Die immer wiederkehrende Sicherheitsdebatte im alpinen Skisport hat durch den tödlichen Sturz des französischen Rennläufers David Poisson neue Nahrung erhalten.
Alpin-Tragödie: Ski-Szene wehrt sich
Nach der Tragödie am Montag in Kanada war schnell von mangelnden Sicherheitsvorkehrungen bei den Trainingsfahrten der Franzosen die Rede. In Nakiska waren nur sogenannte kleinere B-Netze am Rande der Strecke aufgestellt, keine A-Netze.
Der deutsche Alpindirektor Wolfgang Maier, der die Umstände am Unglücksort aus früheren Jahren kennt, verteidigt bei SPORT1 jedoch die Verantwortlichen. Ein derartiger Unfall sei nicht zu verhindern.
"Jetzt gehen natürlich wieder alle Sicherheitsdiskussionen los", sagte Maier. "Und das ist verständlich. Aber du kannst bei all dem, was wir versuchen, was wir an Sicherheitsstandards leisten, bei einer Risikosportart mit bis zu Geschwindigkeiten von 140 Kilometer pro Stunde keine hundertprozentige Sicherheit gewährleisten."
Die Tragödie um Poisson sei eine Verkettung sehr unglücklicher Umstände gewesen. "Es ist nicht immer zu verhindern, man kann nicht mit allem rechnen", führte Maier weiter aus.
Maier: "Aufwand ist nicht zu leisten"
Poisson war am Montag während einer Speed-Einheit mit sehr hoher Geschwindigkeit gestürzt und gegen einen Baum geprallt, nachdem er die Sicherheitszäune durchschlagen hatte.
Maier erklärte, dass die Risiken im Training vor der Saison immer höher seien als bei einem offiziellen Wettbewerb. "Bei einem Rennen arbeiten Hunderte Leute über Wochen, um für die entsprechende Sicherheit der Athleten zu sorgen", ergänzte Maier: "Diesen Aufwand können wir im Training einfach nicht leisten. Wenn jemand das fordert, dann lebt er in einer völlig anderen Welt."
Es sei auch eine finanzielle Frage, meint Maier damit. "Jedes Team zahlt einen Beitrag, aber für die Sicherheitsvorkehrungen ist dann die Skistation verantwortlich", erklärte der Präsident des französischen Ski-Verbands, Michel Vion.
Auch eine Reduzierung der Abfahrts-Trainingseinheiten, um das Verletzungsrisiko zu mindern, sei laut Maier keine Option.
"Egal was man macht, solche Fälle sind niemals auszuschließen. Man hat ja dasselbe bei anderen Sportarten. Beim Fußball gibt es Spieler, die einen plötzlichen Herztod erleiden, weil sie einer zu hohen Belastung ausgesetzt sind. Ihnen sagt man auch nicht: 'Spiel weniger Fußball'", verglich Maier.
Schweizer Team reist ab
Poissons Unfall hatte in der Ski-Welt große Bestürzung hervorgerufen. Zahlreiche Stars aus dem Weltcup-Zirkus bekundeten ihr Beileid.
Vielen fällt es schwer, die Geschehnisse zu verarbeiten. Insbesondere das Schweizer Speed-Team, das am selben Ort für die anstehenden Rennen in Lake Louise trainierte und das Unglück einem Bericht zu Folge aus nächster Nähe miterlebt hatte, hat offenbar Probleme, die Situation zu verarbeiten.
"Dem Team geht es den Umständen entsprechend gut. Für die bessere Verarbeitung der Situation haben wir uns jedoch für einen sofortigen Umgebungswechsel entschieden", gab Cheftrainer Tom Stauffer am Dienstag bekannt. Die Eidgenossen reisen nun zum Training ins Panorama Resort weiter.
DSV-Athleten kannten Poisson gut
Auch der deutschen Mannschaft ging die Nachricht vom Tod Poissons nahe. "Solche tragischen Nachrichten machen mich unendlich traurig. Ich wünsche der Familie ganz viel Kraft! Wir werden Dich immer in unserem Herzen behalten mein Freund", schrieb etwa Felix Neureuther bei Facebook.
"Wir kennen Poisson gut, weil er in Südamerika immer mit uns im Training war. Deswegen müssen wir mit unseren Leuten darüber reden", kündigte Maier bei SPORT1 an, wie man die Situation verarbeiten wolle: "Wir werden mit diesem Unfall offen umgehen."