20 Pflichtspiele bestritt Gonzalo Jara im vergangenen Jahr für Mainz 05.
Ein schlimmer Finger
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Neunmal eingewechselt, einmal ausgewechselt, vier Gelbe Karten, kein Tor. Nichts, was die internationale Fußballwelt bewegt hätte.
Streift der Verteidiger dagegen das Trikot der chilenischen Nationalmannschaft über, ist immer mal wieder was los.
Vor einem Jahr zum Beispiel: Jara hätte der Mann sein können, der Brasilien das WM-Aus bescherte. Noch vor dem deutschen 7:1. Aber der 29-Jährige verschoss im Achtelfinale den entscheidenden Elfmeter. Nachdem er zuvor schon ein unglückliches Eigentor erzielt hatte.
Nun, bei der Copa America, ist Jara wieder in den internationalen Schlagzeilen.
Wie auf den Amateur-Ackern
Mit dem Mittelfinger hantierte er beim Viertelfinal-Sieg in der Gesäßgegend von Edinson Cavani herum, provozierte damit einen Platzverweis des PSG-Angreifers – auch durch sein recht entschlossenes Zu-Boden-Fallen, nachdem Cavani ihn wegwischte.
Eine Schmuddelei, wie sie öfter vorkommen mag auf unbeobachteten Amateur-Ackern. Weniger häufig jedoch in den groß ausgeleuchteten Fußballarenen, wo zig Kameras jeden kleinen und großen Fehlgriff in die Welt hinaus schicken können.
Jara hat das bei seinem Versuch, ein Schlitzohr zu sein, nicht bedacht. Es fällt nun auf ihn zurück.
Eine nachträgliche Sperre und das Turnier-Aus drohen. Bei Mainz wird seine Position auch nicht besser werden. Nachdem der Klub die Affäre zunächst nicht kommentieren wollte, signalisiert Manager Christian Heidel via Bild nun sein Missfallen: "Das tolerieren wir nicht. Mehr als der Griff macht mich das Danach sauer. Ich hasse nichts mehr als Theatralik." Jara könne gehen, sollte sich ein Abnehmer finden.
"Ja, ich bin ein Betrüger - na und?"
Es ist nicht das erste Mal, dass Jara auffällig wird: 2013 verpasste ihm Cavanis Stürmerkollege Luis Suarez bei einem WM-Qualifikationsspiel einen Kinnhaken. Er kam ausnahmsweise ohne Strafe davon, vielleicht auch deshalb, weil Fernsehbilder nahelegten, dass Jara dem heutigen Barcelona-Angreifer zuvor in die Leiste gegriffen hatte.
Auch sonst gilt Jara zwar als zweikampfstarker und gedankenschneller Verteidiger, aber auch als Trickser. Angeblich sogar als geständiger.
"Ich habe ihn Betrüger genannt - er hat geantwortet: 'Ja, ich bin ein Betrüger – na und?'", berichtete Australiens Tim Cahill von einer Begegnung mit Jara im WM-Vorrundenspiel 2014.
Chiles kompromisslose Maschinerie
Jara ist mit seinem Hang zu aggressiven Nickeligkeiten keine Ausnahme-Erscheinung bei den Chilenen. Ihr ebenfalls hitzköpfiger Mittelfeld-Leader Arturo Vidal nannte sein Team im vergangenen Jahr ein "Selbstmord-Kommando". Es war liebevoll gemeint.
Und es ist ja auch so, dass der Copa-Gastgeber auch eine Menge positive Qualitäten verkörpert: Wie schon in Brasilien präsentiert sich Chile beim Heim-Turnier als enorm dynamische und energische Pass- und Kampfmaschinerie. Der erste Kontinental-Titel für das Team von Trainer Jorge Sampaoli: inzwischen durchaus denkbar.
Jara wird aber wohl nichts mehr dazu beitragen können.