Mick Schumacher mühte sich die Eau Rouge hoch. Er war der Letzte.
Schumachers steiniger Weg
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Knapp 40 andere Formel-4-Piloten warteten da bereits in der legendären Kurve in Spa. Ein Fotoshooting war anberaumt, gemeinsam mit FIA-Präsident Jean Todt.
Als Schumacher die Gruppe nach dem beschwerlichen Aufstieg erreichte, entschuldigte er sich, dass er vom hinteren Teil der Boxengasse einen sehr weiten Weg zurücklegen musste. Und fragte fast schon ungläubig: "Habt ihr extra auf mich gewartet?"
Nun, nicht ganz. Der Boss des Automobil-Weltverbandes fehlte sowieso noch.
Faxen mit Newey
Sein Teamkollege Harrison Newey nutzte die Gelegenheit, um den 16-Jährigen ein wenig aufzuziehen. "Das ist doch gutes Training für dich gewesen", sagte Newey, Sohn des Formel-1-Technikgurus Adrian Newey.
"Ja, ja, Training, Training", erwiderte Schumacher und grinste. Beim Shooting selbst alberte er mit seinen beiden Teamkollegen Newey und Joey Mawson herum. Quatschte, lachte und machte Faxen. Ganz normale Teenager eben.
Und doch war die Eingangsszene sinnbildlich für Schumacher. Denn der Einstieg in den Formelsport, der Weg nach oben, ist ähnlich beschwerlich wie der Fußweg durch die Eau Rouge. Vor allem kein Selbstläufer, nur weil Formel-1-Rekordweltmeister Michael Schumacher der Vater ist.
Blechschaden bei Überholversuch
Das bekam Mick am dritten Rennwochenende der Formel 4 deutlich zu spüren. Denn der 16-Jährige zahlte in Spa, im "Wohnzimmer" seines berühmten Vaters, eine Menge Lehrgeld.
Im ersten Rennen am Samstag hatte der Pilot des niederländischen Rennstalls Van Amersfoort Racing von Platz 15 aus einen Top-Ten-Platz und damit die Pole Position für den dritten Lauf auf den letzten Metern verspielt.
Im zweiten Rennen am Sonntag beeindruckte er auf nasser Strecke mit einer furiosen Aufholjagd von Platz 27 auf Rang 15. Im letzten Lauf biss er sich auf dem Weg in die Top Ten an Konkurrent Michael Waldherr die Zähne aus, flog bei einem Angriffsversuch ab und demolierte sich seinen Frontflügel.
"Es muss von Anfang an laufen"
Teambesitzer Frits van Amersfoort brachte es bei SPORT1 auf den Punkt, sprach von einem "Scheiß-Wochenende" für Mick. "Es muss von Anfang an laufen. Und wenn es nicht von Anfang an läuft, dann gibt es Probleme. In einem Feld mit so vielen Autos muss alles passen", so van Amersfoort.
Doch natürlich ist die Formel 4 genau dafür da. Die Ausbildung des Nachwuchses steht im Mittelpunkt, die Youngster sollen sich austoben, sich entwickeln. Und vor allem lernen.
Fehler, wie sie Mick Schumacher an diesem Wochenende unterlaufen sind, gehören zum Lernprozess dazu. Doch da scheint Mick seinem Vater sehr ähnlich zu sein. Sportliche Rückschläge? Steckt er offenbar schnell wieder weg.
Umschalten und nach vorne schauen
"Er kann ziemlich schnell wieder umschalten", sagte van Amersfoort, mahnte aber auch an: "Der Ausgangspunkt war natürlich nicht gut genug. Daran müssen wir jetzt arbeiten", so van Amersfoort. Soll heißen: Schumacher muss vor allem an seinem Qualifying arbeiten. An der Kunst, die Leistung auf den Punkt, innerhalb nur weniger Runden zu bringen.
In den Rennen zeigte er im Grunde immer eine starke Leistung, rieb sich durch die durchwachsenen Qualifying-Ergebnisse aber im Mittelfeld auf. Und dabei ist die Gefahr hoch, dass es zu Flüchtigkeitsfehlern, zu Kollisionen, kommt.
Das Wochenende wird Schumacher nun mit seinem Team, den Ingenieuren und vor allem mit van Amersfoort und Geschäftsführer Rob Niessink aufarbeiten.
Die größten Fortschritte
"Die Jungs packen es an, bringen so viel Humor und Energie mit und wollen gerne lernen. In diesem Zeitraum der Karriere werden die meisten und größten Fortschritte gemacht. Innerhalb einer Saison lernen sie so unheimlich viel", sagte Niessink SPORT1.
In der Gesamtwertung belegt Schumacher nach der Nullrunde in Spa mit 28 Punkten Platz 13. In der für ihn persönlich wichtigeren Rookie-Wertung liegt er mit 102 Zählern auf dem dritten Rang, allerdings bereits 27 Zähler hinter Jonathan Cecotto.
Die Bilanz nach den ersten neun Saisonrennen? "Ich bin ganz zufrieden. Er hat noch wenig Erfahrung. Wir arbeiten daran und die Saison ist noch lang", sagte van Amersfoort.
Lang. Und vor allem beschwerlich.