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Eine Fußball-Katastrophe mit skandalösem Nachspiel

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Eine Fußball-Katastrophe mit skandalösem Nachspiel

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Liverpools schwärzester Tag

Die Hillsborough-Katastrophe mit 96 Todesopfern und 766 Verletzten jährt sich zum 35. Mal. Der Schmerz der Hinterbliebenen wird zusätzlich genährt durch einen langen Rechtsstreit.
Durch die Katastrophe im Hillsborough-Stadion von Sheffield am 15. April 1989 starben 97 Menschen. Lange Jahre galten die Fans als die Schuldigen, doch mittlerweile ist die Wahrheit bekannt.
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35 Jahre ist die größte Stadionkatastrophe im europäischen Fußball nun her. Ihre Nachwirkungen sind bis heute präsent, der Schmerz der Angehörigen ebenso wie der Schrecken bei den Überlebenden.

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Der 15. April 1989, als es beim FA-Cup-Halbfinale zwischen dem FC Liverpool und Nottingham Forrest im Hillsborough-Stadion von Sheffield Wednesday zur Tragödie kam, sollte als einer der schwärzesten Tage des Fußballs in die Geschichte eingehen.

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97 Tote durch Stadion-Katastrophe in Hillsborough

94 Menschen kamen in der Arena ums Leben, die meisten davon erstickten. 766 weitere Zuschauer wurden teils schwer verletzt. Ein weiteres Opfer erlag seinen Verletzungen ein paar Tage danach im Krankenhaus.

Fast vier Jahre später kam das 96. Todesopfer hinzu, das damals im Stadion schwerste Hirnschäden erlitten hatte, seither im Koma lag und dessen Eltern schließlich die lebenserhaltenden Maßnahmen abschalten ließen.

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Im Juli 2021 wurde schließlich der Tod des 55-Jährigen Andrew Devine festgestellt. Das Liverpool Coroner‘s Court bestätigte, er habe bei den Vorfällen „lebensverändernde Verletzungen“ erlitten.

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Das jüngste Opfer der Tragödie war zehn Jahre alt: Jon-Paul Gilhooley, Cousin des späteren englischen Nationalspielers und langjährigen Kapitäns des FC Liverpool, Steven Gerrard.

Zwei Marmortafeln erinnern am Anfield-Stadion in Liverpool an die 96 Opfer. Ihre Namen und ihr Alter sind in goldener Schrift eingraviert. Davor liegen immer Blumen.

Fataler Fehler der Polizei

An jenem Frühlingstag, einem Samstag, sollte das Spiel um 15 Uhr beginnen. Doch tausende Fans des FC Liverpool standen kurz vor dem Anpfiff noch vor den wenigen Eingängen. Eine Anfrage der Polizei, ob das Spiel später angepfiffen werden könne, wurde abgewiesen.

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Wegen des immensen Gedränges an den Eingängen traf David Duckenfield, der damalige Einsatzleiter der Polizei, die folgenschwere Entscheidung, ein sogenanntes Fluchttor öffnen zu lassen.

Tausende Menschen drängten danach in jenen Tribünenbereich, der ohnehin schon voll besetzt war. Die Katastrophe nahm ihren Lauf. Das lag auch daran, dass die Polizei die Fluchttore zum Innenraum des Stadions zunächst nicht öffnen ließ und die auf der Tribüne und am Zaun eingequetschten Menschen nicht auf den Platz entkommen konnten.

Auch die ärztliche Versorgung der Opfer soll die Polizei mit schweren Versäumnissen massiv behindert haben.

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Die Hölle auf Erden

Auf der Tribüne hinter Bruce Grobbelaar, damals Torwart des FC Liverpool, war aufgrund der unkontrollierten Verhältnisse dort zur Katastrophe gekommen. Die Ränge waren völlig überfüllt, Fans wurde von nachdrängenden Zuschauern gegen die Zaungitter gepresst.

Grobbelaar berichtete später in seiner Biografie, wie er leblose Menschen mit verfärbten Gesichtern am Zaun gesehen habe. “Bruce, bitte hilf uns“, hätten ihm verzweifelte Fans auf dem Platz zugerufen. „Sie haben nach mir geschrien“, erzählte er einmal, „es war fürchterlich.“ Auch alle anderen Spieler und Liverpool-Trainer Kenny Dalglish blieben verstört zurück.

Nachdem er sich an eine Polizistin gewandt hatte und diese ihm gesagt habe, sie könne nichts tun, machte er den Schiedsrichter auf die Geschehnisse aufmerksam. Dieser brach das Spiel in der sechsten Minute ab. Die Spieler und die

Überlebende sprechen noch heute von der Hölle auf Erden, die auch nach sich zog, dass in englischen Stadien die Stehplätze und Zäune abgeschafft wurden.

Viele Unwahrheiten und Wut auf „The Sun“

Bei den vielen Schuldzuweisungen, die danach folgten, spielte das Boulevardblatt The Sun eine besonders unrühmliche Rolle, indem es die Liverpooler Fans mit groben Unwahrheiten für die Katastrophe verantwortlich machte.

Noch heute wird die Zeitung in Liverpool vielerorts boykottiert, der Slogan „Don‘t buy the Sun“ gehört für viele Fans zum Selbstverständnis.

27 Jahre lang kämpften Überlebende und Hinterbliebene vor Gerichten um Gerechtigkeit und gegen den Rufmord, der seinerzeit auch von öffentlichen Einrichtungen und Politikern betrieben wurde, die zunächst Liverpools Fans die Schuld zusprachen.

Erst am 26. April 2016 kam ein Geschworenengericht in Warrington zu dem Schluss, dass kein Unfall zu der Katastrophe geführt habe, sondern die Opfer „rechtswidrig“ getötet worden seien und die Polizei durch ihr Fehlverhalten erheblich dazu beigetragen habe.

Sechs mutmaßlich Verantwortliche wurden daraufhin in Preston angeklagt, darunter Graham Mackrell, der frühere Geschäftsführer von Sheffield Wednesday, und Polizei-Einsatzleiter Duckenfield.

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Geldstrafe und Freispruch für Verantwortliche

Anfang April 2019, also fast 30 Jahre nach der Katastrophe, konnten sich die Hinterbliebenen der Hillsborough-Katastrophe über einen kleinen Erfolg freuen, weil in Preston zum ersten Mal überhaupt einer der Verantwortlichen für schuldig befunden wurde.

Ex-Sheffield-Boss Mackrell wurde am 3. April 2019 wegen Gefährdung der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit verurteilt. Das Strafmaß sorgt aber für Empörung: Umgerechnet 8.400 Euro Geldstrafe musste Mackrell zahlen. Beim damaligen Einsatzleiter David Duckenfield kam das Gericht zu keinem Urteil. Zur Begründung hieß es, der Fall sei zu komplex.

Zwar gab es ab 7. Oktober ein Wiederaufnahmeverfahren in Preston, in dem sich der Ex-Polizist wegen fahrlässiger Tötung in 95 Fällen verantworten muss - es endete aber in einem Freispruch.

„Wir werden immer die Verlierer sein“

Es sind Ereignisse wie diese, die die Angehörigen der Opfer auch über drei Jahrzehnte nach der größten Stadionkatastrophe im europäischen Fußball noch immer begleiten und belasten, neben der Trauer um ihre verstorbenen Eltern, Geschwister und Kinder.

Margaret Aspinall, die sich als Vorsitzende der „Hillsborough Family Support Group“ seit jeher dafür einsetzt, dass die damaligen Geschehnisse aufgeklärt und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden, sagte schon nach dem vorläufigen Ende des Prozesses 2019: „Egal, was das Ergebnis war oder in der Zukunft sein könnte, wir sind immer noch die Verlierer, und wir werden immer die Verlierer sein.“

Aspinall hatte damals ihren Sohn James verloren. Er war 18 Jahre alt.

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Die Stadt Liverpool gedenkt der Opfer an jedem Jahrestag mit einer Schweigeminute um 15.06 Uhr. Zu jenem Zeitpunkt also, als das Spiel vor 30 Jahren in Sheffield abgebrochen wurde.

Zum heutigen 35. Jahrestag legten auch Noch-Coach Jürgen Klopp und Kapitän Virgil van Dijk Kränze ab.