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Der Tag, an dem der Fußball einen Jahrhundert-Torhüter verlor

Ein Jahrhundert-Torhüter

Heute vor zwölf Jahren starb die brasilianische Legende Gilmar, der einzige Torwart mit zwei Weltmeister-Titeln - jeweils an der Seite der Ikone Pelé. In seinen letzten Lebensjahren war er gesundheitlich schwer gezeichnet.
Gilmar war Brasiliens erfolgreichster Torhüter der Geschichte
Gilmar war Brasiliens erfolgreichster Torhüter der Geschichte
© IMAGO / Horstmüller
Heute vor zwölf Jahren starb die brasilianische Legende Gilmar, der einzige Torwart mit zwei Weltmeister-Titeln - jeweils an der Seite der Ikone Pelé. In seinen letzten Lebensjahren war er gesundheitlich schwer gezeichnet.

In Brasilien wurde er zum Torhüter des 20. Jahrhunderts gewählt – und gilt bis heute als der beste Schlussmann, den die Selecao je hatte.

Auch global betrachtet zählt Gylmar dos Santos Neves – Künstlername: Gilmar – zu den Größten in der Historie, zu seiner Zeit nach Meinung der meisten Experten nur übertroffen vom mythisch umrankten Lew Jaschin aus der Sowjetunion.

Was Gilmar Jaschin und auch allen anderen Welttorhütern – von Gordon Banks bis Gianluigi Buffon, von Dino Zoff bis Manuel Neuer – voraus hat: Er ist der einzige überhaupt, der bei zwei Weltmeister-Mannschaften im Tor stand.

Dass er trotz allem etwas weniger in Erinnerung bleibt als viele seiner legendären Teamkollegen, liegt wohl daran, mit wem er seine größten Triumphe gefeiert hat: Auch in der Heimat ist Gilmar – der heute vor zwölf Jahren verstorben ist – vor allem als „Pelés Torhüter“ bekannt. „Pelés Last Line of Defense“, die letzte Verteidigungslinie Pelés, nannte ihn die New York Times in seinem Nachruf.

Torwart-Idol Gilmar: Ein Ruhepol, kein Showman

Gilmar wurde am 22. August 1930 als Sohn eines Kaufmanns in der großen Hafenstadt Santos geboren. Nach seinen Anfängen beim kleinen Verein Jabaquara AC wechselte er 1951 zum Top-Team Corinthians Sao Paulo und begründete dort seinen Ruf als Ausnahmetorhüter.

Der 1,81 Meter große Keeper zeichnete sich durch Spielübersicht, geschmeidige Beweglichkeit und enorm starke Reflexe aus. Eine Show machte Gilmar dabei anders als viele Positionskollegen nie aus seinen Paraden. Umso mehr wurde er als Ruhepol geschätzt, der seinen Vorderleuten mit seiner leisen Autorität viel Sicherheit gab.

1961 ging Gilmar zu Corinthians‘ Lokalrivalen FC Santos, dem Klub Pelés, und wurde dort noch erfolgreicher. Fünf Meisterschaften, zweimal die Copa Libertadores – Südamerikas Pendant zu dem, was heute in Europa die Champions League ist -, zweimal der Weltpokal: Gilmar gewann an Pelés Seite alles, was es zu gewinnen gibt. Auch im Nationalteam.

WM-Titel mit Brasilien und Pelé 1958 und 1962

1958 in Schweden war Gilmar der Stammtorhüter beim ersten WM-Triumph Brasiliens mit den Ballkünstlern Garrincha, Vavá sowie dem erst 17 Jahre jungen Pelé. Gilmar kassierte in den ersten vier Spielen kein einziges Gegentor und trug so entscheidend dazu bei, dass sich seine Vorderleute in einen Lauf steigerten. In Erinnerung blieb Gilmar auch für seine unorthodoxe Rückennummer: Er trug in Schweden die 3 statt die 1.

Vier Jahre später in Chile war Gilmar erneut der Rückhalt, als Brasilien den Titel erfolgreich verteidigte – unter erschwerten Bedingungen, nachdem Pelé sich während des Turniers verletzte. Offensivkollege Garrincha wurde an seiner Stelle zum Spieler des Turniers. (Die Tragödie des Garrincha: Nach der Karriere trank er sich zu Tode)

Auch 1966 in England stand der inzwischen 35 Jahre alte Gilmar anfangs im Tor, wurde im Lauf der WM aber vom jungen Manga verdrängt. Aufgrund diverser Rücktritte und einer erneuten Verletzung Pelés war Brasilien nicht mehr das Maß der Dinge, schied schon in der Vorrunde aus.

Am Lebensende schwer gezeichnet

Gilmar beendete seine Karriere 1969, danach füllt er diverse Funktionärsrollen im Fußball und der Sportpolitik aus – ehe ihn im Jahr 2000 ein Schicksalsschlag traf: Ein schwerer Schlaganfall zeichnete ihn für den Rest seines Lebens, er blieb halbseitig gelähmt, konnte nur noch schwer sprechen.

Im Sommer 2013 erlitt Gilmar dann einen Herzinfarkt, an dessen Folgen er am 25. August 2013 verstarb. Der große Rückhalt des neun Jahre nach ihm verstorbenen Pelé wurde 83 Jahre alt.