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Amerikas am tiefsten gefallener Sportheld ist tot

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Amerikas am tiefsten gefallener Sportheld ist tot

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O.J. Simpson ist tot

Die einstige NFL-Ikone O.J. Simpson - 1994 wegen eines Doppelmord-Verdachts in den weltweiten Schlagzeilen - ist gestorben. Der ehemalige Football-Star wurde 76 Jahre alt.
Der junge O.J. Simpson im Jahr 1975
Der junge O.J. Simpson im Jahr 1975
© IMAGO/WENN
mhoffmann
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Die tief gefallene Football-Ikone O.J. Simpson ist im Alter von 76 Jahren gestorben.

Simpson - 1994 des zweifachen Mordes an seiner Exfrau Nicole Brown Simpson und deren Bekannten Ronald Goldman angeklagt und freigesprochen und später wegen eines bewaffneten Raubüberfalls im Gefängnis - starb an den Folgen einer Krebs-Erkrankung.

„Am 10. April hat Orenthal James Simpson seinen Kampf gegen den Krebs verloren“, erklärte die Familie auf dem offiziellen Account des Ex-NFL-Stars.

Die Mordanklage gegen Simpson bewegte Amerika und die Welt in den neunziger Jahren wie wenige andere Themen: Die Fallhöhe war riesig, denn in der Nationalsportart Football war Simpson einer der besten Spieler in der NFL-Geschichte.

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Simpson trotz belastender Indizien freigesprochen

Als Simpsons Karriere am 16. Dezember 1979 endete, trat er ab als einer, der fast alles erreicht hatte: 1968 wurde er als bester Collegespieler mit der Heisman Trophy ausgezeichnet, 1973 als wertvollster Spieler (MVP) der NFL, er erreichte fünfmal Pro-Bowl-Ehren.

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Als Running Back sorgte er für 13.378 Yards Raumgewinn und 61 Touchdowns in Hauptrundenspielen für die Buffalo Bills und die San Francisco 49ers, sein überragendes Laufspiel machte ihn in vier Saisons zum Ranglisten-Besten bei den Rushing Yards, in zwei bei den Touchdowns.

1985 zog er in die Hall of Fame ein, nur der Gewinn der Super Bowl war ihm verwehrt geblieben.

Nach seiner Sportkarriere vergrößerte er seine Bekanntheit als Schauspieler, besonders in der Erinnerung blieb seine Rolle in der Komödie „Die nackte Kanone“, an der Seite von Leslie Nielsen spielte er in dem Film und den beiden Fortsetzungen den vom Unglück verfolgten Co-Ermittler Detective Nordberg.

O.J. Simpson mit Leslie Nielsen (r.) und George Kennedy in "Die nackte Kanone 2 1/2"
O.J. Simpson mit Leslie Nielsen (r.) und George Kennedy in "Die nackte Kanone 2 1/2"

O.J. Simpson: Der Prozess bewegte Millionen

Am 17. Juni 1994 - dem Veröffentlichungsjahr des zweiten Sequels - passierte dann das, was das vielfach als „trial of the century“, als Jahrhundertprozess bezeichnete Verfahren gegen Simpson auslöste.

Simpson wurde verhaftet. Der Grund: Fünf Tage zuvor wurden Nicole Simpson und Goldman in Los Angeles ermordet aufgefunden. Der unter Verdacht geratene O.J., der sich nicht freiwillig den Behörden stellte, wurde von der Polizei von Beverly Hills durch die Straßen gejagt - ein Vorfall, wegen dem in den USA sogar die TV-Übertragung der NBA-Finals unterbrochen wurde.

Der achtmonatige Prozess gegen Simpson - dem zahlreiche Vorfälle häuslicher Gewalt vorgeworfen worden waren - wurde ein ebenso großes Medienereignis, bei der Urteilsverkündung schalteten in den USA 100 Millionen Zuschauer ein.

Vor einigen Jahren fesselte die vielgelobte, auf Netflix zu sehende Aufarbeitung „The People vs. OJ Simpson“ noch einmal ein größeres Publikum.

O.J. Simpson und Nicole Brown Simpson waren zwischen 1985 und 1992 verheiratet
O.J. Simpson und Nicole Brown Simpson waren zwischen 1985 und 1992 verheiratet

Simpson trotz belastender Indizien freigesprochen

Simpson wurde freigesprochen, trotz erheblicher belastender Indizien überzeugten seine Staranwälte Johnnie Cochran, Robert Shapiro, F. Lee Bailey und Robert Kardashian (Vater von Kim, Khloe und Co.) die Geschworenen, dass Zweifel geblieben wären. Unter anderem hatte Cochran erfolgreich den Wert der damals noch neuen DNA-Spurenanalysen in Frage gestellt.

Zum Wendepunkt wurde die berühmte Episode mit dem am Tatort gefundenen, blutverschmierten Handschuh, der Simpson bei der Beweisaufnahme vor Gericht nicht passte.

Die Anklage argumentierte, dass der benutzte Handschuh wohl durch Feuchtigkeitseinwirkung zusammengeschrumpft war und ließ ihn einen ungebrauchten Handschuh gleichen Typs anprobieren, der passte - dennoch wurde der Handschuh danach zum Leitmotiv, auf das die Verteidigung immer wieder zurückkam.

Rassismus? Amerika war gespalten

Hinzu kam: Einem der Ermittler in dem Fall wurden rassistische Aussagen nachgewiesen - womit die von Cochran ausgeführten Verschwörungstheorien, dass Simpson Opfer einer Polizeimanipulation gewesen sein müsse, nicht mehr ganz abwegig erschienen.

O.J. Simpson und Hauptverteidiger Johnnie Cochran bei dem Prozess 1995
O.J. Simpson und Hauptverteidiger Johnnie Cochran bei dem Prozess 1995

Mit Blick auf die mehrheitlich afroamerikanische Jury war diese Theorie wohl eine probate Strategie: Der Simpson-Prozess gewann gesellschaftliche Brisanz durch die sehr unterschiedlichen Sichtweisen der verschiedenen Bevölkerungsgruppen.

Eine Umfrage im Raum Los Angeles offenbarte nach Prozessende, dass die weißen und lateinamerikanischen Bürger der Region mehrheitlich von Simpsons Schuld ausgingen, die afroamerikanischen von seiner Unschuld.

Das Misstrauen in die Polizei infolge rassistischer Erfahrungen war groß, gerade in Los Angeles war die Erinnerung an die Polizeigewalt gegen Rodney King und die anschließenden Unruhen 1992 noch frisch.

Simpson lebte heute „glückliches“ Leben

Inzwischen hat sich die Kluft zumindest in der Betrachtung des Falls O.J. Simpson relativiert - auch weil dieser danach weiter auffällig wurde.

2008 wurde der gefallene Held - in einem Zivilprozess um den Mord bemerkenswerterweise zu Schadenersatz an Browns und Goldmans Familien verpflichtet - wegen eines bewaffneten Raubüberfalls in einem Hotel in Las Vegas zu einer 33-jährigen Haftstrafe verurteilt.

Für Irritationen sorgte auch ein Buch Simpsons, in dem er einen angeblich hypothetischen Tathergang des Mordes zu Papier brachte („If I did it“ - „Wenn ich es getan hätte“).

2017 verließ Simpson das Lovelock Correctional Center vorzeitig auf Bewährung. Der 73-Jährige lebte zuletzt in Las Vegas und berichtete 2019 in einem Telefoninterview mit der Agentur AP, dass er dort ein angenehmes Rentnerdasein führte und oft um Selfies gebeten wurde.