Nach seinem Tor-Debüt für den FC Bayern München faltete Renato Sanches die Hände gen Himmel wie zum Gebet. Nach und nach erhob sich das gesamte Stadion in Lissabon zu Standing Ovations von den Sitzen. Wohl wissend um die lange Leidenszeit des Portugiesen, die diesem denkwürdigen Moment vorausgegangen war.
Kovac: "Sanches' Zeit gekommen"
"Ich bin sehr glücklich. Ich möchte mich auch bedanken bei den Fans von Benfica für ihre fantastische Reaktion. Zu treffen, war ein ganz besonderer Moment", sagte Sanches nach dem Spiel bei Sky.
Sein Tor zum 2:0-Endstand in der 54. Minute bei seinem Ex-Klub Benfica Lissabon, sein erster Treffer in der Champions League, hatte Renato Sanches mit einem fulminanten Sprint über zwei Drittel des Feldes selbst vorbereitet. Nach Vorarbeit von Franck Ribery war er schließlich aus kurzer Distanz zur Stelle und bescherte den Bayern einen Auftakt nach Maß in der Champions League.
Kovac: Sanches Zeit war gekommen
Lob bekam er auch von Trainer Niko Kovac. "Nach dem Ausfall von Thiago war heute seine Zeit gekommen. Ich habe ihm gesagt: Das kannst du, deine Freunde sind da, deine Familie", erklärte Kovac und fügte hinzu: "Er hat eine außergewöhnliche Technik, Tempo und einen tollen Körper. Man muss immer bedenken, dass es für ihn nicht einfach ist, sich in seinem Alter in einem fremden Land zu akklimatisieren. (Alle Ergebnisse im Überblick)
Auch die Mitspieler freuten sich für Sanches. "So was habe ich noch nie erlebt. Ich freue mich für den Jungen. Er ist alleine hergekommen und spricht die Sprache nicht. Ich ziehe meinen Hut davor, aus welcher Situation er kommt und wie er heute gespielt hat", sagte Joshua Kimmich.
Sanches war nur dank des Ausfalls von Thiago zu seinem ersten Startelfeinsatz für die Münchner seit über 16 Monaten gekommen.
Der Heimkehrer, er war als 18-Jähriger von Benfica zum FC Bayern gewechselt, hatte sich bisher nicht durchgesetzt, zeigte an alter Wirkungsstätte aber ein engagiertes und vor allem im zweiten Durchgang sehr auffälliges Spiel. Letztmals hatte Sanches am 6. Mai 2017 beim Bundesligaspiel gegen Darmstadt 98 in der Anfangsformation gestanden.
Lewandowski sorgt für Führung
Die Führung für die Münchner hatte zuvor Robert Lewandowski (10.) erzielt.(LIVETICKER zum Nachlesen)
Einen noch höheren Erfolg vergab der FC Bayern durch mangelnde Konsequenz in der Chancenverwertung, spielerisch hatten die Münchner ihren Gegner weitgehend im Griff. Nationalspieler Thomas Müller wurde in der 88. Minute eingewechselt und kam zu seinem 100. Champions-League-Einsatz.
Der Rekordmeister festigte damit seinen Ruf als Auftaktspezialist. Seit 2003 haben die Bayern ihre ersten Spiele im wichtigsten Europacup-Wettbewerb immer gewonnen - Rekord.
Mit "Wut im Bauch" (Thomas Müller) nach den Enttäuschungen der letzten Jahre gingen die Bayern die nächste Jagd auf den Henkelpott an - und Lewandowski nutzte gleich die erste Gelegenheit des Spiels. Nach sehenswerter Vorarbeit von Franck Ribery und David Alaba behielt der Pole die Übersicht und erzielte schon sein siebtes Pflichtspieltor in dieser Saison. (Die Tabelle der Gruppe E)
Benfica-Defensive wird entblößt
Nun kamen die Bayern auf Touren. Arjen Robben (14.) hätte bei einem Alleingang fast schon erhöhen müssen, auch Ribery (16.), James (21.) und wieder Robben (40.) waren dicht am nächsten Treffer. Benfica war bemüht, aber anfangs nicht durchschlagskräftig. Die Münchner entblößten mit ihrem schnellen Umschaltspiel zudem immer wieder die Defensive des portugiesischen Rekordmeisters.
"Wir wollen Eindruck hinterlassen", hatte Sportdirektor Hasan Salihamidzic bei Sky vor dem Spiel betont. Das gelang im ersten Durchgang aber nur bedingt, denn Benfica entwickelte nach 25 Minuten mehr Zug. Bayern-Torwart Manuel Neuer wurde von Eduardo Salvio (28.) erstmals ernsthaft geprüft.
Auch die Personalprobleme, die sich durch Thiagos Fehlen (Probleme am großen Zeh) noch etwas zuspitzen, sollten die Münchner nicht aus dem Tritt bringen. "Mir ist nicht bange. Ich weine nicht herum. Wir werden das stemmen", hatte Trainer Kovac gesagt. Und nicht zuletzt Sanches' Tor nach einer gefühlsvollen Flanke von James gab ihm recht.