Home>Internationaler Fußball>Premier League>

Die Weltmeister haben Probleme in der Premier League

Premier League>

Die Weltmeister haben Probleme in der Premier League

{}
{ "placement": "banner", "placementId": "banner" }
{ "placeholderType": "BANNER" }

Aus dem Campo Bahia in die Ungewissheit

Die Weltmeister haben in der Premier League Probleme. SPORT1-Kolumnist Raphael Honigstein beleuchtet Podolskis und Schürrles Flucht und die Aussichten von Özil und Mertesacker.
Das Kapitel England ist für Lukas Podolski und Andre Schürrle vorerst beendet
Das Kapitel England ist für Lukas Podolski und Andre Schürrle vorerst beendet
© Getty Images

Die deutschen Weltmeister haben es in der laufenden Saison nicht einfach in England.

{ "placeholderType": "MREC" }

Lukas Podolski wurde von Arsenal im Januar an Inter ausgeliehen, Andre Schürrle von Chelsea zum VfL Wolfsburg verkauft. Mesut Özil verpasste fast die gesamte Hinrunde verletzt. Und Per Mertesacker ist zwar Stammspieler und gefühlter Kapitän bei den Gunners, wurde aber häufig für vermeintliche Fehler kritisiert und hat dazu gerade einen neuen Mitspieler und damit einen Konkurrenten vor die Nase gesetzt bekommen: Gabriel Paulista.

Honigstein
Honigstein

Ist der Triumph in Brasilien schuld an der Misere im Insel-Alltag? Mertesacker gab im Herbst leichte Motivationsschwierigkeiten zu, aber daraus auf die anderen drei Campo-Bahia-Bewohner zu schließen, wäre unseriös.

Schürrles Problem war weniger die fehlende Motivation, als eine hartnäckige Virusinfektion. Özil laborierte an einem Außenbandriss, da hilft die beste mentale Einstellung nichts. Und Podolski hätte ja als Einwechselspieler eine ruhige Kugel schieben können, forcierte aber einen Wechsel, um zu mehr Einsatzzeiten zu kommen. 

{ "placeholderType": "MREC" }

Man muss die vier Fälle also einzeln betrachten. Podolskis Probleme fingen zum Beispiel bereits in der Vorsaison an. In seinem ersten Jahr im Emirates, 2012/13, war der Kölner mit 36 Spielen in der Anfangsformation und 16 Toren ein Stammspieler.

Lesen Sie auch

Arsene Wenger setzte ihn zwar so gut wie nie als Stürmer oder hängende Spitze, sondern fast ausschließlich als linker Mittelfeldspieler ein, doch Podolski wusste mit seiner direkten, schnörkellosen Art zu gefallen. Seine Vorliebe für den direkten Abschluss wurde von Fans und Coach goutiert.

Lukas Podolski jubelt für den FC Arsenal
Lukas Podolski jubelt für den FC Arsenal

Im nächsten Jahr reichte es jedoch nur zu 22 Einsätzen von Beginn an, mit immerhin zwölf Toren. Podolski spielte nicht unbedingt schlechter, bekam aber mit dem Franzosen Olivier Giroud als Mittelstürmer und Nationalmannschaftskollege Özil starke Konkurrenz.

Für Özil, den neuen Spielmacher, wich Santi Cazorla oder auch Aaron Ramsey auf den linken Flügel aus. Podolski, mit seiner Spielweise sowieso nicht der typische Arsenal-Kicker, saß nun öfters auf der Bank. 

{ "placeholderType": "MREC" }

Für den Prinzen sprach seine Effizienz. Er traf alle 172 Minuten, in der Premier League waren für den Klub nur Thierry Henry (alle 121 Minuten), Robin van Persie (138), Ian Wright (156) und Emmanuel Adebayor (169) beständiger erfolgreich.

Der lauffreudigste Spieler war Podolski allerdings nicht. Mit durchschnittlich 30,7 Sprints pro Spiel belegte er 2013/14 im internen Arsenal-Ranking laut den Daten von EA Sports den drittletzten Platz. Allein Mertesacker und Mikel Arteta sprinteten seltener.

In der laufenden Saison kam er nur noch zu zwei Startelfeinsätzen. Mit Alexis Sanchez hat Wenger einen weiteren Topmann für die Offensive verpflichtet, der mal links, mal rechts wirbelt. Zudem drängten die Rückkehrer Theo Walcott und Özil zurück in die Mannschaft. Podolski sah sich gezwungen, sein Glück in Italien zu versuchen - und wurde bei Inter nun auch schon zugunsten von Xherdan Shaqiri aus dem Europa-League-Kader ausgebootet.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass Arsenal durch teure Investitionen seit 2012 in der Offensive enorm an Qualität dazu gewonnen hat. Für Podolski war die Lage im Norden der englischen Hauptstadt letztlich nicht viel anders als in der Nationalmannschaft: Ihm sind schlichtweg Konkurrenten erwachsen, die das kleine Etwas schneller, besser, kompletter sind.

Was Schürrle angeht, war die Situation bei Chelsea vergleichbar, aber es gab auch andere Gründe für den Abschied. Nach einem guten ersten Jahr kam der Ex-Mainzer 2014/15 nie recht in Schwung, zudem ließ Jose Mourinho so gut wie gar nicht rotieren.

Andre Schürrle und Ashley Cole gemeinsam beim FC Chelsea
Andre Schürrle und Ashley Cole gemeinsam beim FC Chelsea

Inwieweit der Portugiese dem Ludwigshafener immer noch böse war, dass er zusammen mit Ashley Cole vor 13 Monaten die Weihnachtsparty des FC Arsenal besucht hatte, wird nur "Mou" selbst wissen. Auch die Tatsache, dass Vorgänger Andre Villas-Boas Schürrle bei Abramowitsch empfohlen hatte, könnte in der leicht paranoiden Welt von Mourinho ein Argument gegen den Deutschen gewesen sein.

Doch am Ende geht es gerade bei den Blauen nur darum, zu funktionieren. Wer zu häufig verletzt ist oder nicht (mehr) die gewünschte Leistung bringt, wird bei der ersten Gelegenheit ausgetauscht. Frank Lampard, Mohamed Salah und selbst Arjen Robben können davon ein Lied singen.

Schürrles hoher Marktwert arbeitete in diesem Fall interessanterweise gegen ihn: Chelsea konnte dank der erwarteten Einnahmen gleichzeitig den Kauf von Juan Cuadrado (AC Florenz) forcieren.

Per Mertesacker und Mesut Özil vom FC Arsenal laufen Arm in Arm
Per Mertesacker und Mesut Özil vom FC Arsenal laufen Arm in Arm

Für Mertesacker und Özil wird es auf absehbare Sicht auch schwerer werden, sich bei Arsenal zu behaupten. Allerdings sind beide im Gegensatz zu Schürrle und Podolski etablierte Stammkräfte, die erst einmal verdrängt werden müssen. Ein Özil in Bestform wird bei Wenger immer spielen, und der erfahrene, meinungsstarke Mertesacker wird allein schon deshalb benötigt, weil er seine Kollegen mit lautstarken Kommandos zu dirigieren weiß.

Wenger erwartet von seinen Spielern, dass sie sich weitestgehend selbst organisieren. Gabriel Paulista wird dafür noch ein bisschen Zeit brauchen. Der Brasilianer spricht kein Wort Englisch.

Raphael Honigstein, geboren 1973 in München, zog 1993 nach London. Dort lebt und arbeitet er als Journalist und Autor. Für SPORT1 berichtet er in der wöchentlichen Rubrik "London Calling" über alle Themen rund um den englischen Fußball. Honigstein arbeitet unter anderem für die "Süddeutsche Zeitung", das Fußballmagazin "11 Freunde", die englische Tageszeitung "The Guardian", den Sportsender "ESPN" und ist in England und Deutschland als TV-Experte tätig.