Auch nach dem "Super-GAU" mit dem Beinahe-Abstieg und dem Debakel des Ex-Managers Christian Heidel setzt der abgestürzte Fußball-Vizemeister Schalke 04 weiter auf seinen starken Mann Clemens Tönnies.
Tönnies fordert besseren Fußball
Der milliardenschwere Fleischfabrikant wurde auf der Jahreshauptversammlung der Königsblauen am Sonntag wieder in den Aufsichtsrat gewählt. (Mitgliederversammlung zum Nachlesen im LIVETICKER)
"Die letzte Saison war scheiße, aber wir stehen nicht am Abgrund", sagte der 63-Jährige, der die meisten Stimmen erhielt: "Wir werden Schalke wieder nach oben schießen. Nicht morgen, nicht kommende Saison - aber bald."
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Absolute Mehrheit für Tönnies
Tönnies, der seine Wahlrede mit "63, jeden Tag Fleisch" begann, gehört seit 25 Jahren dem Aufsichtsrat an und führt ihn seit 2001 an. In die Kritik war er zuletzt vor allem geraten, weil er vor drei Jahren den langjährigen Mainzer Manager Heidel als "Heilsbringer" geholt und ihm den "Generalschlüssel" übergeben hatte. "Ich übernehme die Verantwortung dafür", sagte Tönnies nach dem dramatischen Absturz in der vergangenen Saison auch aufgrund zahlreicher Transferflops Heidels.
5599 der 9568 stimmberechtigten Mitglieder votierten für ihn.
Tönnies nimmt neue Führung in die Pflicht
Im Anschluss zog Tönnies ein positives Fazit. "Ich habe im Vorfeld schon gespürt, dass die Fans die Ausrichtung mit Schneider, Reschke und Wagner akzeptieren"", erklärte er, nahm seine neue Führung aber auch gleichzeitig in die Pflicht. "Die Jungs haben uns besseren Fußball versprochen, daran werden wir sie messen."
Für die kommende Saison will Tönnies die Erwartungen aber nicht zu hoch hängen. "Niemand geht davon aus, dass wir nächste Saison international spielen oder die Champions League erreichen", erklärte er. Es sei wichtiger, besseren Fußball zu sehen. Dennoch betonte er, dass Schalke da unten herauskommen müsse.
Zuvor hatte der neue Sportvorstand Jochen Schneider das Stuttgarter Abwehrtalent Ozan Kabak als Neuzugang bekannt gegeben. Der 19-Jährige kostet aufgrund einer Ausstiegsklausel 15 Millionen Euro Ablöse und unterschrieb bis 2024. An dem türkischen Verteidiger soll auch Meister Bayern München interessiert gewesen sein.
Situation um Nübel bleibt offen
Zudem verkündete der Heidel-Nachfolger die Vertragsverlängerung mit dem US-Amerikaner Weston McKennie bis 2024. Der 20-Jährige, der 2016 aus Texas in den Gelsenkirchener Nachwuchs gewechselt war, hat sich zu einem der wenigen Leistungsträger entwickelt.
Schneider kündigte an, mit Torwart Alexander Nübel nach der U21-EM weitere Gespräche über eine Verlängerung des im nächsten Jahr auslaufenden Vertrages zu führen. "Wir werden alles tun, um ihn zu behalten", sagte er. Mit Blick auf seinen Vorgänger Heidelzählte er Spieler wie Max Meyer oder Leon Goretzka auf, die den Klub ablösefrei verließen: "Damit muss Schluss sein."
Die Schalker Mannschaft war trotz des Beinahe-Abstiegs mit Applaus begrüßt worden. Besonders freundlich wurde der neue Trainer David Wagner empfangen, der versprach: "Jeder weiß, was die Schalker DNA ist. Wir werden alles dafür tun, diese DNA wieder offenzulegen."
"Retter" Huub wird gefeiert
Den größten Beifall erhielt aber Huub Stevens. Mit minutenlangen Standing Ovations feierten die Mitglieder den Schalker Jahrhunderttrainer, der den Traditionsklub in seiner dritten Amtszeit vor dem Abstieg gerettet hatte.
Bevor Tönnies wiedergewählt wurde, wollten die Mitglieder noch einmal über die total verkorkste Vorsaison diskutieren. Dafür wurde die Tagesordnung umgekrempelt. Vor allem Heidel bekam sein Fett ab: Dessen verfehlte Personalpolitik mit Verpflichtungen für 160 Millionen Euro wurde als "Super-GAU" und "Transferwahnsinn" bezeichnet.
"33 Punkte aus 34 Spielen, von 17 Heimspielen zehn verloren - das sind die Zahlen eines Absteigers", gab Schneider zu: "Da gibt es nichts schönzureden." Finanzvorstand Peter Peters gab zu, dass der Satz "Geld schießt Tore" nicht gegolten habe. Mit Blick auf den zurückgetretenen Sportvorstand Heidel sagte er: "Wir haben ausreichend Geld zur Verfügung gestellt, gebracht hat es nichts."
Nach dem Rekordumsatz von 350 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2018 werde die Bilanz im laufenden Jahr "erheblich schlechter ausfallen". Schalke bleibe aber "ein gesunder Verein" mit einer "durchschnittlichen Ertragskraft bei 200 Millionen Euro". Die sportliche Krise schlägt auch auf die Vermarktungserlöse durch. "Wir stecken fest, wir kommen nicht weiter", gab Marketing-Vorstand Alexander Jobst zu, der für 2019 erstmals mit keinen weiteren Zuwächsen rechnet: "Die anderen holen auf oder hängen uns ab."