Top 10.
Diese Dominanz in der Breite passte ins Bild des Abends, denn abgesehen vom Ballon d'Or gingen alle Individualpreise an Deutsche: Neben Löw wurden auch die Wolfsburger Triple-Sieger Nadine Keßler als weltbeste Fußballerin und Ralf Kellermann als weltbester Frauen-Coach ausgezeichnet.
"Es war ein toller Abend und die beste Werbung für den deutschen Fußball", meinte Hitzfeld. Daher trübte auch Neuers Niederlage nicht die gute Stimmung bei den Anwesenden.
"Es ist eine Wahl und ich glaube, dass in fernen Ländern nicht so viel Bundesliga geschaut wird, das spielt vielleicht auch eine Rolle. Aber das muss man akzeptieren und respektieren. Das sind alle drei exzellente Fußballer", sagte Lahm.
"Da haben wir vielleicht zu oft die deutsche Brille auf - auch wenn ich es mir für Manuel gewünscht hätte."