Joachim Löw hatte im letzten Länderspiel-Doppelpack vor der Nominierung des WM-Kaders am 15. Mai Erkenntnisse sammeln und Fehler aufgezeigt bekommen wollen.
Einige haben ihre letzte Chance weggeworfen
Beide Wünsche des Bundestrainers sind in Erfüllung gegangen. Löw stimmt das für die WM in Russland nach eigenem Bekunden optimistisch, den Rest der Fußballnation aber zumindest nachdenklich.
Denn Fehler gab es gegen die zugegebenermaßen hochkarätigen Testgegner Spanien (1:1) und Brasilien (0:1) in unangenehm hoher Zahl.
Nun lässt sich einwenden, dass diese Partien kurz vor der entscheidenden Phase der Vereinssaison nicht den ultimativen Reiz auf die Nationalspieler ausgeübt haben mögen.
Doch das greift zu kurz. Zum einen hat das DFB-Team schon im November gegen England und Frankreich zweimal nicht gewonnen, dabei besonders von den Franzosen phasenweise seine Grenzen aufgezeigt bekommen. Da war das Saisonfinale noch weit weg.
Zum anderen warfen einige Spieler nun fahrlässig ihre letzte Chance weg, sich in den Vordergrund zu spielen. Ein Umstand, der nur schwer nachzuvollziehen ist.
Vier Spiele gegen Top-Gegner, kein Sieg und phasenweise schmerzhafte Unterlegenheit – es ist an der Zeit, aufkeimender weltmeisterlicher Selbstzufriedenheit die Stirn zu bieten und wieder die Sinne zu schärfen.
Jetzt, denn die verbleibende Zeit bis zum Turnier ist zwar kurz, aber allemal ausreichend, um grundlegenden Fehlentwicklungen noch entscheidend entgegenzuwirken.
Der Status quo lautet: Ja, die deutsche Mannschaft kann mit den besten Teams der Welt grundsätzlich mithalten. Aber nur, wenn alle ihre Qualitäten hundertprozentig einbringen und in den Dienst des Teams stellen.
Fehlen wie anfangs gegen Spanien ein paar Prozent oder sind wie gegen Brasilien einige Spieler schlicht nicht auf der Höhe, wird es in Russland böse enden. Dann reicht das Niveau nicht.
Löw braucht daher für seine Mission aus dem Pool der Hochbegabten die besonders hungrigen, willensstarken Akteure. Ein großer Name oder eine phantastische Saisonbilanz in der Premier League sind wertlos, wenn nichts davon bei Länderspielen den Weg auf den Platz findet.
Der Bundestrainer hat es in seiner Amtszeit bislang immer geschafft, im Trainingslager die Grundlagen für ein erfolgreiches Turnierabschneiden zu legen. Das erklärt seine Zuversicht. Doch ein Selbstläufer wird das keineswegs.
Fußball-Deutschland hatte vier Jahre Zeit, seinen Weltmeistern zu huldigen. Spätestens jetzt muss der Titel raus aus den Köpfen. Reset, alles auf null. Es ist Zeit, wieder anzupacken.
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