Den Rummel um seine Person ließ sich Jadon Sancho nicht anmerken.
Der BVB und sein Sancho-Problem
Der 20-Jährige zeigte beim 1:0-Sieg gegen Hertha BSC eine ansprechende Leistung, hatte zwei gute Möglichkeiten, ein Tor zu erzielen. Kurz nach dem Seitenwechsel vergab er aus kurzer Distanz.
In der zweiten Szene in der Schlussphase ließ der Engländer seine ganze Klasse aufblitzen. Auf der linken Seite ließ er Hertha-Verteidiger Peter Pekarik ins Leere laufen. Mit der Hacke bediente er Raphael Guerreiro, der ihm den Ball punktgenau am Fünfmeterraum servierte. Doch Hertha-Keeper Rune Jarstein warf sich in letzter Sekunde noch dazwischen. "Jadon, come on", feuerte Emre Can seinen Mitspieler an.
Sancho leitet BVB-Siegtreffer ein
Glücklicherweise war diese Szene nicht spielentscheidend. Dafür hatte Sancho gesorgt. Denn er hatte einen entscheidenden Anteil am Sieg der Dortmunder. Mit einem Chip auf Julian Brandt leitete Sancho den Führungstreffer ein. Er hob den Ball von der linken Seite an die Strafraumgrenze, von wo aus Julian Bandt den Ball artistisch zum einschussbereiten Can weiterleitete. Der Ersatz von Mats Hummels in der Dreierkette nahm die Brandt-Vorlage direkt und sorgte in der 57. Minute für den Siegtreffer.
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Mit seiner guten Leistung rechtfertigte Sancho das Vertrauen, dass ihm Trainer Lucien Favre gegeben hatte. Trotz des Wirbels um seinen Friseurbesuch, bei dem er mit Manuel Akanji gegen das Hygienekonzept der DFL verstoßen hatte, ließ ihn der Schweizer von Beginn an ran. "Es ist wichtig, dass Jadon da ist. Er war lange verletzt. Drei, vier Wochen, in denen er gar nicht mit der Mannschaft trainiert hat. Wir haben ihn mit Geduld aufgebaut. Das war ein gutes Spiel von ihm", lobte der Trainer seinen Schützling auf der Pressekonferenz nach dem Spiel.
Nicht nur der Friseurbesuch an sich hatte für Aufregung gesorgt, sondern auch Sanchos Reaktion auf die Strafe der DFL, die nach SPORT1-Informationen 10.000 Euro beträgt. Via Twitter bezeichnete er diese als "absoluten Witz", löschte den Tweet aber rund 90 Minuten später wieder.
Anders als Sancho sah Sportdirektor Michael Zorc die Strafe als gerechtfertigt an. "Das ist von der DFL richtig eingeordnet und bestraft worden", erklärte er vor dem Spiel bei Sky. Dennoch nahm er seinen Schützling auch ein bisschen in Schutz. Man solle die Friseur-Affäre nicht nur an Sancho festmachen, es hätten sich auch andere Spieler die Haare schneiden lassen.
Can: "Muss schlauer und erwachsener sein"
Allerdings fiel Sancho abseits des Platzes schon öfter negativ auf. Im vergangenen Herbst wurde er für ein Spiel suspendiert und zu einer Geldstrafe von 100.000 Euro verurteilt, nachdem er zu spät von einer Länderspielpause zurückgekehrt war. In der Champions League gegen den FC Barcelona stand der Engländer nicht in der Startelf, nachdem er verspätet zu einer Teambesprechung erschienen sein soll.
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Zudem fiel er das ein oder andere Mal durch Protz-Videos auf. Er brauste mit einem Jetski über das Meer oder ließ sich ein Gold-Steak von Starkoch Salt Bae servieren. Solche Aktionen passen natürlich überhaupt nicht zum Image der Arbeiterstadt Dortmund. "Jadon ist ein außergewöhnlicher Fußballer. Er ist nicht nur auf dem Platz auffällig, sondern gelegentlich auch daneben. Das ist manchmal auch nicht einfach für uns. Wir arbeiten mit ihm und seinem Management daran, das zu handeln", erklärte Zorc.
Auch seinen Mitspielern sind die Schlagzeilen nicht verborgen geblieben. Angesprochen auf die Friseur-Affäre, sprach Can nach dem Spiel bei Sky Klartext: "In solchen Sachen muss er einfach ein bisschen schlauer und erwachsener sein. Er muss erwachsener werden und in Zukunft darf er sich solche Fehler nicht mehr leisten."
Der 26-Jährige nahm dabei aber auch sich und seine Kollegen in die Pflicht. "Ich glaube, man muss Jadon ein bisschen führen. Wir als Mannschaft sind auch verantwortlich und müssen da auch mal mit ihm reden." Sie wüssten, dass er in manchen Sachen disziplinierter sein müsse, erklärte Can, der betonte, sich sehr gut mit Sancho zu verstehen.
"Ich glaube nicht, dass er das extra macht, um einen Skandal herbeizuführen", sagte der Siegtorschütze. Sancho vertraue vielleicht in manchen Dingen zuviel anderen Menschen und brauche Leute, die ihn führen.
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Dem stimmte auch Favre zu. "Du brauchst in einer Mannschaft drei oder vier Leader, die etwas sagen müssen. Das ist nötig", sagte der Schweizer.
Dass Sancho nicht mehr allzu lange das schwarz-gelbe Trikot tragen dürfte, ist kein Geheimnis. Die Topklubs stehen schon länger Schlange. Allerdings läuft der Vertrag des Flügelspielers, der in dieser Saison bereits 34 Scorerpunkte erzielte, noch bis 2022. Zudem ist ein fast schon sicher geglaubter Wechsel durch die Coronakrise plötzlich gar nicht mehr so sicher. Denn unter Wert werden die Dortmunder ihr Juwel nicht abgeben wollen.
Bleibt Sancho doch noch länger in Dortmund, gilt es für Zorc, Can und Co. weiter, ihren Superstar zu "führen" und mit viel Einfühlungsvermögen in die richtigen Bahnen zu lenken.