Eigentlich sollten die Golden State Warriors als einer der größten Favoriten der NBA-Geschichte mit Volldampf in die neue Saison starten.
Ein Überteam torpediert sich selbst
© SPORT1-Grafik: Davina Knigge/Getty Images
Stattdessen setzten die Dubs ihren Saisonstart in den Sand und verzettelten sich in Person von Stephen Curry und Kevin Durant bei der Pleite gegen die Memphis Grizzlies auch noch in Disziplinlosigkeiten – beide Superstars flogen vom Feld.
Vor dem Spiel bei Dirk Nowitzkis Dallas Mavericks (Di., 2.30 Uhr LIVE im TV auf SPORT1 US) ist bei den Warriors schon Druck auf dem Kessel.
SPORT1 blickt auf die Baustellen beim Staatsfeind Nummer Eins in der NBA.
Disziplin
Curry fordert ein vermeintliches Foul ein und feuert seinen Mundschutz weg, Durant provoziert pöbelnde Fans mit einem Verweis auf seinen Meisterschaftsring - es sind Szenen wie diese, die die Sympathiewerte der einstigen Sonnyboy-Truppe aus Kalifornien rapide haben sinken lassen.
Erstaunlich genervt präsentieren sich die Superstars. Bei Curry ist es nicht das erste Mal, dass er die Nerven verliert und sein Mundstück wirft. In den Finals 2016 gegen die Cavs schmiss der Point Guard den Schutz ins Publikum – die Warriors gaben schließlich die schon sicher geglaubte Meisterschaft noch aus der Hand.
Fakt ist, dass die Warriors eine Zielscheibe auf dem Rücken haben, der Druck ist immens. Reaktionen wie die von Curry und Durant mögen ein Ventil sein, sie schaden dem Team jedoch.
Die Anfeindungen der anderen Teams liegen dabei nicht nur im Erfolg begründet. Schon in der vergangenen Saison brachte Zaza Pachulia die Fans der San Antonio Spurs nach seinem Brutalo-Foul an Kawhi Leonard zum Auftakt der Conference Finals gegen sich auf.
Die Warriors gegen den Rest der Welt - eine Rolle, die auch die Spieler selbst mittlerweile verinnerlicht haben. "Jeder will die Warriors verlieren sehen, was ok ist. Es ist eine tolle Position, wenn du das wohl meist gehasste Team der Liga bist. All die großen Teams wurden gehasst", sagte Scharfschütze Klay Thompson.
Und Draymond Green tönte nach der 4:1-Demütigung der Cleveland Cavaliers in den letztjährigen Finals: "Sie hatten eigentlich keine Chance. Es regt mich auf, dass wir sie nicht gesweept haben."
Hassfigur Durant
Durants unrühmlicher Abgang in Memphis ist ein weiterer Punkt auf der Liste fragwürdiger Aktionen, die sich der Ex-MVP in letzter Zeit geleistet hat.
Schon im Sommer sorgte er mit brisanten Aussagen für Aufsehen, als er mit den Oklahoma City Thunder abrechnete. Die hatte er 2016 nach acht Jahren verlassen. Via Twitter schrieb er, dass das OKC-Management nicht leiden könne, und der Kader generell "nicht wirklich gut" sei. Besonders peinlich: Offenbar dachte Durant, er würde unter einem Pseudonym bei Twitter schreiben – tatsächlich kartete er aber unter seinem echten Namen gegen das Ex-Team nach.
Auch Under Armour, den Ausrüster von Teamkollege Curry, knöpfte sich Durant vor. Der 29-Jährige, selbst seit 2014 mit einem Mega-Vertrag der Firma Nike ausgestattet, sagte dem Podcast-Netzwerk The Ringer, dass "niemand mit Schuhen von Under Armour auflaufen will."
Defense
Was bei der geballten Offensivegewalt der Warriros immer vergessen wird: Auch die Defense des Meisters ist elitär – zumindest war sie das in den letzten Jahren.
Diese Saison packt Golden State hinten aber lange nicht so zu, wie gewohnt – ein wichtiger Faktor beim Fehlstart.
111 Punkte ließ sich das Team von Headcoach Steve Kerr und Defensivguru Ron Adams bei den Grizzlies einschenken, bei der Auftaktniederlage gegen die Houston Rockets setzte es 122 Zähler.
Natürlich sind derlei Zahlen zu diesem frühen Zeitpunkt in der Saison noch mit Vorsicht zu genießen, aber im NBA-Vergleich stehen die Warriors mit 117,7 erlaubten Punkten nur auf dem 26. Platz. Beim noch aussagekräftigeren Defensivrating (erlaubte Punkte pro 100 Ballbesitze) sieht es sogar noch schlimmer aus: Hier sind nur zwei Teams schlechter als Golden State, was beweist, dass der Champion auch sportlich noch nicht ganz auf der Höhe ist.
Fokus
An sich ist es nicht ungewöhnlich, dass ein amtierender Meister zum Saisonstart nicht richtig in Tritt kommt. Gewisse Motivationsprobleme kann man durchaus unterstellen, wenn es wieder losgeht.
Dass sich die Warriors durch Ausraster und Wortgefechte mit Fans unnötige Baustellen aufmachen, verstärkt den Eindruck, dass der Fokus auf den Sport etwas getrübt ist. Dazu mag auch der Wirbel um den geplatzten Besuch im Weißen Haus beim umstrittenen US-Präsidenten Donald Trump einen kleinen Teil beigetragen haben.
Spätestens die Pleite in Memphis ist aber auch bei den Warriors als Weckruf angekommen.
Draymond Green, der emotionale Leader des Teams, kündigte bereits ein paar ernste Worte an. "Zwei Jungs wurden rausgeworfen, das ist inakzeptabel", schimpfte er nach dem Eklat in Memphis: "Wenn wir noch einen Titel holen wollen, können sich die Jungs so etwas nicht leisten. Ich werde mit den beiden reden müssen und ihnen klarmachen, dass wir sie auf dem Feld brauchen."
Schon gegen die Mavs wird sich zeigen, ob das gefruchtet hat.