54.986 Zuschauer, ein ausverkauftes Stadion, strahlender Sonnenschein - eigentlich war zum Auftakt der U19-EM in Stuttgart alles bereitet für ein großes Fußballfest.
U19 kämpft mit Löws alten Sorgen
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Bis auf eines.
"Wenn man eine Fußballparty macht, darf Deutschland nicht Italien einladen", sagte DFB-Coach Guido Streichsbier nach der bitteren 0:1-Niederlage seines Teams gegen die Azzurri.
Neun Tage zuvor hatte die A-Nationalmannschaft in einem dramatischen EM-Viertelfinale den deutschen Italien-Fluch bei großen Turnieren beendet - nur um im Halbfinale trotz drückender Überlegenheit an Frankreich zu scheitern.
Die deutschen Protagonisten hatten sich anschließend gegen Vorwürfe fehlender Kaltschnäuzigkeit wehren müssen, die sie fast trotzig von sich wiesen.
Böse Erinnerungen
Und in Stuttgart war auf einmal alles wieder da.
Eine tief stehende italienische Mannschaft mit einem überragenden Torhüter zwischen den Pfosten - auch wenn dieser weder Gianluigi Buffon noch Hugo Lloris hieß.
Ein deutsches Team, das Torchancen in Hülle und Fülle versiebte - wie es in Frankreich Müller, Götze, Özil und Co. vorgemacht hatten.
Ein scheinbar harmloser Gegner, der aus dem Nichts brandgefährlich vor dem deutschen Kasten auftauchte.
Und - sozusagen als i-Tüpfelchen der Skurrilität - ein Handelfmeter gegen die DFB-Elf. Jerome Boateng und Bastian Schweinsteiger lassen grüßen.
Gimber: Handelfmeter "einfach nur Pech"
"Ich muss sagen, den heute fand ich diskutabler als bei der A-Nationalmannschaft", betonte U19-Kapitän Benedikt Gimber, "heute war es einfach nur Pech".
Allein das Ergebnis war dasselbe: Der spanische Schiedsrichter zeigte auf den Punkt, Italiens Federico Dimarco nutzte die Chance zum Tor des Tages - und ließ ratlose deutsche Youngster zurück.
"Das ist extrem bitter. Wir haben das ganze Spiel gemacht, ein Torschussverhältnis von 25:2", haderte Leverkusens Benjamin Henrichs auf SPORT1-Nachfrage, sah aber auch ein: "Wenn wir das Tor vorne nicht machen, dann kommt es halt irgendwann hinten."
Ganz so desaströs wie Henrichs vermutete, war die deutsche Chancenverwertung zwar nicht - die offizielle Statistik wies 16:2 Torschüsse aus - das Kernproblem aber hatte er erkannt.
BVB-Youngster Serra als echte Neun
Deutschland schießt keine Tore. Egal, ob die Weltstars von Bundestrainer Joachim Löw, oder die aufstrebenden Youngster in der U19.
Dabei hatte Streichsbier in Janni Serra sogar einen echten Neuner aufgestellt. Und der 1,92 Meter große Dortmunder, einer von nur zwei 1998 geborenen Spielern im Kader des 97er-Jahrgangs, erarbeitete sich mit seiner Physis zahlreiche Chancen - scheiterte aber mehrfach am starken Alex Meret im italienischen Tor.
Nur am gegnerischen Keeper wollte Serra die Flaute jedoch nicht festmachen. "Wenn der Torwart ihn hält, dann kann man ihn auf jeden Fall besser platzieren", sagte der Linksfuß selbstkritisch.
Auch Henrichs, der einige gute Schusschancen nicht verwertete, haderte mit fehlender "Entschlossenheit und Konsequenz" vor dem gegnerischen Tor. Aussagen, die einem bekannt vorkommen. Und gerade Hansi Flick musste sich in Stuttgart wie im falschen Film gefühlt haben.
Flick hadert mit Chancenverwertung
"Die Italiener waren dann einfach die cleverere Mannschaft", sagte der DFB-Sportdirektor nach dem Spiel bei SPORT1. Genauso wie er es vier Tage zuvor in Marseille über die Franzosen um Antoine Griezmann gesagt haben könnte.
Einen vermeintlichen Handfluch beim DFB tat Flick mit einem gequälten Gesicht ab - und orakelte: "Am Ende musst du ein, zwei Tore machen - dann spricht da keiner drüber."
So aber waren alle ungeliebten Themen wieder da.
Die unglücklichen bis ungeschickten Handspiele. Die Torflaute im DFB-Sturm. Und natürlich die altbekannten italienischen Partycrasher.