Den perfekten Tennisspieler gibt es nicht.
Becker führt Djokovic in neue Sphären
© dpa Picture-Alliance
Aber der Novak Djokovic des Jahres 2015 ist verdammt nahe dran. Im Finale von Wimbledon zeigte der Serbe gegen den besten Rasenakteur aller Zeiten den perfekten Mix aus Strategie, Dynamik und maschinengleicher Präzision.
"Ich habe nicht schlecht gespielt, aber Novak war ein einfach zu gut", sagte Roger Federer, der seinen Traum vom alleinigen Rekord mit acht Titeln auf dem heiligen Rasen vorerst begraben musste.
Die Dominanz des Djokers ist beeindruckend. Seit 2011 hat er bei 14 von 19 Grand Slams das Finale erreicht - aber erst mit Boris Becker als Coach erreichte der früher mental nicht immer stabile 28-Jährige ganz neue Sphären.
"Boris, ich liebe Dich"
Da war es nur passend, dass Djokovic 30 Jahre nach Beckers erstem Wimbledon-Triumph seinen dritten Titel holte, mit seinem Lehrmeister gleichzog und ihm in seiner Dankesrede huldigte.
"Er hat eine Menge zu diesem Titel beigetragen. Diese Trophäe gehört genauso ihm. Boris, ich liebe dich", sagte Djokovic unter großem Jubel in Beckers altem Wohnzimmer.
Becker poliert sein Image auf
Doch nicht nur der Serbe profitiert. Auch Becker - im Ausland ohnehin verehrt - verschafft sich vor allem in Deutschland neuen Respekt.
Aufgrund seines Privatlebens nach dem Karriereende oftmals belächelt, schärft der 47-Jährige nun sein Profil als Weltklassetrainer. Entsprechend sprach er bei Sky von "einem besonderen Moment in meinem Leben".
In den Medien wird Becker sogar zum "Königsmacher" gekrönt, das Erfolgsduo als "Beckovic" gefeiert.
Die Mentalität entscheidet
Aber wie viel Becker steckt wirklich in diesem Djoker, der seinen Status als klare Nummer eins der Welt zementierte?
Der wichtigste Punkt ist die Mentalität. Djokovic selbst sagte nach dem Finale, Serben und Deutsche seien sehr unterschiedlich.
Entgegen landläufiger Vorurteile war es in diesem Gespann aber Becker, der dem bisweilen unterkühlten Kopfspieler sein bekanntes Feuer einimpfte, ihn emotionaler und damit auch aggressiver machte.
"Ich war nie der schnellste oder talentierteste Spieler, aber ich war ein leidenschaftlicher Kämpfer. Vielleicht hat Novak genau das gebraucht", erklärte Becker.
Djoker gewinnt nun die großen Spiele
Tatsächlich wirkt Djokovic, der zu Beginn seiner Karriere einige Matches einfach aufgab, aktuell extrem selbstbewusst.
Wäre er in Paris nicht dem entfesselten Stan Wawrinka vor die Kanonenarme gelaufen, nicht nur Serena Williams würde bei den US Open um den Grand Slam spielen.
Bevor Djokovic im November 2013 Kontakt zu Becker aufnahm, hatte er gerade die Spitze in der Weltrangliste an Rafa Nadal und vier von fünf Grand-Slam-Finals verloren.
Seit dem frühen Aus bei den Australian Open 2014 - dem ersten gemeinsamen Turnier - gewann Djokovic dagegen drei von fünf Grand-Slam-Endspiele und 13 Turniere insgesamt.
Federer taktisch beherrscht
Sein neunter Grand-Slam-Erfolg und die damit verbundene Titelverteidigung in Wimbledon ist der vorläufige Höhepunkt in Djokovic einzigartiger Laufbahn.
Vor allem nach dem irren 10:12 im Tie-Break des zweiten Satzes behielt Djokovic kühlen Kopf und drückte Federer in den folgenden beiden Sätzen immer weiter an die Wand.
Zu diesem Zeitpunkt wurde besonders deutlich, welchen positiven Einfluss Becker auch taktisch ausübt.
Djokovic ist schlicht der kompletteste Spieler der Gegenwart, mit Beckers Hilfe hat er seinen Leistungszenit erreicht.