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1. FC Kaiserslautern: Torwarttrainer Gerald "Gerry" Ehrmann wird 60

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1. FC Kaiserslautern: Torwarttrainer Gerald "Gerry" Ehrmann wird 60

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Das Geheimnis von Gerry Ehrmann

"Gerry" Ehrmann ist eine Legende in Kaiserslautern. Seit 35 Jahren ist er im Verein. Erst als Torwart, dann als Torwarttrainer. Am 18. Februar wurde er 60 Jahre alt.
Gerry Ehrmann wird 60. Die Legende und Torwart-Trainer des 1.FC Kaiserslautern verhalf zahlreichen Keepern zum Durchbruch im Profibereich.
Reinhard Franke
Reinhard Franke

Die Liste seiner Schützlinge ist lang und prominent: Roman Weidenfeller, Tim Wiese, Florian Fromlowitz, Tobias Sippel, Kevin Trapp, Julian Pollersbeck. Alle wurden unter Ehrmann zu Bundesliga-Torhütern.

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Sein jüngstes Torwart-Juwel: Lennart Grill, der beim 1:0-Sieg der Roten Teufel am vergangenen Spieltag beim Karlsruher SC den Dreier festhielt. Zur großen Freude von Ehrmann.

Im SPORT1-Interview spricht der leidenschaftliche Porsche-Fan über seine Arbeit, seine Treue zum FCK und einen Kabinen-Zoff.

SPORT1: Herr Ehrmann, herzlichen Glückwunsch. Wie feiern Sie Ihren 60. Geburtstag?

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Gerald Ehrmann: Ganz ruhig. Ich kenne viel zu viele Leute, die kann ich gar nicht alle einladen (lacht). Und ich war nie ein Typ, der groß feiert. Meine Mama ist eh allein zuhause, ihr geht es nicht so gut, da feiere ich schön entspannt mit ihr. Da freut sie sich auch.

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SPORT1: Wie blicken Sie zurück auf ihre Karriere?

Ehrmann: Der FCK hat mein halbes Leben geprägt. Ich bin dort als Torwart groß geworden. Nun bin ich fast 35 Jahre am Betze. Ich habe also alles richtig gemacht, als ich mich für diesen Verein entschieden habe. Ich kam damals als 2. Mann vom 1. FC Köln, dort war Toni Schumacher gesetzt. Vielleicht hätte ich irgendwo anders ein bisschen mehr Geld verdienen können, aber es war und ist noch heute ein toller Traditionsklub. Der Verein hat mir viel gegeben und deshalb kann ich jetzt als Torwarttrainer auch wieder einiges zurückgeben.

SPORT1: Zu welchem Zeitpunkt haben sie gespürt, dass der FCK für Sie ein Lebenselixier wird?

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Ehrmann: Ich bin ein sehr bodenständiger Mensch, der nicht ständig den Klub wechseln musste. Das hat sich so ergeben. Nach zwei bis drei Jahren hat man schon gemerkt, dass das ganze Umfeld zu mir passt und mir das alles großen Spaß macht in Lautern. Die Zuschauer, die Verrücktheit um den ganzen Verein haben mir vom ersten Tag gefallen. Es war wie Liebe auf den ersten Blick. Es war etwas Besonderes, das muss ich wirklich sagen. Das ist es bis heute auch geblieben. Wenn heute in der 3. Liga 20.000 Zuschauer kommen, dann sagt das etwas aus. Das gibt es auch nicht so oft und es ist einfach herrlich, für so einen Verein arbeiten zu dürfen.

SPORT1: Sie kamen damals als Nachfolger von Ronnie Hellström, einer anderen Torwartlegende, zum Betzenberg. Hatten Sie Bedenken bei solch großen Fußstapfen?

Ehrmann: Darüber habe ich mir gar keine Gedanken gemacht. Er war zu seiner Zeit zehn Jahre lang am Betzenberg ein großer Torhüter und ich hatte später ebenfalls meine zehn Jahre aktive Spielzeit auf dem Buckel. Ronnie war sogar Welttorhüter. Jeder hat da sein eigenes Ding. Der FCK war für ihn damals und ist für mich heute noch extrem wichtig.  

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SPORT1: Hatten Sie nach ihrer aktiven Karriere bereits geplant am Betzenberg Torwarttrainer zu werden?

Ehrmann: Ich war damals am Ende meiner aktiven Laufbahn 36 Jahre alt und dann hat sich das einfach so ergeben. Bei meinem letzten Profivertrag war der Übergang zum Torwarttrainer bereits vereinbart. Es ging fließend ineinander über und ich war froh darüber.  

SPORT1: Es gibt ein Zitat von Ihnen: "In Lautern war ich immer der Chef." Wie ist dies zu verstehen?

Ehrmann: Das war so gemeint, dass mir in all den Jahren nie einer in meine Arbeit reingeredet hat. Nach 300 Bundesligaspielen war die Erfahrung einfach da. Da brauchte ich keine guten Ratschläge von Leuten, die vielleicht noch nie im Tor gestanden haben. So viel Selbstvertrauen muss man haben. Auch die Trainer mussten so viel Vertrauen aufbringen, dass sie wussten, wovon ich spreche. So war das eigentlich immer. Ich hatte noch nie mit einem Cheftrainer Probleme.

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Gerry Ehrmann wird 60 - diese Torhüter bildete er aus

SPORT1: Gab es den einen besonderen positiven oder negativen Moment mit einem Ihrer Keeper?

Ehrmann: Nein, eigentlich nicht. Jeder Moment mit den Jungs war speziell, bei einem Sieg und in der Niederlage. Ich habe da keine großen Unterschiede gemacht, es waren alles ehrliche und offene Jungs und ich habe sie früh genug bei mir gehabt. Man konnte deshalb noch fußballerisch Einfluss nehmen. Ich war für alle auch eine Art Vaterfigur. Ich habe bis heute jede Minute mit den Jungs auf dem Platz genossen.

SPORT1: Wie hat sich im Laufe ihrer Karriere das Torwartspiel verändert?

Ehrmann: Nicht so viel. Der Torwart muss heute mehr Flugbälle aufnehmen. Früher durfte er den Ball öfter in die Hand nehmen. Es zählt nach wie vor, die Tore zu verhindern. Und dass man jetzt hinten als Aufbauspieler fußballerisch die Sache mehr in die Hand nehmen muss. Früher war es etwas einfacher, weil man die Rückpässe in die Hand nehmen durfte. Vor 30 Jahren habe ich auch schon hinter einer Viererkette bei Hannes Bongartz (Ex-FCK-Coach, d. Red.) gespielt. Nur bei uns stand das Fußballerische nicht so sehr im Vordergrund, wie es heute der Fall ist. Das fließt auch heute in die Ausbildung mit ein. Wichtig ist, dass die Jungs alle beidfüßig sind, eine gute Ballmitnahme haben und gute Flugbälle spielen können. Auch die Abschläge sind heute personenbezogen. Früher war es eben hoch und weit. Heute wird anders trainiert. Bei einem abgefangenen Ball wird dieser zielgerichtet wieder nach vorne gespielt.

SPORT1: Gibt es für Sie den perfekten Torwart und wer ist es?

Ehrmann: Mit den Torhütern, die in Deutschland in der ersten Reihe stehen, wie Manuel Neuer, Marc-Andre ter Stegen oder der Kevin (sein Ex-Schützling Kevin Trapp, d. Red.) stehen schon sehr gute Jungs im Kasten. Jeder hat irgendwo seine Stärken und Schwächen, den perfekten Torwart gibt es für mich nicht. Man kann jeden Tag dazu lernen. Ich freue mich immer, wenn ich zu so einer großen Karriere beitragen kann. Das ist es, was an der Sache Spaß macht. Deshalb habe ich auch nur selten einen fertigen Torhüter verpflichtet. Nur nach einer schlechten Saison. Ansonsten habe ich meine Torhüter immer selbst ausgebildet.

SPORT1: War das aus Ihrer Sicht auch der Grund, warum sich der FCK immer wieder vielversprechende Torhüter sichern konnte?

Ehrmann: Das denke ich schon. Irgendwann hat es sich rumgesprochen, dass ich ganz gute Arbeit abliefere. Bei mir hat jeder eine Chance bekommen, wenn er seine Leistung gebracht hat. Bei mir ging es hart, gerecht und herzlich zur Sache. Das Training war kein Zuckerschlecken, aber meine Torhüter haben immer etwas gelernt - in jedem Training.   

SPORT1: Warum sind Sie nie gewechselt? Es gab doch sicher Angebote.

Ehrmann: Ich bin wie ich bin, nämlich sehr bodenständig. Ich war schon immer so. Wenn ich einen Vertrag unterschrieben habe, dann habe ich den auch erfüllt. Außerdem wollte ich dem Verein etwas zurückgeben, weil ich als Roter Teufel auch viel Gutes erlebt habe. Warum sollte ich dann wechseln? Manchmal ist weniger mehr - das gilt für mich und den FCK. In guten wie in schlechten Zeiten.

SPORT1: Sie waren für Ihren durchtrainierten Körper bekannt, viele Fans dachten, dass sie täglich in die Muckibude gehen. Sie werden heute noch Tarzan genannt. Haben Sie dieses Image ganz bewusst gelebt?

Ehrmann: Überhaupt nicht. Das mit Tarzan ist völliger Blödsinn. Ich war nie überdimensioniert und einer, der auf Muskeln trainiert hat. Das wurde viel zu sehr überbewertet. Und schon gab es das Klischee Tarzan. Ich war im Leben kein Bodybuilder. Bis heute nicht. Ich gehe ab und zu in den Kraftraum, das ist für mich aber wie eine Art Bewegungstherapie. Bodybuilding ist das, was Tim (Wiese, d. Red.) eine Zeit lang gemacht hat, aber nicht ich. Ich habe nie auf Kosten der Schnelligkeit Krafttraining gemacht. Nur umgekehrt. Krafttraining macht man für die Schnelligkeit.

SPORT1: Was ist dran an der Geschichte, dass Sie mal in der Kabine einem Mannschaftskollegen eine mitgegeben haben?

Ehrmann: Oje, das war der Dieter Trunk (spielte von 1984 bis 1987 beim FCK, d. Red.). Er ist mir da ziemlich lange auf die Erbse gegangen und dann hat es halt mal geknallt. Aber erst nach mehrfacher vorheriger Warnung (lacht). Das ist aber jetzt auch schon wieder 35 Jahre her. Wahnsinn.

SPORT1: Sie sind der Kult-Torwarttrainer in Deutschland. Wie glücklich sind Sie darüber?

Ehrmann: Glücklich? Glücklich bin ich, dass ich meinen 60. Geburtstag mit meiner Mama feiern kann. Ich bin aber natürlich froh, wie alles gekommen ist. Es war für mich keine Selbstverständlichkeit, diesen Weg zu gehen. Ich bin dankbar, dass ich das über so viele Jahre beim, FCK machen kann.

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SPORT1: Wie lautet Ihr Credo?

Ehrmann: Ich wollte nie Retorten-Babys ausbilden. Für mich war immer wichtig, dass da ehrliche und korrekte Jungs mit Ecken und Kanten im Tor stehen. Individuelle Kerle. Torhüter, die ehrliche Arbeit machen und nicht denken "Ich bin im Aktiv-Urlaub". Manchmal muss man eben härter arbeiten, um Erfolg zu haben. Ich wollte einen Torwart nie absichtlich quälen. Ich wollte ihn einfach nur besser machen. Das ist wichtig, dass die Keeper das früh genug lernen.

SPORT1: Wie fühlen Sie sich körperlich mit 60?

Ehrmann: Ich fühle mich sehr gut, mir tut nichts weh. Ich mache zwei Mal die Woche mein übliches Krafttraining, um dem Verfallsdatum entgegenzuwirken, aber ansonsten mache ich nicht viel. Ich fühle mich rundum wohl, also habe ich nicht so viel falsch gemacht. 

SPORT1: Stefan Kuntz sagte einmal, dass eine Vertragsverlängerung mit Ihnen eine Sache von Sekunden ist. Wie lange sind Sie noch Torwarttrainer beim FCK?

Ehrmann: Solange mir die Gesundheit keinen Streich spielt, mache ich das noch ein bisschen. Man weiß nie, was passiert. Ich mache mir da auch keinen Plan, mache das Jahr für Jahr. Ich habe eine italienische Frau (Angela, d. Red.), vielleicht gehe ich mit ihr nach der Karriere nach Italien. Ich weiß nicht, was nächstes Jahr ist, ich bin keiner, der hundert Mal das FCK-Logo küsst Ich brauche das nicht, entweder lebt man das oder nicht. Man muss das nicht immer wieder erwähnen. Jeder weiß, wie ich zu dem Verein stehe, das zeigt allein schon die Geschichte. Ich pfeife auf Spieler, die das Wappen küssen und längst schon woanders unterschrieben haben.  

Gerald Ehrmann war früher als Torhüter beim FCK aktiv
Gerald Ehrmann war früher als Torhüter beim FCK aktiv

SPORT1: Welchen Torwart hätten Sie gerne ausgebildet?

Ehrmann: Bei den Torhütern, die heute groß sind, habe ich alles richtig gemacht. Die Jungs, die große Keeper geworden sind, haben auch tolle Torwarttrainer gehabt. Jeder macht sein eigenes Ding. Es gibt in Deutschland nach wie vor sehr viele gute Torhüter, Kevin zeigt in Frankfurt auch wieder regelmäßig, was er kann. Das freut mich sehr.

SPORT1: Aktuell ist Lennart Grill die Nummer 1 beim FCK. Gehen Sie mit ihm anders um als vor Jahren mit einem Wiese oder einem Trapp?

Ehrmann: Überhaupt nicht. Ich gehe auch mit den B- oder C-Jugendlichen genauso um wie mit meinen Jungs im Profiteam. Die Professionalität kannst du denen gar nicht früh genug beibringen. Das ist zum einen eine erzieherische Maßnahme und dann das nötige Verhalten auf dem Platz. Je früher, desto besser.

SPORT: Sie waren aber auch nicht nur Torwarttrainer für Ihre Jungs, sondern auch eine Art Vaterfigur, oder?

Ehrmann: Schon. Ich freue mich mit ihnen, leide mit ihnen und stehe absolut hinter jedem meiner Torhüter. Das war so und wird immer so sein. Jeder kann mich immer anrufen.  

SPORT1: Was haben Sie sich von Ihrem ersten Gehalt gekauft?

Ehrmann: Ich habe zwei Jahre daraufhin gespart und habe mir dann den Porsche Carrera Targa gekauft. Und mit dem fahre ich heute noch durch Lautern. Das einzige, was ich gewechselt habe, waren die Frauen, die Autos habe ich behalten (lacht). Aber seit 17 Jahren bin ich jetzt schon mit der gleichen Frau zusammen.

SPORT1: Was ist mit dem FCK noch drin? Glauben Sie, dass Sie nochmal Bundesliga erleben werden?

Ehrmann: Wer weiß das schon? Das wäre ein Traum. Jetzt sind wir erstmal alle froh, weil wir in Karlsruhe gewonnen haben. Das war so ein wichtiger Sieg, weil es ein Derby war. Aber an den Aufstieg in dieser Saison verschwende ich keinen Gedanken mehr. Das wäre zu vermessen. Für uns ist es wichtig, jetzt nachzulegen und von Spiel zu Spiel das Ding zu rocken. Zwickau wird schwer genug, da müssen wir nachlegen. Für mich ist es wichtig, dass beim FCK wieder dauerhaft Ruhe einkehrt und wir alle an einem Strang ziehen. Es darf nur um den Verein gehen und es sollen wieder bessere Zeiten anbrechen.