Für den blutleeren Blick auf dem Verhaftungsfoto von Tiger Woods blieben der Zeitung USA Today nur noch markante Worte übrig. "Traurig, schrecklich, inakzeptabel, schockierend", beschrieb das renommierte Blatt das Bild des Golf-Superstars mit leblosen, verquollenen, kranken Augen.
Nach Verhaftung: Was wird aus Woods?
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Wegen des Verdachts auf Alkohol- oder Drogeneinfluss am Lenkrad war der 41-Jährige am frühen Montagmorgen in der Nähe seines eigenen Restaurants "The Woods" von der Polizei in Palm Beach County, Florida festgenommen worden. Nach dreieinhalb Stunden im Gefängnis wurde er auf freien Fuß gesetzt.
Woods zeigt Reue
"Ich verstehe die Schwere meines Vergehens und übernehme die Verantwortung für mein Handeln", teilte der langjährige Weltranglistenerste in einem Statement mit, das er USA Today übermittelt hatte.
"Ich möchte, dass die Öffentlichkeit erfährt, dass kein Alkohol im Spiel war", beteuerte Woods, "es war eine Nebenwirkung von verschriebenen Medikamenten. Ich habe nicht gemerkt, wie stark mich der Medikamenten-Mix beeinträchtigte."
Der 14-malige Major-Gewinner bat "aus tiefstem Herzen um Entschuldigung, bei meiner Familie, meinen Freunden und meinen Fans". Er sagte: "Ich erwarte mehr von mir." Eine Alkoholkontrolle ergab 0,0 Promille. Er befand sich offenbar alleine im Auto.
Rückfall in alte Zeiten?
Der Zwischenfall wirft neben den Fragen nach den Hintergründen vor allem eine weitere auf: Wird der Tiger jemals auf den Golfplatz zurückkehren? Die ohnehin schon große Schar der Zweifler dürfte nach dem jüngsten Fehltritt sicher weiter anwachsen.
Das jüngste Vergehen ist ein weiterer Schritt der eigenen Demontage eines Superstars, der alles zu besitzen schien, sich aber stets auf der Suche nach dem Sinn befand. Unvergessen sind die Ereignisse vom November 2009, als er kurz hinter der Auffahrt seines Anwesens in Jupiter mit seinem Cadillac gegen einen Hydranten fuhr.
Danach kam Skandal um Skandal ans Licht. Es begann die öffentliche Demaskierung. Mehrere Frauen outeten ihre Liebschaften mit dem Tiger.
Wegen seiner vermeintlichen Sexsucht begab er sich in eine Therapie, die Ehe mit der Schwedin Elin Nordegren wurde geschieden, die beiden gemeinsamen Kinder leben bei der Mutter. In der Presse wurde er als "Schniedel-Woods" verhöhnt.
Rückenprobleme beenden Zwischenhoch
Doch Woods schien die Kurve bekommen zu haben, machte wieder Schlagzeilen auf dem Golfplatz und eroberte im 2013 nach drei Jahren Pause wieder die Weltranglistenführung zurück.
Auch privat lief es vermeintlich besser. Im März des selben Jahres wurde die Beziehung zu Skistar Lindsey Vonn öffentlich, die Liaison der Superstars hielt bis Anfang 2015, dann trennte sich das Paar. Seitdem ist der Tiger ohne feste Partnerin, Freunde von ihm vermuteten, er sei einsam.
Ein knappes halbes Jahr nach der Trennung von Vonn meldete sich erstmals der Rücken, der ihn bis heute quält. Im September und Oktober 2015 wurde er operiert, konnte seiner geliebten Jagd nach Birdies nicht mehr nachgehen. Auf einen Sieg wartet er seit 2013, sein letzter Major-Triumph liegt gar schon neun Jahre (US Open 2008) zurück.
Sein seelischer Zustand offenbarte sich nach den Rücken-Operationen als genauso erschreckend wie sein körperlicher. "Ich habe nichts mehr, auf das ich mich freuen kann", sagte Woods und gab eine innere Leere preis. Die meiste Zeit verbrachte er mit seiner Playstation.
In körperlichem und mentalen Loch
Bis heute hat der erste Sport-Milliardär offenbar nicht aus seinem mentalen Loch gefunden, dazu trugen auch die anhaltenden körperlichen Zwangspausen bei. Inzwischen hat er vier Rückenoperationen hinter sich, zuletzt spielte er Anfang Februar in Dubai bei einem Turnier, musste da vorzeitig aufgeben.
Was Manager Mark Steinberg damals zu Protokoll gab, ließ tief blicken, er zeichnete das Bild eines körperlich geschundenen Athleten. Woods fühle sich "schrecklich. Er wollte das Turnier unbedingt spielen", erklärte Steinberg damals, aber "er kann keinen vollständigen Schwung machen." Eine Rückkehr auf die Tour noch in diesem Jahr schien schon da unwahrscheinlich.
Trotzdem: Die Mischung aus körperlichen und mentalen Problemen, noch letzte Woche schienen sie vergessen. "Ich habe mich seit Jahren nicht mehr so gut gefühlt", schrieb Woods da in seinem Blog. Leise Hoffnungen auf ein Comeback machten sich breit. Alles Makulatur: Das Verhaftungsfoto vom Montag zeigt einen anderen Menschen.