Druck kann hemmen, blockieren oder Angst einflößen. Druck kann aber auch Kräfte freisetzen.
Millionenspiel könnte Rollen umdrehen
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Mit Druck kennen sie sich auf Schalke aus. Und oft war es so, dass die Mannschaft genau dann Ergebnisse abgeliefert hat, wenn der Druck am größten war.
Am Freitag ist wieder so eine Konstellation, ein richtungweisendes Spiel. Gegen Borussia Mönchengladbach (ab 20 Uhr im LIVETICKER und auf SPORT1.fm) geht es um Champions-League-Ambitionen, ein Fingerzeig im Kampf um die Millionen, um die Fleischtöpfe. Der Sechste Schalke empfängt den Dritten Gladbach, beide nur um zwei Punkte getrennt (DATENCENTER: Bundesliga).
Unterschiedliche Vorzeichen
Ein Duell auf Augenhöhe? Ja, aber vor allem auch eines unter unterschiedlichen Vorzeichen. Denn während die Königsklasse für Schalke praktisch ein Muss ist, ist sie für die Borussia ein Kann.
Kein Wunder also, dass Manager Max Eberl jährlich einen einstelligen Tabellenplatz als Ziel ausruft. "Auf Schalke undenkbar", bestätigt sein Schalker Kollege Horst Heldt.
"Wollen uns entwickeln"
Eberl stellte indes bei SPORT1 klar: "Wenn die Champions League Pflicht wäre, dann würden wir den Verein unter einen so starken Druck setzen, unter dem schon andere Vereine gebrochen sind. Wir wollen uns entwickeln, wir wollen uns nachhaltig entwickeln, wir wollen Kontinuität haben."
In Gladbach sind sie nun mal in der jüngeren Vergangenheit zu oft grandios gescheitert, wenn das Wunschdenken nicht im Einklang mit der Realität stand.
Zurückhaltung und Kontinuität
Besagte Kontinuität haben sie bei der Borussia erst wieder seit Lucien Favre. Seit er Gladbach 2011 vor dem Abstieg rettete und seitdem in drei Jahren zweimal in den Europapokal führte. Seitdem herrscht maßvolles Wirtschaften, verbunden mit zurückhaltenden Zielformulierungen und Erwartungen im früher ähnlich schwierigen Umfeld wie in Gelsenkirchen.
"Das realistische Ziel für Borussia Mönchengladbach ist es, sich in den Tabellenregionen zu etablieren, in denen wir uns gerade bewegen", sagte Eberl. Mehr nicht, aber auch nicht weniger. Zum Vergleich: Roberto Di Matteo ist bereits der vierte Schalker Trainer in den letzten vier Jahren.
Von fahrig bis bissig
Und er hat seit seinem Amtsantritt im Oktober schon viel erlebt. Hat bisweilen in einem Spiel von seiner Mannschaft die ganze Palette geboten bekommen. Von unfähig bis fahrig und fahrlässig, bis hin zu bissig, spielfreudig und kombinationssicher. Alles komprimiert in 90 Minuten.
Daneben musste der Italo-Schweizer in den wenigen Monaten regelmäßig auf Verletzte in Mannschaftsstärke verzichten, immer wieder improvisieren, ausprobieren und taktieren. Seine Konsequenz, beim 1:1 bei den Bayern trotz fast 75-minütiger Überzahl weiter abwartend zu spielen und auf Ergebnis-Fußball zu setzen, kam nicht überall gut an. Beim Gegner sowieso nicht.
"Ein Wunder fabriziert"
Heldt sprang seinem Trainer zur Seite. Er verwies vor allem auf das fast schon traditionelle Verletzungspech, auf die elementaren Spieler, die fehlten. Man hole trotzdem alles raus. "Es ist erstaunlich, was der Trainer für Wunder bewirkt. Er kommt mir zu schlecht weg."
In der Tat: Seit er seiner Mannschaft am 12. Spieltag mit einem variablen 3-5-2-System eine neue Taktik verpasste, blieb S04 vielleicht oft glanzlos, ohne das ganz große Feuerwerk abzubrennen, verlor in dieser Zeit aber auch nur ein Spiel.
Wellenreuther im Tor
Umstellen muss Di Matteo aber immer noch. Gegen Gladbach wird der verletzte Fabian Giefer von Eigengewächs Timon Wellenreuther vertreten, eigentlich nur die Nummer drei. Der 19-Jährige hatte schon in München nach seiner Einwechslung dem Druck standgehalten.
"Wir haben Vertrauen in den Jungen, er ist ein Junge von uns, von der Akademie. Er war in München ganz ruhig und hat seine erste kleine Prüfung sehr gut überstanden", sagte Di Matteo.
Nur wenige Chancen
Der Coach geht nicht von einem Offensivspektakel aus. "Es wird ein Spiel, in dem es wenige Torchancen geben wird."
Die reichen den Gladbachern bisweilen schon, sie starteten mit zwei 1:0-Siegen und sechs Punkten in die Rückrunde, feierten zudem in den vergangenen sieben Pflichtspielen gegen die Königsblauen fünf Siege, einen davon in der Vorsaison in der Schalker Arena.
Schalke kam mit vier Punkten ebenfalls gut aus den Startlöchern. Trotzdem wird es für Di Matteo wieder neue Prüfung.
Denn er weiß inzwischen, wie schnell die Stimmung auf Schalke umschlagen kann. Bei einer Niederlage wäre der Abstand zu den Champions-League-Plätze wieder größer. Und der Druck auch.