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Attacke auf Tuchel - hat Hoeneß Recht?

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Attacke auf Tuchel - hat Hoeneß Recht?

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Tuchel-Kritik: Hat Hoeneß recht?

Diese Spitze gegen Thomas Tuchel hallt gewaltig nach: Uli Hoeneß hat dem scheidenden Bayern-Coach die Fähigkeit abgesprochen, junge Talente angemessen zu fördern. Nur ein haltloser Vorwurf - oder doch Sätze mit einem Funken Wahrheit?
Die Hoeneß-Kritik an Thomas Tuchel schlägt hohe Wellen. Diese könnte auch Auswirkung auf die aktuelle Trainer-Suche haben.
SPORT1
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von SPORT1

Eigentlich wäre es angerichtet gewesen. Der FC Bayern steht vor dem Schlüsselmoment dieser Saison, am Dienstag kommt es zum Gipfeltreffen in der Champions League gegen Real Madrid. Doch plötzlich dreht sich alles, was beim Rekordmeister gerade in Bewegung ist, kaum mehr um die sportlichen Aspekte. Schließlich brachte niemand Geringeres als Uli Hoeneß viel Unruhe in diese entscheidende Phase hinein.

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„Ich mache Thomas Tuchel keinen Vorwurf, er war häufiger bei mir zum Abendessen am Tegernsee, ich verstehe mich sehr gut mit ihm. Aber er hat eine andere Einstellung. Er meint nicht, dass er einen Davies, Pavlovic oder Musiala verbessern kann. Wenn es nicht klappt, sollte man einen anderen kaufen“, erzählte der mächtige Ehrenpräsident des FC Bayern auf einem Kongress der FAZ. Mit diesen auffallend harten Worten gegen den 50-Jährigen eröffnete Hoeneß prompt einen neuen Brandherd innerhalb des Klubs.

Denn Tuchel reagierte daraufhin - kaum überraschend - sehr verärgert. Er fühle sich „in meiner Trainerehre verletzt“, sagte er am Samstag am Rande des Bundesliga-Spiels gegen Frankfurt (2:1) und meinte, dass die Aussagen von Hoeneß „absolut haltlos“ seien. „Das ist natürlich so meilenweit an der Realität vorbei, dass es schon fast gar kein... Ich weiß gar nicht, wie ich darauf antworten soll“, so der FCB-Trainer am Sky-Mikrofon.

Tuchel-Vorwurf „an den Haaren herbeigezogen“

Auch im STAHLWERK Doppelpass hallte der brisante Hoeneß-Auftritt nach. Dass Tuchel keine Talente entwickeln und Spieler wie Davies, Pavlovic oder Musiala nicht weiterentwickeln könne, sei „an den Haaren herbeigezogen“, wetterte SPORT1-Experte Mario Basler: „Es gibt überhaupt keine Begründung, dass er Thomas Tuchel jetzt noch mal angreift.“

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Auch Kommentatoren-Legende Marcel Reif wunderte sich über die „unerklärliche“ Hoeneß-Posse und gab zu bedenken: „Das halte ich für Wahnsinn, das kann sich ein Trainer normal nicht sagen lassen.“ Seine Darstellung könne der Weltmeister von 1974 „nicht wirklich ernst meinen“, kritisierte Reif.

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Diese Talente hat Tuchel gefördert

Klar ist: Dass Tuchel junge Spieler entwickeln kann, muss er niemandem mehr beweisen - und das hat er auch an der Säbener Straße schon deutlich gemacht, nämlich mit Aleksander Pavlovic. Der 19-Jährige feierte erst im vergangenen Oktober sein Profidebüt und überzeugte seither dermaßen, dass er inzwischen selbst für Bundestrainer Julian Nagelsmann mit Blick auf die kommende Heim-EM ein Thema ist.

Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass Tuchel den Shootingstar vermutlich nicht ins kalte Wasser geworfen hätte, wenn ihm die Vereinsführung seinen großen Wunsch nach einer echten „Holding Six“ erfüllt hätte.

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Hat Uli Hoeneß (r.) mit seiner Kritik an Thomas Tuchel (l.) recht?
Hat Uli Hoeneß (r.) mit seiner Kritik an Thomas Tuchel (l.) recht?

Bei seinen früheren Vereinen setzte Tuchel gar noch mehr auf die Jugend und brachte in Mainz unter anderem die legendären Bruchweg-Boys Andre Schürrle, Lewis Holtby und Adam Szalai auf den Weg.

In Dortmund spielten sich danach Akteure wie Julian Weigl, Ousmane Dembélé, Raphael Guerreiro und Christian Pulisic in den Vordergrund. Und bei Paris Saint-Germain und dem FC Chelsea lässt sich ebenfalls eine ganze Liste mit solchen Namen finden.

Tuchel hilft nicht allen Youngsters des FC Bayern

Stellte Tuchel bei Chelsea beispielsweise Mason Mount, Reece James und Kai Havertz im gewonnenen Finale der Champions League 2021 auf (alle 21 Jahre alt), verhalf er in Paris Moussa Diaby oder Tanguy Nianzou zum Debüt. Beide wechselten später in die Bundesliga, wobei vor allem Diaby in Leverkusen für viel Furore sorgte. Allerdings gibt es andersherum auch Fälle, die Hoeneß für seinen Standpunkt anführen könnte.

Wie etwa Mathys Tel. Viele Fans der Münchner fordern seit Monaten, dass der junge Franzose mehr spielen müsse. Zwischendurch schienen sich seine Einsatzzeiten sogar zum Politikum zu entwickeln. Aller Sympathien der Anhänger und der phasenweise recht schwachen Leistungen der Stammkräfte zum Trotz verwehrte ihm Tuchel oft die so sehr geforderten Chancen in der Startelf.

Gleiches gilt für den 22 Jahre alten Neuzugang Bryan Zaragoza, der bis dato maximal eine Nebenrolle innehat. Doch dass es Talente umso schwerer haben, sich nachhaltig durchzusetzen, je größer der Verein ist, dürfte auch keine neue Erkenntnis sein. Gerade in schwierigen Zeiten, wie sie die Münchner aktuell erleben, ist wenig Zeit für Experimente und risikoreiches Herumtüfteln.

Hoeneß legt nochmal nach

Übrigens: Hoeneß denkt nicht einmal daran, sich im öffentlich ausgetragenen Streit mit Tuchel zu entschuldigen - im Gegenteil. Vielmehr halte er den Krach für medial aufgebauscht, meinte der 72-Jährige jetzt im Gespräch mit dem kicker. Zugleich betonte der Leiter der „Abteilung Attacke“, er sei auch in Zukunft „wild entschlossen, meine Meinung wieder deutlicher zu machen.“

Tuchel hatte auf der Pressekonferenz vor dem Champions-League-Knaller gegen Real Madrid hingegen gar keine Lust, über den jüngsten Zoff mit Hoeneß zu reden. „Dazu sage ich nichts mehr, das Thema ist abgehakt“, wimmelte er eine entsprechende Nachfrage sofort ab.

Über Recht und Unrecht zu diskutieren, ist in solchen Fällen oft müßig. Selbst wenn auf Hoeneß nun heftige Kritik von allen Seiten einprasselt, wird auch er immer wieder schlüssige Argumente für seinen eigenwilligen Standpunkt finden. Die große Frage lautet nur: Inwiefern beeinflusst diese Posse jetzt auch den sportlichen Bereich? Am Dienstagabend wird es ein erstes Indiz geben.