Massiver Pyro-Einsatz und ein Platzsturm von Vermummten: Das erste Hauptstadtderby der Bundesliga-Geschichte ist im Chaos versunken.
Pyro-Chaos überschattet Berlin-Derby
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Der 1:0 (0:0)-Erfolg von Aufsteiger Union Berlin gegen Stadtrivale Hertha BSC geriet angesichts der Vorfälle An der alten Försterei in den Hintergrund. (Das Spiel zum Nachlesen im TICKER)
Nachdem die Partie zu Beginn der zweiten Halbzeit schon unterbrochen wurde, als eine Leuchtrakete aus dem Gästeblock in Richtung der Union-Trainerbank flog, wurden nach dem Schlusspfiff wieder zahlreiche pyrotechnische Gegenstände aus dem Hertha-Block in Richtung Union-Spieler abgefeuert.
"Natürlich hat man Angst um die Familie, wenn man weiß, da wo die Leuchtraketen hingegangen sind, sitzen unsere Familien irgendwo im Block", sagte Unions Siegtorschütze Sebastian Polter bei Sky. "Das kann in Richtung eigener Kinder gehen, das wünscht man niemandem, egal welcher Fan das ist.
Gikiewicz und Co. halten Vermummte zurück
Gleichzeitig kletterten vermummte Union-Anhänger über den Zaun und liefen in Richtung Spielfeld. Die Union-Profis drängten diese schließlich zurück und verhinderten eine weitere Eskalation. Vor allem Torwart Rafal Gikiewicz wies die Anhänger resolut in die Schranken.
"Dass unsere vermummten Fans von uns Spielern zurückgehalten werden, ist klar", sagte Polter. "Wir wollen wenig Schaden für unseren Verein anrichten. Wir sind immer komplett eine Unit, da sind wir als Spieler in der Pflicht, die Fans abzuhalten, irgendwelche Dummheiten zu machen."
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Polter hatte mit einem verwandelten Foulelfmeter in der 87. Minute den Treffer des Abends erzielt. Vorausgegangen war ein Foulspiel des Belgiers Dedryck Boyata an Christian Gentner im Strafraum, nach Videostudium wurde der Strafstoß schließlich gegeben.
Die Emotionen kochten vor allem auf den Rängen hoch, die Union-Fans feierten den Sieg und skandierten "Stadtmeister".
Die Fanblöcke beider Klubs bedachten das Derby auf ihre ganz eigene - und unwürdige - Art. Erst wurden im Union-Block Dutzende Bengalos gezündet, dann legten Hertha-Ultras, die auch Raketen aufs Spielfeld schossen, nach. Der Rasen war in dichten Rauch gehüllt.
Partie stand vor Abbruch
"Das Wichtigste ist, dass keiner verletzt wurde. Das hat mit Fußball nichts zu tun", sagte Schiedsrichter Deniz Aytekin. "Es ist einfach traurig, wenn sowas passiert."
Aytekin erklärte nach der Partie, er sei über den vierten Offiziellen in Kontakt mit der Polizei gewesen, die im Falle eines vorzeitigen Endes Chaos befürchtete. "Deswegen haben wir Schiedsrichter die Verantwortung, das Spiel vernünftig zu Ende zu bringen", sagte der 41-Jährige.
Die Fans hatten die Stimmung schon auf dem Weg ins mit 22.012 Zuschauern ausverkaufte Stadion An der Alten Försterei mit gegenseitigen Schmähgesängen angeheizt. Auf den Rängen folgten weitere Provokationen, auch wenn die Rivalität der Vereine historisch nicht gewachsen ist.
"Ich verstehe die Emotionen, aber das geht über die Grenzen hinaus", sagte Hertha-Coach Ante Covic bei Sky über die Randale: "Es war nicht unser Spiel heute Abend. Es lag enormer Druck auf den Spielern, deshalb waren wir gehemmt."
Unions Lenz scheitert am Pfosten
Während im Gäste-Block Chaoten in den ersten Minuten durch mehrfaches Zünden von Pyrotechnik negativ auffielen, agierten die Blau-Weißen auf dem Platz schläfrig. Unions Christopher Lenz kam im Strafraum frei zum Kopfball, traf aber nur den Innenpfosten (3.).
Ein Zufallsprodukt war die Großchance nicht. Union war in der Anfangsphase die dominierende Mannschaft. Die Köpenicker nahmen die Zweikämpfe besser an, Hertha dagegen wirkte im äußerst lauten und engen Stadion verunsichert und fand offensiv zunächst nicht statt.
In der Folge stabilisierte sich Hertha BSC jedoch. Dem Team von Trainer Ante Covic gelang es aber nicht, die schnellen Außen spielerisch in Szene zu setzen. Ein Aktivposten war trotzdem der häufig gesuchte Javairo Dilrosun, der Herthas erste Chance mit einer gelungenen Einzelaktion einleitete. Dodi Lukebakio köpfte Dilrosuns Flanke aber nur in die Arme von Union-Torhüter Rafal Gikiewicz (14.).
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Union mit Befreiungsschlag
Dem ersten Bundesliga-Duell beider Klubs fehlten in der Folge die Höhepunkte. Union und Hertha war die große Anspannung anzumerken, beide Mannschaften spielten viele Sicherheitspässe, immerhin blieb es fair - Schiedsrichter Deniz Aytekin kam in der ersten Halbzeit ohne Gelbe Karte aus.
Union hatte zwar mehr Torabschlüsse, die Offensivaktionen waren aber ebenso harmlos wie Marko Grujics Kopfball (35.). Bis zur Halbzeit passierte nicht mehr viel.
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Dem ohnehin schwachen Spiel tat die Unterbrechung zu Beginn des zweiten Durchgangs nicht gut. Union und Hertha brachten offensiv kaum gelungene Spielzüge zustande. Der Elfer brachte dann die Entscheidung. (SERVICE: Spielplan der Bundesliga)
Mit dem Triumph sammelte Union im Kampf um den Klassenerhalt wichtige Punkte und vergrößerte den Vorsprung auf die Abstiegszone. Hertha blieb zum dritten Mal nacheinander sieglos und steckt im Niemandsland der Tabelle fest. (SERVICE: Tabelle der Bundesliga)