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Fußballtrainer-Podcast "Leadertalk" von Mounir Zitouni mit Jürgen Kohler

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Fußballtrainer-Podcast "Leadertalk" von Mounir Zitouni mit Jürgen Kohler

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Kohler: Habe es Hoeneß nie so gesagt

Jürgen Kohler gewann als Spieler zahlreiche Titel. Im Podcast "Leadertalk“ bespricht Kohler mit Mounir Zitouni, warum ihm dieses Glück als Trainer nicht vergönnt war.
Der EM Doppelpass vom 4. Juli in voller Länge zum Nachschauen - u. a. mit 1990er Weltmeister Jürgen Kohler und SPORT1 Experte Mario Basler.
Mounir Zitouni
Mounir Zitouni

In ärmlichen Verhältnissen in Mannheim aufgewachsen gewann Jürgen Kohler mit Bayern München, Borussia Dortmund und Juventus Turin alle Titel - bis auf den DFB-Pokal – die man als Spieler gewinnen kann.

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Als Trainer und Manager war dem ehemaligen U-21-Nationaltrainer und Ex-Sportdirektor von Bayer Leverkusen dieses Glück nicht vergönnt. Über die Gründe spricht Kohler im SPORT1-Podcast "Leadertalk" mit Business-Coach und Autor Mounir Zitouni.

1989 wechselte Jürgen Kohler vom 1.FC Köln zu Bayern München und wurde 1990 unter Jupp Heynckes Meister. (SERVICE: Die volle Ladung Sport aufs Ohr mit der Podcast-Familie von SPORT1)

Hoeneß beeindruckt Kohler

Kohler erinnert sich: "Vor allem Uli Hoeneß hat mich in München beeindruckt. Als wir auf dem zweiten Platz standen, fragte er mich, ob ich zufrieden sei. Ich sagte, 'ja, das ist schon okay'. Da sagte er zu mir: 'Du, pass auf, in München gibt es nur den ersten Platz, der zweite Platz ist der Verliererplatz.' Das ist hängengeblieben. Ich habe große Sympathien für ihn gehegt, wie er als Mensch war. Das habe ich ihm vielleicht nie so gesagt. Von ihm habe ich sehr viel gelernt, was es heißt, für den Erfolg zu arbeiten. Jupp Heynckes war damals noch feurig. Manchmal hat er es auch übertrieben mit seinem Ehrgeiz, war zu verbissen. Uli war da der Gegenpart. Uli konnte sich in den Trainer hineinversetzen, aber auch in die Spieler.“

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Leadertalk - der SPORT1 Podcast von und mit Business-Coach und Autor Mounir Zitouni

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Aus eigener Erfahrung sagt Kohler: "Erfolgreiche Teams zeichnet aus, dass sie nie satt sind. Gewissen Ehrgeiz und Selbstkritik muss man einfach lernen. Viele Spieler können mit Selbstkritik heute nicht umgehen. Ich höre ganz selten von einem Spieler: 'Heute war nicht mein Tag.' Ich habe als Spieler immer bei mir selbst angefangen."

Für ihn war die EM 2021 ein Spiegelbild der aktuellen Entwicklung im deutschen Fußball. "Leider ist es so passiert, dass man nur noch in Systemen gedacht hat. Was man vergessen hat, ist die Individualität. Wenn du nur im Kollektiv arbeitest, dann nimmt die Individualqualität ab. Es war ein verdientes Ausscheiden bei der EM. Es hakt bei uns bei der Individualität. Das ist ein ganz großes Problem. Wir müssen schleunigst da wieder hinkommen, dass wir die Spieler besser ausbilden."

Glaubwürdigkeit für Trainer das Wichtigste

Über allem stehen für Kohler gewisse Führungsprinzipien: "In jedem Unternehmen ist das entscheidende Kriterium die Menschenführung. Wenn du es schaffst, den ganz großen Teil hinter dich zu bringen, dann ist das Unternehmen von Erfolg gekrönt."

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Übertragen auf den Fußball bedeute das: "Das Wichtigste als Trainer ist, dass man Glaubwürdigkeit besitzt. Die Leute müssen dir das abnehmen, was du erzählst. Man sollte mit den Wölfen heulen, bis zu einem gewissen Grad, dass man es selbst vertreten kann. Und danach muss man aber auch sagen, bis dahin und Schluss. Ehrlich währt am längsten ist ein Credo, was ich 100-prozentig unterschreiben würde. Alle meine Trainer sind ganz ehrlich mit den Spielern umgegangen. Das hat den Spielern gut getan, weil jeder Spieler wusste, woran er ist."

Kohlers Einstellung hat ihre Ursprünge in seiner Kindheit. "Ich bin in recht bescheidenen Verhältnissen groß geworden. Ich habe mir als Kind bei Aldi Fußballschuhe für 2,50 Mark kaufen müssen. Die Marke kannte keiner. Ich habe mir dann selbst Streifen draufgemalt. Hosen wurden 28-mal geflickt, weil einfach nicht das Geld da war. Ich bin sehr demütig und erziehe auch so meine Kinder. Die leben nicht in Saus und Braus. Wenn die sich was kaufen wollen, dann müssen die an ihre Sparbüchsen ran. Sie müssen ihren Teil dazubeitragen, dass sie sich das kaufen können, was sie sich leisten wollen."

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Kohler: "Ich muss mich selbst hinterfragen"

Warum Kohler selbst keine glanzvolle Zeit als Trainer oder Funktionär hinlegte? "Ich muss mich selbst hinterfragen. Ich habe manche Dinge nach meiner Karriere nicht richtig gelöst." Er sagt aber auch: "Verdiente Spieler werden mit anderen Maßstäben gemessen. Das ist ganz typisch in Deutschland."

Die beiden Trainer, die ihn am meisten beeindruckten, sind Christoph Daum und Ottmar Hitzfeld. "Christoph Daum hat damals in Köln eine neue Art des Trainings gemacht. Er ist die Dinge sehr wissenschaftlich angegangen. Er war sehr gut in der Psychologie und in der Mannschaftsführung. Er hat auf seine Weise viele Spieler mitgenommen. Das war beeindruckend."

Und Hitzfeld? "In Dortmund habe ich den besten Menschenfänger kennengelernt. Er war gigantisch, was den Aspekt Menschenführung betrifft. Die Gelassenheit und Ruhe, die er hatte, die Überlegtheit. Er war top vorbereitet, auch für die Pressekonferenzen. Wenn wir abends mal bei ihm ein Gespräch hatten, da hat er Flipcharts gehabt, wo eventuelle Fragen der Journalisten notiert waren. Er hat sich nie locken lassen. Er ist nie aus seiner Haut gefahren. Er war immer souverän. Er hat es trotzdem geschafft, jedem Spieler das Gefühl zu geben, dass er ein ganz wichtiger Part ist."

Lippi "der härteste Hund"

Der härteste Trainer, den Kohler hatte, hieß allerdings Marcello Lippi. "Der härteste Hund. Wir haben ihn nur 'Belmondo' gerufen, weil er wie der Schauspieler aussah. Das hat er ganz locker genommen. Wir haben mal bei Boavista Porto 3:1 gewonnen. Wir sind nach Hause geflogen, alle wollten nach Hause. Er sagte aber, wir fahren alle nach Villar Perosa, in unser Trainingscamp. Wir haben uns gewundert. Es waren ja Stars wie Didier Deschamps, Antonio Conte, Gianluca Vialli, Alessandro del Piero dabei. Am nächsten Morgen mussten wir zehnmal 1000 Meter auf Zeit laufen, in vier Minuten. Einer hat es nicht geschafft, das war ich. Ich musste dann 1000 Meter mehr laufen. Wir haben dann gefragt, warum eigentlich? Da sagte er, 'weil wir ein Gegentor bekommen haben'."

Mounir Zitouni (50) war von 2005 bis 2018 Redakteur beim kicker und arbeitet seit dem 1. Januar 2019 als Businesscoach, betreut Sportler, Trainer und Führungskräfte in punkto Auftreten, Kommunikation und Persönlichkeitsentwicklung. Der ehemalige Profifußballer (OFC, SV Wehen, FSV Frankfurt, Esperance Tunis) hat zuletzt die Autobiographie von Dieter Müller verfasst und veröffentlicht regelmäßig eine Kolumne auf www.sport1.de.