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SPORT1 besucht 1954er Weltmeister Horst Eckel zu Hause

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SPORT1 besucht 1954er Weltmeister Horst Eckel zu Hause

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Eckel: "Ich fühle mich oft allein"

Horst Eckel war beim Wunder von Bern dabei. SPORT1 besuchte den heute 87-Jährigen zu Hause, sprach mit ihm über sein Leben und blickte voraus auf die EM.
Horst Eckel ist der letzte noch lebende Weltmeister von 1954
Horst Eckel ist der letzte noch lebende Weltmeister von 1954
© SPORT1-Montage: Marc Tirl/Getty Images/SPORT1
Reinhard Franke
Reinhard Franke

Da sitzt er ganz entspannt und zufrieden in seinem gemütlichen Sessel. Und Horst Eckel lächelt verschmitzt, als er SPORT1 in seinem Kaminzimmer begrüßt. Ein Raum, in dem noch kein Journalist gewesen ist.

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87 Jahre ist Eckel, der 1954 mit der deutschen Nationalmannschaft Weltmeister wurde, mittlerweile alt. Er ist der letzte noch lebende Spieler, der beim "Wunder von Bern" dabei war. Bei seinem größten Erfolg als Fußballer war er gerade mal 22. Mit 25 heiratete er seine Frau Hannelore und zog direkt in das Haus in Vogelbach bei Kaiserslautern, in dem er auch heute noch lebt. Es ist ein Mehrgenerationenhaus, es gehörte schon den Schwiegereltern von Eckel.  

"Mir geht es soweit gut. Ich bin zufrieden, kann alles machen, was ich mir vornehme. Es dauert nur etwas länger. Aber was will man mehr", sagt Eckel, der sich Zeit nimmt, um auf das neue Fußballjahr zu blicken. 

Eckel freut sich über FCK-Aufschwung

In den letzten Wochen des vergangenen Jahres hatte der Windhund, wie er aufgrund seiner Schnelligkeit auf der Außenbahn genannt wurde, viel Freude am Fußball. Der Grund lag auf der Hand. Sein Heimatverein, der 1. FC Kaiserslautern, für den er zehn Jahre (1950 bis 1960) spielte, blieb in der 3. Liga sechs Spiele ungeschlagen, gewann sogar fünf Partien am Stück.

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Eckels Hinrunden-Bilanz fällt daher positiv aus. "Man kann im Fußball nicht alles voraussagen. Ich glaube, es kann bei meinem Verein wieder mehr gehen. Der FCK spielte zuletzt wieder gut und erfolgreich und es macht wieder Spaß, zum Betze zu gehen. Als Fan kann man den Blick wieder positiv nach vorne richten", meinte Eckel. "Ich wäre froh, wenn es wieder ganz nach oben ginge. Aber es wird schwer."

Die FCK-Legende ist bei den meisten Heimspielen dabei. "Heute fahre ich als Fan hoch, früher als Spieler war das natürlich etwas ganz anderes."

"Warum kann ich jetzt nicht meine Schuhe schnüren?"

Eckels Tochter meint mit einem breiten Grinsen: "Wenn mein Vater auf dem Platz sitzt und die Spiele anschaut, dann fiebert er sehr mit. Ich bin auch oft dabei. Er sagt dann 'Warum kann ich da jetzt nicht mehr meine Schuhe schnüren und mitspielen?' Das würde er gerne oft. Er lebt weiter für den Fußball und den FCK."

Dagmar Eckel hat einen wichtigen Platz im Leben des 54er-Weltmeisters. 

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SPORT1-.Reporter Reinhard Franke (l.) besuchte 54er Weltmeister Horst Eckel (mit Tochter Dagmar Eckel) zu Hause in Vogelbach bei Kaiserslautern
SPORT1-Reporter Reinhard Franke (l.) besuchte 54er Weltmeister Horst Eckel (mit Tochter Dagmar Eckel) zu Hause in Vogelbach bei Kaiserslautern

Keine Kritik am Vater

Ihren Vater auf dem Platz hat sie nie gesehen. "Die Profi-Zeit war schon vorbei. Er hat mich öfters zum Betze mitgenommen, als ich drei, vier Jahre alt war. Da war er für mich immer der Held."

Und sie schwärmt weiter: "Papa hat Fußball gespielt, aber ich habe nicht verstanden, dass er Weltmeister war und so etwas Besonderes gemacht hatte. Er ist und war für mich der Papa. Und ich war immer so stolz auf ihn. Auch, wie er als Mensch war und ist. Er nimmt andere Menschen so, wie sie sind. Und er sagt immer, man soll sich nie über andere Menschen hinwegsetzen, sondern sie immer schätzen. So habe ich auch versucht, mein Leben zu leben."

Horst Eckel (r.) mit seinen Kollegen und Bundestrainer Sepp Herberger (oben)
Horst Eckel (r.) mit seinen Kollegen Helmut Rahn (l.)  und Hans Schäfer sowie Bundestrainer Sepp Herberger (oben)

Der 54er Kühlschrank ist noch da

Werte wie Menschlichkeit fehlen Horst Eckel im heutigen Fußball. "Es hat sich alles etwas verändert", sagt er.

Die Tatsache, dass im Fußball nur noch das Geld regiert, beunruhigt ihn aber nicht.

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"Das ist die Entwicklung, mit der man sich abfinden muss", sagt er. "Bei uns hat Geld damals gar keine Rolle gespielt. Es war nicht wie heute. Da hat mal ein Spieler gefragt 'Kann ich ein bisschen mehr bekommen?' und das war es auch schon."

Die Tochter verrät Details: "Papa hat mit Fritz Walter am meisten verdient: 1500 Mark haben sie für den WM-Sieg bekommen und einen Kühlschrank auch, der steht noch bei uns im Keller. Und ein Goggomobil. Aber sie waren dankbar." 

300 Mark monatlich verdiente er beim FCK. "Jeder von uns hat noch zusätzlich gearbeitet." Zu Beginn seiner Karriere musste Eckel noch mit dem Zug nach Kaiserslautern zum Training, zum Spiel und zur Arbeit fahren, damals hatte der heute 87-Jährige noch einen Job bei der Nähmaschinen-Firma Pfaff.

"Fußball kam für mich aber immer an erster Stelle."

Eckel: "Ich fühle mich oft allein"

Heute ist Eckel der letzte noch lebende 54er-Weltmeister. Sein Blick wird traurig. "Es ist schon ein bisschen komisch, dass ich jetzt ganz allein bin. Früher hatte ich noch Fritz und die anderen zum Reden. Jetzt fehlt mir ein Ansprechpartner."

Der zwölf Jahre ältere Fritz Walter war "eine Vaterfigur" für ihn. "Er fehlt mir sehr. Ich als ganz junger Spund durfte mit ihm Fußball spielen. Von Kaiserslautern aus wurde ich Nationalspieler, war Weltmeister und das alles durfte ich mit Fritz erleben. Das war das Höchste, was man im Fußball überhaupt erleben kann."

Nun ist Eckel der letzte Weltmeister. Traurig meint er: "Ich fühle mich oft allein." 

Die Tochter erlebte drei große Lauterer. "Ich hatte die Ehre Fritz, seinen Bruder Ottmar und Werner Liebrich zu kennen. Wenn man sie zusammen erlebt hat, dann hat man gemerkt, dass da eine Gemeinschaft und ein Team zusammen ist. Die haben sich auch gegenseitig schon mal gesagt, was Sache ist. Aber im Grunde haben sie alle zusammengehalten. Fritz war immer an Papas Seite und Papa immer an der Seite vom Fritz." 

Vater-Sohn-Verhältnis: Fritz Walter (l.) und Horst Eckel
Vater-Sohn-Verhältnis: Fritz Walter (l.) und Horst Eckel

Dagmar Eckel erinnert sich an einen emotionalen Moment. "Ich vergesse niemals, als wir 2013 zusammen in Spiez waren. In dem Hotel, in dem die Nationalmannschaft damals war. Papa war der einzige Weltmeister von 1954 dort, Herr Schäfer (Hans Schäfer verstarb 2017, d. Red.) war damals nicht dabei. Es kamen auch alle Familien der Spieler noch mal in das Hotel.“

Und weiter: "Papa ging zum See und hat sich nochmals von seinem Kameraden verabschiedet. Er hat dort alles Revue passieren lassen. Es war ein ganz emotionaler Moment. Man konnte die Mannschaft fast noch hören." 

Dieser Geist von Spiez war noch vorhanden, verrät Dagmar Eckel. "Es war sehr berührend und für Papa wichtig, dort Abschied zu nehmen."

Eine Frisur wie heute Marco Reus: Der junge Horst Eckel im Alter von 22 Jahren
Eine Frisur wie heute Marco Reus: Der junge Horst Eckel im Alter von 22 Jahren

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Vorfreude auf die EM 2020

Diesen Sommer steht die aktuelle Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft im Fokus. "Die Vorfreude auf so ein Turnier ist absolut da und war auch immer da", sagt Eckel. "Ich hoffe und wünsche dem Team, dass es ganz weit nach vorne kommt."

Er hoffe, dass das DFB-Team das Debakel der WM 2018 wettmachen kann. "Es könnte sein, dass ich auch ein Spiel besuchen werde."

Der Pfälzer hat aber nicht nur Fußball im Kopf. 2017 gründete Dagmar Eckel ihm zu Liebe die eigene Stiftung zur Bildungsförderung. Da helfen beide Jugendlichen, denen es nicht gut geht.

"Die Familie hat sich irgendwann zusammengesetzt und sich gedacht, dass es Zeit für eine Stiftung wäre, die den Namen meines Vaters trägt und die ihn ehrt", erklärt Dagmar Eckel. "Ich versuche der Stiftung die Werte der 54er-Mannschaft und vor allem die Werte meines Vaters zu verleihen. Ich versuche der Gesellschaft so etwas zurückzugeben." 

"Ich erlebe die Jugendlichen heutzutage anders, als in meiner Jugend", sagt Horst Eckel. "Es war früher bei uns alles anders. Es ist für die Jungs auch wirklich schwer, alles richtig zu machen, weil es so viele Einflüsse von außen gibt.“

Älterer Bruder war talentierter

Die Tochter sieht es ähnlich. "Er sagt immer, dass man da abwarten muss. Es kann sein, dass ein Spieler mit zehn Jahren ganz stark spielt und mit 13 Jahren in der Pubertät die Prioritäten anders aussehen, weil vielleicht das Talent nicht ausreicht." 

Horst Eckel hat als Lehrer immer mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet, und die Stiftung ist nun auch für ältere Menschen.

Sein älterer Bruder sei talentierter gewesen, meint Dagmar Eckel, aber er habe "geraucht und ein bisschen getrunken. Mein Vater dagegen hat konstant trainiert und war ehrgeiziger. Und er war zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort."

Er bereut nichts. "Es würde mir auch heute Spaß machen Fußball zu spielen. Ich würde heute alles genau so machen, wie ich das früher auch gemacht habe", sagt Horst Eckel.

Hoffen auf Klose-Rückkehr

Ein Erlebnis bringt Vater und Tochter immer wieder zum Lachen: Die Sache mit dem heiligen Geist.

"Papa hat mir immer davon erzählt, wie man ihm in der Nationalelf den heiligen Geist ausgetrieben hat", sagt Dagmar Eckel. "Die Mannschaft saß im Bus, und er als Neuling bekam die Hose nach unten gezogen und jeder durfte dann mal einen Klatscher auf den Po geben."

Damals auch im Verein zusammen mit Fritz Walter auf dem Rasen zu stehen, war für Horst Eckel das Größte. Er schaffte den Sprung vom Fan zum Spieler - wie viele Jahre später auch Miroslav Klose. 

Der Traum vieler FCK-Fans lebt auch im Hause Eckel, den verlorenen Sohn wieder dauerhaft auf dem Betze zu sehen. "Ich glaube, wenn er etwas älter ist, noch mehr erlebt hat in seiner Trainerkarriere und dann irgendwann vom FCK gefragt wird, dass er dann ja sagt", meint Horst Eckel.

Wichtig für alle FCK-Fans natürlich noch die Frage: Steigt der FCK am Saisonende auf?

"Ich wünsche mir das sehr", sagt Horst Eckel mit leuchtenden Augen: "Es wird aber ganz schwer. Aber ich glaube noch daran."